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Bezirke als neue Räume der Verwaltung

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Einführung

Die Bezirksbehörden stellen sich als eines der wichtigsten Organe in der Gliederung der Behörden dar. Sie treten in den allermeisten Kronländern an die Stelle der früheren herrschaftlichen Patrimonial-Verwaltungen, und bilden die unmittelbarsten Beziehungen der landesfürstlichen Behörden zu der Bevölkerung.

Österreichisches Staatsarchiv (Wien) [ÖStA], Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Kabinettsarchiv, Reichsrat Organisierungskommission, Kt. 2, Z. 29, Vortrag der Organisierungskommission, 31. 8. 1852. – Für wertvolle Rückmeldungen, Hinweise und Diskussionen zu diesem Text und zu seinen auf mehreren Veranstaltungen präsentierten Vorstufen sei (in alphabetischer Reihenfolge) Peter Becker, John Deak, Ellinor Forster, Wolfgang Göderle, Pieter Judson, Josef Löffler, Stefan Nellen, Hedwig Richter, Anette Schlimm und Nancy Wingfield sowie der anonymen Gutachterin / dem anonymen Gutachter gedankt.

So brachte der Präsident des Reichsrates, Karl Friedrich von Kübeck, im Jahr 1852 die Bedeutung auf den Punkt, die der staatlichen Bezirksverwaltung im Rahmen der »Neugestaltung«

Der Ausdruck erscheint im Titel einer offiziösen Schrift des Direktors der administrativen Statistik; Carl von Czoernig: Oesterreich’s Neugestaltung 1848–1857, Wien 1857, 2Stuttgart 1858. Eine solche Sicht auf die eigenen Maßnahmen wurde von den meisten Akteuren innerhalb des neoabsolutistischen Regimes geteilt, wenn auch bei im Einzelnen divergierenden Zielvorstellungen; vgl. Georg Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung. Verfassungspolitik und Verwaltungsreform im österreichischen Neoabsolutismus unter Alexander Bach 1849–1859, Wien 2015, S. 13–14; Waltraud Heindl: »Verwaltungseliten im Neoabsolutismus. Professionelles und politisches Profil vor dem Horizont der Modernisierung«, in: Harm-Hinrich Brandt (Hg.): Der österreichische Neoabsolutismus als Verfassungs- und Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochenbegriff, Wien 2014, S. 145–157, hier S. 145; Jiří Kořalka: »Idea a realita rakouského státu v době tvůrčí činnosti Boženy Němcové«, in: Milan Horký / Roman Horký (Hg.): Božena Němcová. Život – dílo – doba. Sborník příspěvků ze stejnojmenné konference konané ve dnech 7. – 8. září 2005 v Muzeu Boženy Němcové, Česká Skalice 2006, S. 95–102, hier S. 98.

der habsburgischen Monarchie zukam. Noch nachdrücklicher äußerte sich Eduard Bach, Statthalter von Oberösterreich und Bruder des Innenministers Alexander Bach: »Im Wesen der politischen Verwaltung spielt sich die ganze Welt innerhalb des Rahmens ab, den das Gebiet des Amtsbezirks bildet, es begleitet den Menschen von der Wiege bis zum Grab«. Ihm zufolge hatten die Bezirksbehörden für die »Bedürfnisse der Bewohner« und für die »Wohlfahrt aller Schichten der Bevölkerung« zu sorgen, zugleich – und dadurch – aber auch »zur Stärke der Regierung, zur Befestigung der Sicherheit, Einheit und Macht des Staates« beizutragen.

Eduard Bach an Alexander Bach, 26. 5. 1853, zitiert nach Waltraud Heindl: Bürokratie und Beamte in Österreich, Bd. 2: Josephinische Mandarine. 1848 bis 1914, Wien 2013, S. 52.

Was den zeitgenössischen Entscheidungsträgern bewusst war, blieb auch späteren Historikern und Historikerinnen nicht verborgen. Von Josef Redlich

Josef Redlich: Das österreichische Staats- und Reichsproblem. Geschichtliche Darstellung der inneren Politik der habsburgischen Monarchie von 1848 bis zum Untergang des Reiches, 2 Bde., Leipzig 1920–1926, hier Bd. 1, S. 367–378, 412–413, 441–444.

über Friedrich Walter

Friedrich Walter: Die österreichische Zentralverwaltung, Abt. 3: Von der Märzrevolution 1848 bis zur Dezemberverfassung 1867, 4 Bde., Wien 1964–1971, hier Bd. 1, S. 367–381, 545–557; Bd. 3, S. 46–48, 83, 237–242, 287–288.

und Harm-Hinrich Brandt

Harm-Hinrich Brandt: Der österreichische Neoabsolutismus. Staatsfinanzen und Politik 1848–1860, 2 Bde., Göttingen 1978, hier Bd. 1, S. 248–251, 255–256.

bis zur Gegenwart

John Deak: Forging a Multinational State. State Making in Imperial Austria from the Enlightenment to the First World War, Stanford 2015, S. 85–88, 115–121, 130, 164–165, 172, 189–192; Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 216-248.

wurde in Darstellungen des Staatswerdungsprozesses und der Verwaltungsentwicklung der Habsburgermonarchie den nach 1848 errichteten neuen Bezirksbehörden regelmäßig ein Platz eingeräumt; selbst in allgemeinen Überblickswerken finden sie meistens Erwähnung.

Verhältnismäßig ausführlich Pieter M. Judson: The Habsburg Empire. A New History, Cambridge (Massachusetts) 2016, S. 222–226. Knapp auch etwa Brigitte Mazohl: »Die Habsburgermonarchie 1848–1918«, in: Thomas Winkelbauer (Hg.): Geschichte Österreichs, Stuttgart 2015, S. 391–476, hier S. 407; Robert A. Kann: A History of the Habsburg Empire 1526–1918, Berkeley 1974, S. 320.

Dies entspricht der Einsicht, dass sie keineswegs nur ein behördengeschichtliches Detail sind, welches allein im Rahmen traditioneller Verwaltungsgeschichte als Institutionengeschichte oder für die Ordnung archivalischer Aktenbestände

Aus archivischen Erschließungsarbeiten geht freilich manche wertvolle Darstellung hervor, etwa die von Gernot Peter Obersteiner: »Die steirischen Bezirkshauptmannschaften 1868 bis 1925«, in: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 42/43 (1993), S. 77–98.

relevant wäre. Vielmehr war ihre Entwicklung ein essentieller Teil jener tief greifenden Veränderungen im Aufbau des Staates sowie in seinem Verhältnis zu den Staatsangehörigen,

Brandt: Neoabsolutismus, Bd. 2, S. 591: »Mit dem Problem der Bürokratie sind die Grundfragen des ›österreichischen Staats- und Reichsproblems‹ verknüpft«.

welche bis zur endgültigen Durchsetzung des Konstitutionalismus 1867 mehrere Jahrzehnte lang andauerten. Verfassungsgeschichte und Verwaltungsgeschichte sind eng miteinander verzahnt. Wohl noch mehr als für andere Zeitabschnitte gilt dies für die Jahre des sogenannten Neoabsolutismus,

Diskussionen um eine Epochenbezeichnung für den Zeitraum zwischen 1848 und 1867 sowie um eine nähere Periodisierung innerhalb desselben sind immer wieder geführt worden und dauern auch in der Gegenwart an. Dazu jüngst Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 31–35; Harm-Hinrich Brandt: »›Den Vorhang zu – und alle Fragen offen‹? Versuch eines Resümees«, in: Harm-Hinrich Brandt (Hg.): Der österreichische Neoabsolutismus als Verfassungs- und Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochenbegriff, Wien 2014, S. 449–486, hier S. 484–486.

in denen die kaiserliche Regierung noch einmal den Versuch unternahm, ohne geschriebene Verfassung auszukommen, wodurch der Struktur und Tätigkeit der Behörden eine umso konstitutivere Bedeutung für den Ausbau der Staatlichkeit zukam. Waltraud Heindl gebraucht für dieses »Experiment« die Formel »Verfassung als Verwaltung«,

Waltraud Heindl: »Verfassung als Verwaltung – das neoabsolutistische Experiment«, in: Dušan Kováč / Arnold Suppan / Emilia Hrabovec (Hg.): Die Habsburgermonarchie und die Slowaken 1849–1867, Bratislava 2001, S. 23–35.

Brandt spricht von »Verwaltung als Verfassung«.

Harm-Hinrich Brandt: »Verwaltung als Verfassung – Verwaltung und Verfassung? Zum historischen Ort des ›Neoabsolutismus‹ in der Geschichte Österreichs«, in: Harm-Hinrich Brandt (Hg.): Der österreichische Neoabsolutismus als Verfassungs- und Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochenbegriff, Wien 2014, S. 11–34.

Die Beziehung blieb jedoch nicht minder eng während der schrittweisen Rekonstitutionalisierung ab 1859,

Judson: Habsburg Empire, S. 251–257; Oskar Lehner: Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte mit Grundzügen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Linz 1992, S. 197–201; Brandt: Neoabsolutismus, Bd. 2, S. 900–996; Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 3, S. 113–245.

die auch im Bereich der Lokal- und Regionalverwaltung neue Umstellungen mit sich brachte.

Bei der Betrachtung in diesen großen Rahmen ist freilich die Bezirksebene als unterstes Glied der genuin staatlichen Verwaltung doch meistens nur knapp behandelt worden. Den zentralen Gegenstand der Untersuchung hat sie bisher selten abgegeben. Die Ausnahme bildet ein kleiner Sammelband, dessen Herausgabe durch das Zentenarium der endgültigen Einrichtung der Bezirkshauptmannschaften im Jahre 1868 veranlasst wurde.

Johannes Gründler (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970. Die überwiegend von Archivaren und Landesverwaltungsbeamten erarbeiteten Aufsätze darin beruhen zwar zum Teil sichtlich auf eingehendem Quellenstudium, wurden aber bedauerlicherweise durchgehend ohne Nachweise gestaltet.

Hingegen ist selbst in dem der Verwaltung gewidmeten Band des Standardwerks »Die Habsburgermonarchie 1848–1918« die Bezirksverwaltung mit der Kreis- und Landesebene zusammengezogen und mit Gewicht auf der Letzteren behandelt worden.

Ernst C. Hellbling: »Die Landesverwaltung in Cisleithanien«, in: Adam Wandruszka / Peter Urbanitsch (Hg.): Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. 2: Verwaltung und Rechtswesen, Wien 1975, S. 190–269.

Somit hat die neuere Forschung vielleicht zu wenig jene Umstände beachtet, auf die schon Kübeck in der eingangs zitierten Äußerung hinwies und welche die Bezirksebene für das Anliegen des vorliegenden Bandes besonders interessant machen: Sie war diejenige, auf der nach 1848 der habsburgische Staat seinen beachtlichsten Schritt ›in die Fläche‹ machte,

Der Ausdruck wird verwendet in Anlehnung an Jörg Ganzenmüller / Tatjana Tönsmeyer: »Einleitung: Vom Vorrücken des Staates in die Fläche. Ein europäisches Phänomen des langen 19. Jahrhunderts«, in: Jörg Ganzenmüller / Tatjana Tönsmeyer (Hg.): Vom Vorrücken des Staates in die Fläche. Ein europäisches Phänomen des langen 19. Jahrhunderts, Köln 2016, S. 7–31. Ganzenmüller und Tönsmeyer definieren freilich nicht explizit, was sie damit meinen. Ausgehend von den in ihrem Text und dem Sammelband, den er einleitet, behandelten Gegenständen kann unter ›Fläche‹, oder besser unter ›Flächenhaftigkeit‹, ein bestimmter Modus des Vorhandenseins eines Phänomens in einem Raum verstanden werden, nämlich eine tendenziell gleichmäßige und dichte Verteilung im Gegensatz zu einer sporadischen und unebenen; der höchste Steigerungsgrad bestünde in der lückenlosen und homogenen Ausfüllung des Raumes. Die Rede von der ›Fläche‹ setzt im Übrigen voraus, dass der Raum des Staates als zweidimensional nach Art eines Kartenbildes vorgestellt wird – eine zwar heute vertraute, aber keineswegs selbstverständliche Anschauungsweise.

indem in weiten Teilen der Monarchie zum ersten Mal überhaupt staatliche Behörden an die Stelle von Patrimonialbehörden traten.

Die grundherrschaftliche Verwaltung im österreichischen Vormärz hat als unbefriedigend erforscht zu gelten. Neben dem Beitrag von Josef Löffler in diesem Band vgl. Ralph Melville: Adel und Revolution in Böhmen. Strukturwandel von Herrschaft und Gesellschaft in Österreich um die Mitte des 19. Jahrhunderts, Mainz 1998, S. 15–60; Walter Sauer: Grund-Herrschaft in Wien 1700–1848. Zu Struktur und Funktion intermediärer Gewalten in der Großstadt, Wien 1993; Hellmuth Feigl: »Der Adel in Niederösterreich 1780-1861«, in: Armgard von Reden-Dohna / Ralph Melville (Hg.): Der Adel an der Schwelle des bürgerlichen Zeitalters 1780–1860, Stuttgart 1988, S. 191–223, hier S. 212–213.

Für die Durchdringung und Kontrolle des eigenen Territoriums und für die Verdichtung staatlicher Präsenz und Aktivität war sie somit der wohl wichtigste Lokus der postrevolutionären »Neugestaltung« – zugleich aber einer, an dem sich deutlich die Grenzen des steuernden und gestaltenden Zugriffs der Staatsspitze zeigten, die Angewiesenheit des Projekts auf das Mitwirken vieler nichtstaatlicher Akteure, seine Beeinflussbarkeit durch deren Interessen und seine Anfälligkeit, wenn es auf Ressourcenmangel oder auf Widerstände stieß. All dies soll im Folgenden etwas näher ausgeführt werden.

Die Beobachtungen in diesem Artikel sind erste Resultate eines Forschungsprojektes, das sich zum Ziel setzt, die formativen Jahre der Bezirksverwaltung in den Blick zu nehmen, indem Aufbauvorgänge, alltägliche Behördentätigkeit und deren aktenmäßiger Niederschlag aus der Perspektive einer kulturhistorisch orientierten Verwaltungsgeschichte untersucht werden.

Birgit Emich: »Verwaltungskulturen im Kirchenstaat? Konzeptionelle Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Verwaltung«, in: Stefan Brakensiek / Corinna von Bredow / Birgit Näther (Hg.): Herrschaft und Verwaltung in der Frühen Neuzeit, Berlin 2014, S. 163–180; Birgit Näther: »Produktion von Normativität in der Praxis: Das landesherrliche Visitationsverfahren im frühneuzeitlichen Bayern aus kulturhistorischer Sicht«, in: Stefan Brakensiek / Corinna von Bredow / Birgit Näther (Hg.): Herrschaft und Verwaltung in der Frühen Neuzeit, Berlin 2014, S. 121–135, hier S. 121–127; Peter Becker: »Sprachvollzug: Kommunikation und Verwaltung«, in: Peter Becker (Hg.): Sprachvollzug im Amt. Kommunikation und Verwaltung im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Bielefeld 2011, S. 9–42; Stefan Haas / Mark Hengerer: »Zur Einführung: Kultur und Kommunikation in politisch-administrativen Systemen der Frühen Neuzeit und der Moderne«, in: Stefan Haas / Mark Hengerer (Hg.): Im Schatten der Macht. Kommunikationskulturen in Politik und Verwaltung 1600–1950, Frankfurt am Main 2008, S. 9–22; Peter Becker: »Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Verwaltung«, in: Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 15 (2003), S. 311–336.

Den geographischen Rahmen bilden die damaligen Kronländer Mähren, Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark.

In diesem Artikel werden Orte, die sich heute in der Tschechischen Republik oder in Slowenien befinden, mit ihren aktuellen amtlichen Namen bezeichnet; deutsche Namensformen werden gegebenenfalls bei der Erstnennung in Klammern angeführt. In den Verwaltungsakten aus dem Untersuchungszeitraum finden sich durchgehend deutsche oder eingedeutschte Namensformen.

Diese zählen zu jenen Provinzen der Monarchie, in denen die geschilderte Situation so weit gegeben war, dass eine gemeinsame Bearbeitung auf der lokalen Ebene möglich ist. Deutlich andersartige Ausgangsbedingungen und Entwicklungen kennzeichneten das Lombardo-Venetianische Königreich,

Andreas Gottsmann: Venetien 1859–1866. Österreichische Verwaltung und nationale Opposition, Wien 2005; Brigitte Mazohl: Österreichischer Verwaltungsstaat und administrative Eliten im Königreich Lombardo-Venetien 1815–1859, Mainz 1993.

das Königreich Ungarn,

Zsolt K. Lengyel: »Österreichischer Neoabsolutismus in Ungarn. Grundlinien, Probleme und Perspektiven der historischen Forschung über die Bach-Ära«, in: Südost-Forschungen. Internationale Zeitschrift für Geschichte, Kultur und Landeskunde Südosteuropas 56 (1997), S. 213-278; Oszkár Sashegyi: Ungarns politische Verwaltung in der Ära Bach 1849–1860, Graz 1979.

aber auch jene Gebiete, die während der Napoleonischen Kriege zeitweilig unter bayerische oder französische Herrschaft gekommen waren und damals administrative Neuordnungen erfahren hatten, die nach 1815 nur mehr teilweise rückgängig gemacht wurden: Tirol und Vorarlberg,

Siehe den Beitrag von Ellinor Forster in diesem Band; außerdem Reinhard Stauber: Der Zentralstaat an seinen Grenzen. Administrative Integration, Herrschaftswechsel und politische Kultur im südlichen Alpenraum 1750–1820, Göttingen 2001, S. 275–346; Margot Hamm: Die bayerische Integrationspolitik in Tirol 1806–1814, München 1996.

Salzburg und westliche Randgebiete Oberösterreichs sowie das Küstenland und jene Teile Tirols, Kärntens und Krains, die von 1809 bis 1813 zu den Illyrischen Provinzen Frankreichs gehört hatten.

Margareth Lanzinger: »Das Lokale neu positionieren im actornetwork-Raum – globalgeschichtliche Herausforderungen und illyrische Steuerpolitiken«, in: Ewald Hiebl / Ernst Langthaler (Hg.): Im Kleinen das Große suchen. Mikrogeschichte in Theorie und Praxis. Hanns Haas zum 70. Geburtstag, Innsbruck 2012, S. 48–56; Reinhard Stauber: »Politische und soziale Integration in ›Illyrien‹ in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts«, in: Marco Bellabarba et al. (Hg.): Eliten in Tirol zwischen Ancien Régime und Vormärz. Akten der internationalen Tagung vom 15. bis 18. Oktober 2008 an der Freien Universität Bozen, Innsbruck 2010, S. 61–82, hier S. 62–68; Frank J. Bundy: The Administration of the Illyrian Provinces of the French Empire, 1809–1813, New York 1987; Karl Dinklage: »Kärnten«, in: Johannes Gründler (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970, S. 72–80, hier S. 74–75. – Eine Übersicht und Karte dazu, in welchen Provinzen im Vormärz Patrimonialherrschaften, in welchen hingegen landesfürstliche Behörden die erste Instanz der politischen Verwaltung bildeten, bietet Melville: Adel und Revolution, S. 18.

Damit ist eine schwierige Frage angeschnitten, die für die Einordnung dieses Beitrags in den konzeptuellen Rahmen des Bandes neuralgisch ist: jene, ob es denn überhaupt statthaft ist, von der habsburgischen Monarchie im 19. Jahrhundert als ›Staat‹ zu sprechen. Dass sie kein Nationalstaat im Sinne damals verbreiteter Idealvorstellungen war und auch nicht anstreben konnte, einer zu werden, ist unbestritten, wenngleich es zeitgenössisch und historiographisch höchst unterschiedlich gewertet worden ist.

Als prominentes, verhältnismäßig rezentes Beispiel jener Historiographie, die in der Diskrepanz zum nationalstaatlichen Ideal den wesentlichen Grund für den Untergang der Monarchie sah, mag etwa zitiert werden Robert A. Kann: »Zur Problematik der Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie 1848–1918. Eine Zusammenfassung«, in: Adam Wandruszka / Peter Urbanitsch (Hg.): Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. 3: Die Völker des Reiches, Teilbd. 2, Wien 1980, S. 1304–1338. Als aktuelle Vertreter der Gegenposition seien Pieter Judson und John Deak genannt, die sich auch explizit kritisch mit der historiographischen Tradition auseinandersetzen; vgl. Judson: Habsburg Empire, S. 9–15; Deak: Forging a Multinational Empire, S. 2–6.

Darüber hinaus erfüllte sie wohl auch zu keiner Zeit vollends die Ansprüche der deutschen Staatsrechtslehre, wonach Staatsgebiet, Staatsvolk und ausgeübte Staatsgewalt eindeutig bestimmt zu sein hätten.

Damit war sie freilich im europäischen Vergleich nicht allein. Dass diese Kriterien etwa auch mit Blick auf Preußen und Deutschland Probleme bereiten, argumentiert Thomas Ellwein: Der Staat als Zufall und als Notwendigkeit. Die jüngere Verwaltungsentwicklung in Deutschland am Beispiel Ostwestfalen-Lippe, 2 Bde., Opladen 1993–1997, hier Bd. 1, S. 26–32.

In neuester Zeit wird kontrovers diskutiert, ob sie nicht besser mit Ansätzen der Imperienforschung zu untersuchen wäre, als Herrschaftskomplex, dessen Umgang mit seinen Angehörigen von einer Politik der Differenz,

Im Sinne von Jane Burbank / Frederick Cooper: Empires in World History. Power and the Politics of Difference, Princeton 2010, S. 8.

nicht der Angleichung, geprägt war.

In diesem Sinne Wolfgang Goderle: Zensus und Ethnizität. Zur Herstellung von Wissen über soziale Wirklichkeiten im Habsburgerreich zwischen 1848 und 1910, Göttingen 2016, S. 17–23; Benno Gammerl: Staatsbürger, Untertanen und Andere. Der Umgang mit ethnischer Heterogenität im Britischen Weltreich und im Habsburgerreich 1867–1918, Göttingen 2010, S. 12–17; weiters vgl. Jana Osterkamp: »Wasser, Erde, Imperium. Eine kleine Politikgeschichte der Meliorationen in der Habsburgermonarchie«, in: Jörg Ganzenmüller / Tatjana Tönsmeyer (Hg.): Vom Vorrücken des Staates in die Fläche. Ein europäisches Phänomen des langen 19. Jahrhunderts, Köln 2016, S. 179–197. Dagegen Pieter M. Judson: »L’Autriche-Hongrie était-élle un empire?«, in: Annales. Histoire, Sciences sociales 63 (2008), S. 563–596. Ebenfalls skeptisch zeigt sich, freilich auf der Basis eines weniger klar bestimmten Imperienbegriffs, Franz Leander Fillafer: »Imperium oder Kulturstaat? Die Habsburgermonarchie und die Historisierung der Nationalkulturen im 19. Jahrhundert«, in: Philipp Ther (Hg.): Kulturpolitik und Theater. Die kontinentalen Imperien in Europa im Vergleich, Wien 2012, S. 23–53.

In Reaktion auf diese Debatten sei zunächst festgestellt, dass es verkürzend und nicht eben hilfreich erscheint, Nationalstaat und Imperium als Gegensatzpaar aufzufassen, neben dem keine weiteren alternativen Möglichkeiten vorstellbar wären. Gerade im Hinblick auf die Habsburgermonarchie ist mit Benno Gammerl daran festzuhalten, dass auch ein plurinational oder anational konzipierter Staat auf dem Postulat staatsbürgerlicher Gleichheit beruhen kann, und das nicht bloß in der Theorie. Eine solche Logik des Staates zählte neben der nationalen und der imperialen zu den Modellen, die in der Geschichte der Habsburgermonarchie, vor allem im 19. Jahrhundert, nicht nur verfochten, sondern auch in der praktischen Umsetzung erprobt wurden

Gammerl: Staatsbürger, S. 73–102.

– wobei sowohl im Verlauf der Zeit als auch zwischen Teilgebieten der Monarchie beträchtliche Unterschiede zu konstatieren sind und hier eines, dort ein anderes Modell dominierte. Dass gerade für die 1850er Jahre von einem nachdrücklich intentionalen Bestreben vieler wichtiger Akteure zum Staatsausbau in einem weder nationalstaatlichen noch imperialen Sinn gesprochen werden kann, dürfte innerhalb der neueren Forschung weitgehend konsensfähig sein; selbst von einem Befürworter des imperialgeschichtlichen Zugangs wird für diese Zeitspanne von einem »ambitionierte[n] Versuch der Etablierung einer absolutistischen Zentralstaatlichkeit«

Göderle: Zensus und Ethnizität, S. 22.

gesprochen.

Sobald also der Nationalstaat nicht mehr, wie dies lange der Fall war, als einzige oder doch als vollendetste Erscheinungsform des ›modernen‹ Staates gilt, wird es möglich und sinnvoll, von habsburgischer Staatsbildung zu sprechen, ohne dass die Frage der ›Nationalitäten‹ im Mittelpunkt stehen muss.

Diesen historiographischen Ansatz verficht und realisiert Deak: Forging a Multinational State.

Dies ist auch ein Ausgangspunkt für den vorliegenden Artikel. Für den Staatsbegriff, der hier zugrunde gelegt wird, ist der Unterschied zwischen postulierter Einheitlichkeit des Staatsvolks und expliziter Differenzpolitik nicht zentral. Der ›Staat‹ soll im Folgenden – entsprechend der in der Einleitung zu diesem Band angebotenen Formel – als relationale Anordnung von Menschen, Institutionen und Dingen gemeint sein, deren Wirken dahin tendiert, bestimmte Formen von Machtausübung innerhalb eines definierten räumlichen Geltungsbereichs zu monopolisieren und zu vereinheitlichen, nicht als Anstalt, die über ein solches Monopol bereits verfügt.

Siehe Einleitung, Abschnitt 2.

Der so gedachte ›Staat‹ ist also keine in sich geschlossene Entität, sondern ein Zusammenhang, und er ist nicht die abgeschlossene Verwirklichung eines Ideals, sondern ist als Prozesskategorie zu verstehen, als bewusstes Streben oder auch nur als emergente Tendenz in die genannte Entwicklungsrichtung. Es bietet sich daher auch an, ihn nicht vorwiegend substantivisch, sondern auch adjektivisch zu denken. ›Staatlich‹ und die davon abgeleitete Substantivierung ›Staatlichkeit‹ meinen dann einerseits Zugehörigkeit zu oder Eingebundenheit in die Anordnung ›Staat‹, andererseits Entsprechung oder Ähnlichkeit zu deren charakteristischen Merkmalen. Eine solche Eigenschaft kann Institutionen, Personen und Dingen, Praktiken des Tuns, Sprechens oder Denkens zugeschrieben werden; und sie kann in vielfach abgestufter Intensität und unterschiedlichen Ausprägungen auftreten, anstatt bloß entweder vorhanden zu sein oder zu fehlen. ›Staatlichkeit‹ soll damit nicht, wie das in den neuesten Debatten gelegentlich der Fall ist, als Ersatz für den substantivischen Begriff des ›Staats‹ aufgebaut und auch nicht als »abgeschwächte Form«

Falk Bretschneider / Christophe Duhamelle: »Fraktalität. Raumgeschichte und soziales Handeln im Alten Reich«, in: Zeitschrift für Historische Forschung 43 (2016), S. 703–746, hier S. 726.

davon schmackhaft gemacht werden; eher handelt es sich um komplementäre Blickwinkel auf dieselben Forschungsgegenstände. Was all dies in der konkreten Anwendung bedeuten kann, soll dieser Artikel exemplarisch erkunden.

Im Folgenden wird versucht, als Ergebnis einer Prospektion relevanter Archivbestände einige zentrale Problemfelder beim Aufbau der österreichischen Bezirksverwaltung von 1848 bis in die 1860er Jahre zu skizzieren. Der Zugang, vom überlieferten Material auszugehen, ist nicht unproblematisch, setzt er sich doch zwangsläufig dem Einfluss der eigenen Sichtweisen der Aktenproduzenten aus – einer Gefahr, auf die unter anderen Pierre Bourdieu hingewiesen hat, als er davor warnte, sich beim Denken des Staates ein vom Staat geschaffenes Denken zu eigen zu machen.

Pierre Bourdieu: »Ésprits ďÉtat. Genèse et structure du champ bureaucratique«, in: Actes de la recherche en sciences sociales 96/97 (1993), S. 49–62, hier S. 49: »Entreprendre de penser l’État, c’est s’exposer à reprendre à son compte une pensée ďÉtat, à appliquer à l’État des catégories de pensée produites et garanties par l’État, donc à méconnaître la vérité la plus fondamentale de l’État«. Zu den besonderen Gefahren der Archivbenutzung in der Verwaltungsgeschichte vgl. Caroline Dufour: »Administrative History and the Theory of Fields: Towards a Social and Political History of Public Administration«, in: Administory. Zeitschrift für Verwaltungsgeschichte 1 (2016), S. 124–137, hier S. 128–129.

Auf diese Weise ist nur festzustellen, was Beamte des Amtshandelns, des Aufschreibens und des Archivierens für wert hielten; abgesehen davon, dass zudem die teils kontingenten, teils intentionalen Verwerfungen der Überlieferungsgeschichte intervenieren und keineswegs immer dasjenige, was anfangs das meiste beschriebene Papier hervorbrachte, heute die meisten Archivkartons füllt.

Gerade die Akten der Mittel- und Unterbehörden des 19. Jh. sind zu großen Teilen skartiert worden; vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 7, 213–214; Obersteiner: »Bezirkshauptmannschaften«, S. 95.

Andererseits erweist sich exploratorisches Vorgehen insofern als wertvoll, als es oft unerwartete Befunde liefert und auf Gegenstände aufmerksam macht, die in der traditionellen Verwaltungsgeschichte wenig beachtet wurden. Die folgenden Abschnitte bemühen sich, diese Anregungen aus der archivischen Überlieferung aufzugreifen, die bürokratische Innenperspektive der Quellen aber zumindest ansatzweise aufzubrechen, indem sie mit Theorieangeboten neuerer verwaltungshistorischer Ansätze konfrontiert wird. Nicht die einzigen, aber im Sinne des Anliegens dieses Bandes die beiden hauptsächlichen Theorieachsen sind zum einen die Frage nach der Staatlichkeit, zum anderen raumbezogene Fragestellungen. ›Raum‹ wird dabei – im Einklang mit der überwiegenden Mehrheit aktueller Zugänge – nicht als externe, unveränderliche Bedingung menschlicher Existenz verstanden, sondern als erst durch menschliche Interaktionen konstituiert. Darauf wird in Kürze noch zurückgekommen.

Es wird in drei Schritten vorgegangen. Im ersten soll versucht werden, einige Arten von Räumen der Verwaltung zu benennen und knapp zu beschreiben, die bei der Errichtung der Bezirksbehörden neu gebildet oder maßgeblich verändert wurden. Auch soll das Verhältnis zwischen diesen und den zugleich bestehenden räumlichen Ordnungen anderer Arten – etwa ökonomischen Räumen – zumindest berührt werden. Ausgehend davon, dass Räume stets von Menschen konstituiert werden, soll es im zweiten Schritt darum gehen, welche Gruppen von Akteurinnen und Akteuren an der Bildung der neuen Räume der Verwaltung beteiligt waren – solche, die dem Staat in besonderem Maße zugerechnet werden können, aber auch jene, die ihm ›nur‹ als auf seinem Gebiet Lebende und seiner Verwaltung Unterstellte angehörten. In einem dritten, thematisch stark aufgefächerten Abschnitt wird zuletzt eine Art Katalog von Auswirkungen dieser neuen Raumbildungen geboten – in erster Linie Auswirkungen auf den Staat, seine weitere Entwicklung und sein Verhältnis zu seinen Angehörigen. Es versteht sich von selbst, dass die Aufzählung von Problemfeldern keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Vielmehr soll sie Perspektiven für eine künftige Forschung aufzeigen.

Als chronologisches Gerüst zur Einordnung der im Hauptteil dieses Artikels in thematischer Anordnung vorgebrachten Beobachtungen wird eine behördengeschichtliche Überschau der fraglichen Jahrzehnte vorausgeschickt. Sie kann zugleich als – freilich sehr knappe – Synthese des Forschungsstandes gelten, wie er sich als Ergebnis einer überwiegend an der normativ geregelten Einrichtung von Institutionen orientierten Verwaltungsgeschichtsforschung zeigt. Dieser Stand ist ein notwendiger Ausgangspunkt für eine vertiefende und durch zusätzliche Perspektiven und Fragestellungen erweiterte Kulturgeschichte der Verwaltung und – speziell hier – für eine Betrachtung der Verwaltungsgeschichte in räumlicher Perspektive.

Institutionengeschichtlicher Überblick

Im genannten Zeitraum von 1848 bis etwa 1870 zeigen sich im Wesentlichen drei Zyklen von Verwaltungsreformen auf der Bezirksebene, die mit verfassungsgeschichtlichen Zäsuren zwar in Verbindung standen, auf diese aber – angesichts der Vorbereitungszeiten für großflächige Umstellungen in den administrativen Strukturen – jeweils zeitversetzt folgten. Bekanntlich erfolgte die Aufhebung der Patrimonialherrschaften nach dem Beschluss des konstituierenden Reichstages

Die Abstimmungen zogen sich vom 26. 8. bis zum 5. 9. 1848 hin: Verhandlungen des österreichischen Reichstages nach der stenographischen Aufnahme, Bd. 2, Wien 1848, S. 73–249.

durch ein kaiserliches Patent vom 7. September 1848, mit der Übergangsbestimmung, dass die herrschaftlichen Ämter ihre bisherigen administrativen und gerichtlichen Funktionen »provisorisch bis zur Einführung landesfürstlicher Behörden« weiter auszuüben hatten.

Seiner k. k. Majestät Ferdinand des Ersten politische Gesetze und Verordnungen für sämmtliche Provinzen des Oesterreichischen Kaiserstaates, mit Ausnahme von Ungarn und Siebenbürgen, Bd. 76, Wien 1851, S. 285–288, hier S. 287.

Erste Vorkehrungen zur Bildung staatlicher Lokalbehörden wurden etwa zur selben Zeit durch Erlässe des Innen-ministeriums eingeleitet.

Moravský zemský archiv (Brno) [MZA], B 95, Kt. 649, fol. 748–749, 764–765, Z. 6309/1848, Innenministerium an Landespräsidium Brno, 7. 9. 1848; vgl. Franz Stundner: »Zwanzig Jahre Verwaltungsaufbau – Die Entstehung der Bezirkshauptmannschaften (1848–1868)«, in: Johannes Grundier (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970, S. 18–30, hier S. 18. Im Bereich der Justiz hatten erste Vorkehrungen schon vor dem Sommer eingesetzt: Steiermärkisches Landesarchiv (Graz) [StLA], Gubernium Präsidial-Akten [GPA], Kt. 253, Z. 2080/1848, Innenministerium an Gubernium Graz, 6. 6. 1848; vgl. Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 148–149; Gerald Kohl: Die Anfänge der modernen Gerichtsorganisation in Niederösterreich. Verlauf und Bedeutung der Organisierungsarbeiten 1849–1854, St. Pölten 2000, S. 15–16.

Eine feste normative Grundlage lieferten die am 4. März 1849 oktroyierte Verfassung

Text bei Ilse Reiter: Texte zur österreichischen Verfassungsentwicklung 1848–1995, Wien 1997, 33–42; Edmund Bernatzik: Die österreichischen Verfassungsgesetze, Leipzig 1906, S. 106–121; vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 83–94; Lehner: Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, S. 180–186; Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 1, S. 295–327.

und die auf ihr beruhenden, von Innenminister Bach – anknüpfend an Pläne seines Vorgängers Franz Seraph Grafen von Stadion

Zu seinem Wirken als Minister vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 65–98; Melville: Adel und Revolution, S. 220–254; Andreas Gottsmann: Der Reichstag von Kremsier und die Regierung Schwarzenberg. Die Verfassungsdiskussion des Jahres 1848 im Spannungsfeld zwischen Reaktion und nationaler Frage, Wien 1995, S. 33–35, 40–43, 88–114. Zur Kontinuität der »Grundzüge« mit seinen Ideen vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 115; Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 155.

– vorgelegten »Grundzüge für die Organisation der politischen Verwaltungsbehörden«, die Franz Joseph am 26. Juni 1849 genehmigte.

Text bei Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 2, S. 54–59; vgl. Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 152–156; Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 1, S. 368–370.

Als »unterste politische Eintheilung« waren Bezirke vorgesehen, an deren Spitze ein Bezirkshauptmann stehen sollte.

Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 2, S. 54–55.

Jeder politische Bezirk gliederte sich in mehrere Gerichtsbezirke, die zugleich Steuerbezirke waren.

In den Kronländern wurden Einführungskommissionen eingesetzt, und zwar jeweils eine für das Gerichtswesen und für die politischen Behörden.

In Niederösterreich und Mähren nahmen die politischen Einführungskommissionen ihre Tätigkeit im August 1849 auf: Niederösterreichisches Landesarchiv (St. Pölten) [NÖLA], Organisierungs-Commissionen [OC], Kt. 1, Z. 1 POC, Innenministerium an Gubernium Wien, 9. 8. 1849; MZA, B 13, Kniha 1806, »Politische Einführungs-Commission. Protocoll und Index«, beginnend am 18. 8. 1849. Jene für die Steiermark wurde im folgenden September eingerichtet; vgi. Fritz Posch: »Steiermark«, in: Johannes Grundier (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970, S. 61–71, hier S. 65.

Zu ihren Aufgaben zählten – nachdem zuvor bereits die Grenzen der neuen Verwaltungssprengel abgesteckt und die Etats der neuen Behörden festgelegt worden waren – die Besetzung der Posten, die Festlegung der Amtssitze, die Erwerbung oder Herstellung geeigneter Amtsgebäude und der Entwurf von Instruktionen für die Amtsübergabe. All dies wurde bemerkenswert rasch bewerkstelligt, sodass ab Anfang des Jahres 1850 erst die neuen Landes-, dann die Bezirksbehörden ihre Tätigkeit aufnehmen konnten. Während der folgenden Monate erfolgte die Amtsübergabe durch die patrimonialen Behörden, welche damit endgültig zu bestehen aufhörten.

Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 156; Posch: »Steiermark«, S. 65–67; Stundner: »Verwaltungsaufbau«, S. 22–23.

Diese neue Organisation hatte allerdings vorerst kein langes Leben, sondern wurde bereits bei der 1851 eingeleiteten Verfassungsrevision, welche letztlich auf die Aufhebung der nie in Kraft gesetzten Märzverfassung durch das ›Silvesterpatent‹ vom 31. Dezember 1851 hinauslief,

Text bei Reiter: Texte, S. 67–68; Bernatzik: Verfassungsgesetze, S. 178–179; vgl. Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 110–133; Thomas Kletečka: »Die Installation der Autokratie: Von den Augusterlässen 1851 bis zur Demontage des Ministerrates 1852«, in: Harm-Hinrich Brandt (Hg.): Der österreichische Neoabsoiutismus ais Verfassungsund Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochenbegriff, Wien 2014, S. 95–110; Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 1, S. 487–558.

grundlegend infrage gestellt. Angestrebt wurde nun eine Zusammenfassung aller staatlichen Agenden in einer einzigen Behörde erster Instanz, was vor allem die Aufhebung der Trennung von Verwaltung und Gerichtsbarkeit auf dieser Ebene bedeutete. Als Rückschritt für die Rechtsstaatlichkeit ist diese Maßnahme von der Historiographie oft scharf kritisiert worden.

Lehner: Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, S. 196; Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 1, S. 556–557; Redlich: Staats- und Reichsproblem, Bd. 1, S. 412–413, 428–429.

Dass mit ihr die Gewährung einer liberalen Kernforderung rückgängig gemacht wurde, war den maßgeblichen Akteuren an der Staatsspitze bewusst und wurde zumindest von manchen auch offenkundig beabsichtigt.

Ausführliche Analyse der Debatten in Ministerrat, Verfassungsrevisions- und Organisationskommission bei Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 220–237.

Es wurden dafür aber auch andere, pragmatische Gründe vorgebracht, von denen manche viel mit der räumlichen Struktur der Verwaltung zu tun hatten und auf die daher zurückzukommen ist. Die Sprengel der von dieser Reform geschaffenen ›gemischten Bezirksämter entsprachen zumeist den bisherigen Gerichtsbezirken. Sie konnten nach neuerlicher Vorbereitung durch Organisierungskommissionen auf Länderebene

Die Akten der niederösterreichischen Kommission sind geschiossen erhalten in NÖLA, OC, Kt. 10–38; jene der mährischen unvollständig in MZA, B 13, Kt. 1820–1821.

im Laufe des Jahres 1854 ihre Wirksamkeit aufnehmen.

Obersteiner: »Bezirkshauptmannschaften«, S. 85–86; Stundner: »Verwaltungsaufbau«, S. 24–29.

Die neuerliche Revision dieser Ordnung setzte 1860 mit der Rückkehr zur konstitutionellen Regierung ein, zog sich aber diesmal über ein knappes Jahrzehnt hin. Über weite Strecken handelte es sich um eine »Erneuerung der Einrichtungen des Jahres 1849«.

Franz Stundner: »Niederösterreich«, in: Johannes Gründler (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970, S. 33–53, hier S. 33; vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 155.

Die Justiz wurde wieder von der politischen Verwaltung getrennt, und für Letztere wurden nun von neuem Bezirkshauptmannschaften errichtet, deren Wirkungsbereiche mit wenigen Modifikationen denen von 1850 entsprachen. Diese Territorialeinteilung, die in den meisten Kronländern 1868 in Kraft trat, besteht in der Republik Österreich in ihren Grundzügen bis zur Gegenwart fort.

Obersteiner: »Bezirkshauptmannschaften«, S. 86–89; Oswald Gschließer: »Die gesetzliche Einführung der Bezirkshauptmannschaften und ihre territorialen Veränderungen«, in: Fritz Steinegger (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Tirol, Innsbruck 1972, S. 20–34; Posch: »Steiermark«, S. 68–69; Stundner: »Niederösterreich«, S. 33–40; Otto Wutzei / Herbert Grabherr: »Oberösterreich«, in: Johannes Gründler (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970, S. 54–60, hier S. 55–58.

Wenn im Folgenden über diese seit langem bekannten Konturen der Behördenentwicklung hinausgelangt werden soll, dann in zweifacher Hinsicht. Zum einen geht es darum, mithilfe der Akten der Landes- und Bezirksebene eine Detailansicht zu gewinnen, in der besser erkennbar wird, auf welche Weise und in welchem Grade die normativen Vorgaben für die Organisation der Verwaltung in die Praxis umgesetzt wurden. Damit ist – ganz im Sinne aktueller Ansätze der Implementationsforschung – kein normzentrierter Abgleich gemeint, in dem jede Differenz als Defizit aufgefasst wird; vielmehr wird der Beitrag der an der Implementierung beteiligten Beamten und auch jener der Verwalteten als Ergänzung, Adaptierung und Weiterentwicklung der Vorgaben gesehen, die für das Zustandekommen einer funktionierenden Verwaltungspraxis konstitutiv und unverzichtbar ist.

Stefan Haas: »Verwaltungsgeschichte nach Cultural und Communicative Turn. Perspektiven einer historischen Implementationsforschung«, in: Stefan Brakensiek / Corinna von Bredow / Birgit Näther (Hg.): Herrschaft und Verwaltung in der Frühen Neuzeit, Berlin 2014, S. 181–194. Siehe auch den Beitrag von Birgit Näther in diesem Band.

Zum anderen sollen die Abläufe der Organisationsarbeit und deren Resultate bewusst unter der Perspektive des Räumlichen ins Auge gefasst werden.

Räume und Orte

Zur Konzeptualisierung von ›Raum‹ sei hier auf die Darlegungen in der Einleitung zu diesem Band verwiesen

Siehe Einleitung, Abschnitt 4.

und nur festgehalten, dass ›Raum‹, insoweit er im gesellschaftlichen Leben eine Rolle spielt und humanwissenschaftlich untersuchbar ist, als relationale Anordnung von Menschen und – materiellen wie immateriellen – sozialen Gütern verstanden wird,

Im Sinne von Martina Löw: Raumsoziologie, Frankfurt am Main 2001, S. 154.

die von Menschen durch Bedeutungszuweisungen, Kommunikation und Handeln konstituiert wird. Räume sind daher historisch veränderlich, und aufgrund ihrer Konstitution in Aushandlung zwischen Menschen sind sie nahezu unweigerlich politisch, wenn ›Politik‹ als jene Dimension menschlichen Lebens begriffen wird, die mit der Aushandlung und Ausübung von Macht und mit der Ordnung und Regelung des Zusammenlebens zu tun hat.

Zum hier zugrunde gelegten Verständnis von ›Politik‹ vgl. Thomas Stockinger: Dörfer und Deputierte. Die Wahlen zu den konstituierenden Parlamenten von 1848 in Niederösterreich und im Pariser Umland (Seine-et-Oise), Wien 2012, S. 53–57, 74–75.

Als ›Orte‹ werden einzelne benennbare Positionen innerhalb eines Raumes verstanden;

Löw: Raumsoziologie, S. 198–203. Zu anderen Bestimmungen des Verhältnisses von ›Ort‹ und ›Raum‹ einführend Susanne Rau: Räume. Konzepte, Wahrnehmungen, Nutzungen, Frankfurt am Main 2013, S. 64–65.

es kann deshalb je nach Skala der Betrachtung von ein und demselben Phänomen als ›Raum‹ oder als ›Ort‹ gesprochen werden, indem etwa das Amtsgebäude einer Behörde ein ›Ort‹ im Verhältnis zu ihrem Sprengel als ›Raum‹ sein kann, aber auch ein ›Raum‹ im Verhältnis zu Menschen oder Gegenständen, die sich an bestimmten ›Orten‹ innerhalb dieses Gebäudes befinden oder bewegen. Damit sind jene beiden Arten von Räumen angesprochen, die in diesem Beitrag vornehmlich erwogen werden, nämlich die Bezirke als Verwaltungssprengel einerseits, die Amtsgebäude und Amtsstuben andererseits. Neben diesen können noch verschiedenste weitere Typen und Größenordnungen von Räumen in den Blick einer kulturhistorischen Verwaltungsgeschichte kommen. Im Folgenden werden ›verwaltete Räume‹ von ›Verwaltungsräumen‹ unterschieden, indem die erstere Bezeichnung einen Raum meint, der als Gegenstand verwaltender Tätigkeit konstituiert wird – etwa den Bezirk –, die letztere aber einen Raum, der im Vergleich zu anderen in besonderem Maße der Verwaltung zugeordnet ist oder für ihre Aktivitäten genutzt wird – etwa die Amtsstube. Als Oberbegriff für beides mag von ›Räumen der Verwaltung‹ die Rede sein.

Die Bezirke als verwaltete Räume zählten zweifellos zu den signifikanten Innovationen der nach 1848 ausgebauten staatlichen Verwaltung in der Habsburgermonarchie. Zuvor hatte es ›Gubernien‹ oder ›Landesregierungen‹ als Provinzverwaltungen gegeben, die 1850 durch ›Statthaltereien‹ ersetzt wurden. In den größeren Gouvernementsbezirken

Die Verwaltungsgliederung in ›Gouvernementsbezirke‹ korrespondierte nur teilweise mit der historisch gewachsenen staatsrechtlichen Einteilung in ›Länder‹, indem kleinere Länder fallweise mit benachbarten zu einem Gouvernementsbezirk kombiniert waren; vgl. Wilhelm Brauneder: »Gesamtstaat – Gouvernementbezirke – Länder – Kreise 1848/49«, in: Martin P. Schennach (Hg.): Rechtshistorische Aspekte des österreichischen Föderalismus. Beiträge zur Tagung an der Universität Innsbruck am 28. und 29. November 2013, Wien 2015, S. 51–62, hier S. 52–53; Rudolf Hoke: »Österreich«, in: Kurt G. A. Jeserich / Hans Pohl / Georg-Christoph von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 2: Vom Reichsdeputationshauptschluß bis zur Auflösung des Deutschen Bundes, Stuttgart 1983, S. 345–399, hier S. 368–369.

unterstanden den Gubernien jeweils mehrere Kreisämter als unterste Ebene genuin staatlicher Behörden, die aber für die meisten Kompetenzbereiche nicht erste Instanz waren, sondern Aufsichtsorgane über die von den Patrimonialherrschaften geübte Lokalverwaltung.

Corinna von Bredow: »Die niederösterreichischen Kreisämter als Scharnier zwischen Landesregierung und Untertanen – Kommunikationsprozesse und Herrschaftspraxis«, in: Stefan Brakensiek / Corinna von Bredow / Birgit Näther (Hg.): Herrschaft und Verwaltung in der Frühen Neuzeit, Berlin 2014, S. 25–36; Gernot Peter Obersteiner: »Kreisamt und Kreishauptmann in der Steiermark nach 1748. Einrichtung und Tätigkeit der neuen iandesfürstiichen Unterbehörden Maria Theresias«, in: Herwig Ebner / Horst Haselsteiner / Ingeborg Wiesflecker-Friedhuber (Hg.): Geschichtsforschung in Graz. Festschrift zum 125-Jahr-Jubiläum des Instituts für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz, Graz 1990, S. 195–208; Franz Stundner: »Die Kreisämter ais Vorläufer der politischen Behörden I. Instanz (1748–1848)«, in: Johannes Grundier (Hg.): 100 Jahre Bezirkshauptmannschaften in Österreich. Festschrift, Wien 1970, S. 9–17.

Die räumliche Struktur dieser Herrschaften war regional unterschiedlich; in den böhmischen Ländern und in Galizien waren sie oft sehr ausgedehnt und räumlich geschlossen, hingegen in den Erzherzogtümern Österreich unter und ob der Enns sowie in den innerösterreichischen Ländern Steiermark, Kärnten und Krain meist viel kleinteiliger.

Melville: Adel und Revolution, S. 22–44.

Für die – nach der im Vormärz vorherrschenden Anschauung

Melville: Adel und Revolution, S. 17, 19–20; Feigl: »Adel«, S. 203.

– im staatlichen Auftrag ausgeübte politische Verwaltung wurden sie in diesen Ländern nach diversen Systemen zusammengefasst, indem Agenden wie die Mitwirkung an der Militärkonskription jeweils einer größeren Herrschaft für angrenzende kleinere anvertraut wurden.

Manfred Straka: Verwaltungsgrenzen und Bevölkerungsentwicklung in der Steiermark 1770–1850. Erläuterungen zur ersten Lieferung des Historischen Atlasses der Steiermark, Graz 1978, S. 28–29; Anton Mell: Grundriß der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des Landes Steiermark, Graz 1929, S. 622–626; Bohuslav Rieger: »Grundherrschaft«, in: Ernst Mischler / Josef Ulbrich (Hg.): Österreichisches Staatswörterbuch. Handbuch des gesamten österreichischen öffentlichen Rechtes, Bd. 1, Wien 21905, S. 34–43, hier S. 41–43.

Die Heterogenität einer Besitzverteilung, die über Jahrhunderte durch unzählige Transaktionen unter zahlreichen Akteuren ohne zentrale Steuerung gewachsen war,

Das raumbildende Prinzip ähnelte jenem, das für die Kleinterritorien des Heiligen Römischen Reichs beschrieben wird von Bretschneider / Duhamelle: »Fraktalität«, S. 706–707.

ließ sich aber durch diese Maßnahmen nur teilweise ausgleichen.

Demgegenüber stellte die Bildung der Bezirkshauptmannschaften einen homogenisierenden Einschnitt dar. Schon seit den ersten Vorbereitungsschritten bestanden zentrale Vorgaben für den ungefähren Flächeninhalt der Gerichtsbezirke und der politischen Bezirke: Erstere sollten ungefähr 5 Quadratmeilen (grob 290 Quadratkilometer) umfassen, Letztere zwei bis drei Gerichtsbezirke, und es sollten »möglichst gleiche Bezirke« gebildet werden.

MZA, B 95, Kt. 649, Z. 6309/1848, fol. 749v, 764r; vgl. StLA, GPA, Kt. 264, Z. 5380/1848, Gubernium Graz an Innenministerium, 8. 11. 1848.

Später wurde ein Richtwert für die Bevölkerungszahl festgelegt, wonach jeder politische Bezirk »ungefähr 50.000 Einwohner zu umfaßen habe«.

MZA, B 95, Kt. 649, fol. 646–647, Z. 1035/1849, Innenministerium an Landespräsidium Brno, 8. 2. 1849, hier fol. 647r.

In der praktischen Ausführung blieben erhebliche Differenzen bestehen, sodass manche Gerichtsbezirke unter 10.000, andere in der Nähe davon an die 20.000 Menschen zählten; im Vergleich zu den Patrimonialherrschaften bedeutete dies gleichwohl eine deutliche Nivellierung.

Deak: Forging a Multinational State, S. 121.

Größter Wert wurde darauf gelegt, dass die Gebietseinteilungen für verschiedene Zweige der Staatstätigkeit übereinstimmten: Ein politischer Bezirk durfte nur aus ganzen Gerichtsbezirken zusammengesetzt sein, keineswegs ein Gerichtsbezirk oder auch nur eine Ortsgemeinde zwischen zwei politischen Bezirken geteilt werden.

MZA, B 95, Kt. 649, Z. 1035/1849, fol. 647r. Das Prinzip, möglichst alle Zweige der Verwaltung auf eine gemeinsame räumliche Einteilung festzulegen, konnte zwar nicht vollständig verwirklicht werden, aber schon die Zusammenführung von politischer und Finanzverwaltung sowie Gerichtswesen auf denselben Raster erfasste einen sehr großen Teil der regelmäßigen Kontakte zwischen Staat und Bevölkerung. Dies kontrastiert mit den sehr zahlreichen, nicht übereinstimmenden Territorialeinteilungen für verschiedene Verwaltungszweige im Königreich Italien, auf die der Beitrag von Luigi Blanco in diesem Band hinweist.

Selbst bei Entscheidungen zur Zuweisung einzelner Orte und Häuser wurde diese Vorschrift penibel eingehalten.

Siehe dazu etwa StLA, Statthalterei alt [StH alt], Kt. 3, fol. 216, 219, Z. 8372/1850, Statthalterei Graz an Kreisregierung Bruck an der Mur (Konzept), 15. 6. 1850; fol. 235, 238, Z. 8808/1850, Statthalterei Graz an Kreisregierung Graz (Konzept), 26. 6. 1850.

Bei allem Willen zur Vereinheitlichung war allerdings ein prinzipielles Bestreben zum Bruch mit bestehenden räumlichen Einteilungen und Identitäten nicht gegeben, wie dies etwa 1790 in Frankreich,

Marie-Victoire Ozouf-Marignier: La formation des départements. La représentation du territoire français à la fin du 18e siècle, Paris 1989, S. 35–43, 63–66.

in erheblichem Maße auch 1815 in Preußen der Fall gewesen war.

Siehe den Beitrag von Anna Gianna Manca in diesem Band; außerdem Reinhart Koselleck: Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848, Stuttgart 1967, S. 240–242.

So blieb die Einteilung der Monarchie in Länder außerhalb Ungarns in der Hauptsache unangetastet;

Nach Redlich hatte Stadion zunächst noch die Absicht einer Abschaffung der historischen Länder gehegt und nur vorerst zurückgestellt, aber an ihrer Stelle die »Kreise und Bezirkshauptmannschaften [als] das eigentliche tragende Gebälk der staatlichen Administration« gedacht; Redlich: Staats- und Reichsproblem, Bd. 1, S. 364, 371 (Zitat). Unrichtig ist aber die Behauptung, die Kreisregierungen seien direkt dem Innenministerium unterstellt worden, bei Brauneder: »Gesamtstaat«, S. 59–60. – Einen weit stärkeren Bruch mit der bisherigen Einteilung versuchte man in den 1850er Jahren in Ungarn.

aber auch bei der Bildung der Bezirke und fallweise Kreise innerhalb der Kronländer handelte es sich keineswegs um ein ausschließlich konzeptgeleitetes Vorgehen gleichsam mit Reißbrett und Lineal, sondern die eben genannten Vorgaben wurden sorgfältig gegen diverse Gründe zur Beibehaltung gewachsener Strukturen abgewogen. Beamte der ober-österreichischen Regierung sprachen sich dafür aus, bisherige Kreisgrenzen bei der Bezirkseinteilung möglichst wenig zu durchbrechen, »weil nicht immer zwischen den Bewohnern an einander grenzender Kreise Sympathien getroffen werden«.

Oberösterreichisches Landesarchiv (Linz) [OÖLA], Landesregierung Präsidium [LRP], Kt. 122, fol. 510–554, »Protokoll über die wegen der Eintheilung der politischen Verwaltungsbezirke gepflogenen Comité-Berathungen«, 27. 2. 1849, hier fol. 516v.

In Mähren schien es angesichts des Umstandes, dass »sich in dem bisherigen Dominienverbande Centralpunkte des Lebens und der Wirksamkeit gebildet haben«, vorteilhaft, die »größeren Gutskörper oder mehrere kleinere zusammen« als neue Verwaltungssprengel beizubehalten.

MZA, B 95, Kt. 649, fol. 504, 506–508, Z. 1413/1849, Kreisamt Brno an Landespräsidium Brno, 21.2. 1849, hier fol. 504r–v; fol. 447–451, 483, Z. 1848/1849, Landespräsidium Brno an Innenministerium (Konzept), 15. 3. 1849, hier fol. 447r.

In der Steiermark wurde die Maxime aufgestellt, Pfarrsprengel nicht auf mehrere Ortsgemeinden oder Gerichtsbezirke aufzuspalten.

Siehe etwa StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 200, 203, Z. 6886/1850, Kreisregierung Graz an Statthalterei Graz, 10. 5. 1850.

Wenn es um die Zuteilung einzelner Orte zu Bezirken ging, war das mit Abstand am häufigsten vorgebrachte Argument die Entfernung zum jeweiligen Amtssitz. Kaum einmal wurde diese dabei in Längenmaßen angegeben, sondern meistens in Reisezeiten. Für ihren Bericht über das Ansuchen von neun Gemeinden um Zuweisung zum Bezirk Ptuj (Pettau) ermittelte deren aktuelle Bezirkshauptmannschaft Ljutomer (Luttenberg) für alle einzeln die Gehzeiten nach Ljutomer, nach Ptuj sowie zum Bezirksgerichtsort Ormož (Friedau) auf Viertelstunden genau.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 223–226, Z. 8584/1850, Bezirkshauptmannschaft Ljutomer an Kreisregierung Maribor, 5. 6. 1850.

Die Qualität der Wege und Verkehrsmittel wurde beachtet; die Anbindung an hochrangige Straßen

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 173–174, Z. 7021/1850, Kreisregierung Graz an Statthalterei Graz, 10. 5. 1850.

oder gar an Eisenbahnlinien

NÖLA, OC, Kt. 34, Fasz. 3, Nr. 164, Gemeinde Dürnkrut an Innenministerium, 18. 2. 1852; StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 9–10, Z. 416/1850, Gerichtseinführungskommission an Statthalterei Graz, 19. 1. 1850.

sprach für einen Ort als Amtssitz, der Mangel daran dagegen. Auch landschaftliche und witterungsbedingte Hindernisse wurden manchmal geltend gemacht. So begründeten die Gemeindevertreter von Tovačov in Mähren, warum dort und nicht im nahen Kojetín ein Amt errichtet werden solle:

Erstens liegt Kojetein an der äußersten Grenze des projektirten Bezirkes, und ist alljährlich mehrmahl durch anhaltende Überschwemmungen der March und der Nebenflüße von Tobitschau und den dießseitigen Gemeinden vollkommen abgeschnitten […]. Hingegen ist Tobitschau am meist zur Mitte des Bezirkes gelegen, verkehrt ganz ungehindert mit den ihm zugewiesenen Gemeinden sowohl, als auch mit der Hauptstadt Olmütz in einer erwünscht bequemsten Weise […].

MZA, B 95, Kt. 649, fol. 300–305, Beilage zu Z. 915/1849, Gemeinde Tovačov an Innenministerium, 14. 12. 1848, hier fol. 300r, 301r. Zu Bergen als Hindernis vgl. Kohl: Anfänge, S. 187.

Die Sprengel der 1849 eingerichteten Bezirkshauptmannschaften waren im Verhältnis zu den früheren Patrimonialherrschaften meist erheblich ausgedehnter. Vom Innenministerium wurde dies mit der Abgabe administrativer Agenden an die Ortsgemeinden

Zur Autonomie der Gemeinden, welche gleichfalls zu den wichtigsten Neuerungen nach 1848 zählte, vgl. Jiří Klabouch: Die Gemeindeselbstverwaltung in Österreich 1848–1918, Wien 1968.

gerechtfertigt und mit Blick auf erwartete Kostenreduktionen begrüßt.

MZA, B 95, Kt. 649, Z. 6309/1848, fol. 749r–v, 764r; vgl. Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 153–154.

Manche Beamten in den Provinzen warnten hingegen schon 1849, dass die Erhöhung der Distanz vieler Gemeinden zu den Amtssitzen nachteilig sein werde: Für die Verwalteten müsse sie erhebliche »Beschwerlichkeiten« mit sich bringen, welche »die größte Unzufriedenheit erregen« würden, und die erhöhten Kosten und Zeitverluste bei der »Bereisung von Seite der Beamten« würden auch die Einsparungen aufwiegen.

Ausführlich etwa MZA, B 95, Kt. 649, fol. 419–443, Z. 1037/1849, Kreisamt Brno an Landespräsidium Brno, 29. 1. 1849, hier fol. 424v-426r. Wiederholt äußerte sich in dieser Richtung auch der Kreispräsident in Maribor: StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 82–83, Z. 4995/1850, 7. 4. 1850; fol. 86–87, Z. 5118/1850, 10. 4. 1850.

In der Folge scheinen sich eher diese Prognosen bewahrheitet zu haben als der ministerielle Optimismus. Aus vielen Kronländern wurden Proteste laut, nicht nur gegen die »Ausdehnung der Bezirke und die Entlegenheit der Amtslokale«,

NÖLA, OC, Kt. 34, Fasz. 3, Nr. 159, Gemeinde Asparn an der Zaya an Innenministerium, eingelangt 30. 1. 1852.

sondern auch gegen die Trennung von Justiz und Verwaltung an sich, die nicht nur eine rechtliche und institutionelle, sondern oft zugleich eine räumliche war. In diesen Fällen führte sie dazu, dass verschiedene Behörden an mitunter weit voneinander entfernten Orten aufgesucht werden mussten und ein genaues Verständnis für die Zuständigkeiten schon notwendig war, um zu wissen, wohin die Schritte zu lenken waren.

Waltraud Heindl: »Bürokratie und Verwaltung im österreichischen Neoabsolutismus«, in: Österreichische Osthefte 22 (1980), S. 231–263, hier S. 237, 261; vgl. Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 224; Wutzel / Grabherr: »Oberösterreich«, S. 55.

Hiermit argumentierte später auch Innenminister Alexander Bach zugunsten der Zusammenlegung der Kompetenzen in gemischten Bezirksämtern, wodurch »die Verwaltung eben in den untersten der Bevölkerung zunächst stehenden Organen concentrischer und wohlfeiler« werden sollte.

Denkschrift Bachs zur Verfassungsrevision, September 1851, zitiert nach Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung, S. 225.

Tatsächlich wurde die Zahl der politischen Behörden erster Instanz durch die Reform von 1854 erheblich gesteigert: Hatte es zuvor in Niederösterreich 17 Bezirkshauptmannschaften gegeben, in Oberösterreich 12, in der Steiermark 19,

Posch: »Steiermark«, S. 66; Stundner: »Verwaltungsaufbau«, S. 21–22; Wutzel / Grabherr: »Oberösterreich«, S. 55.

so betrug die Zahl der Bezirksämter in denselben drei Kronländern danach 70, 46 respektive 65.

Heindl: »Bürokratie und Verwaltung«, S. 248.

Die Reform von 1868 machte diesen Schritt rückgängig und verminderte die Anzahl um einen ähnlichen Faktor.

Deak: Forging a Multinational State, S. 172.

Bei der Errichtung und bei den späteren Veränderungen der politischen Bezirke als verwaltete Räume ging es nach dem bisher Gesagten um das Verhältnis zwischen dem Staat, seinen Verwaltungsinstitutionen und der Bevölkerung unter mehreren verschiedenen materiellen und metaphorischen Aspekten von Räumlichkeit. Dies lässt sich zunächst mit dem Begriffspaar der relativen ›Nähe‹ oder ›Ferne‹ fassen, die konkret im Sinne von Gehzeiten zum Amtsort oder im übertragenen Sinn als lebensweltlich spürbare Präsenz des Staates – in Form seiner Einrichtungen und seines Personals – verstanden werden kann. Diese Nähe war ein wichtiger Faktor für die Vermehrung und Verdichtung der wechselseitigen Interaktion, weshalb etwa Brandt zu Recht das Zahlenverhältnis von eingesetzten Beamten zur verwalteten Bevölkerung und zur Fläche der Sprengel als »Verwaltungsintensität« bezeichnet hat.

Brandt: Neoabsolutismus, Bd. 2, S. 599.

Das Potential zur Interaktion wiederum kann, erneut mit räumlichen Metaphern, als ›Zugriff‹ der staatlichen Behörden auf die Verwalteten oder als ›Zugang‹ der Letzteren zu den Ersteren perspektiviert werden; Belege für beide Sichtweisen lassen sich auch in den zeitgenössischen Debatten finden. Das Interesse der neoabsolutistischen Bürokratie am ›Zugriff‹ war offenkundig und wurde mitunter sehr eindringlich formuliert, wenn etwa ein niederösterreichischer Kreisrat von dem »Grundsatz« sprach, dass »die politische Administration in der Regel überall seyn, Alles sehen, von Allem durch Anschauung eine eigene Überzeugung sich verschaffen soll«.

Kreisrat Grabmayer in der niederösterreichischen OrganisierungsLandeskommission, 25. 2. 1853, zitiert nach Kohl: Anfänge, S. 187. Zur Perspektive des ›Zugriffs‹ vgl. Göderle: Zensus und Ethnizität, S. 84.

Von liberaler Seite wurde in ähnlicher Perspektive, aber entgegengesetzter Bewertung die Reform von 1868 damit begründet, dass sie mehr Freiraum zur Entfaltung der Gemeindeautonomie schaffen sollte.

So etwa von Innenminister Karl Giskra vor dem Reichsrat; vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 172.

Andererseits war die Vorstellung, dass eine Nachfrage nach den Leistungen staatlicher Verwaltung bestehe, die durch erleichterten Zugang befriedigt und sogar weiter stimuliert werden könne, nicht nur in den Überlegungen der Politiker und Beamten präsent, sondern wurde auch in Eingaben aus der Bevölkerung häufig artikuliert.

Bemerkenswert ist etwa das Argument, bei zu großer Entfernung zum Amtsort würden Menschen aus den Dörfern ihr Recht in kleineren Angelegenheiten gar nicht erst geltend machen und dadurch Verluste erleiden, in NÖLA, OC, Kt. 34, Fasz. 3, Nr. 163, Gemeinde Zistersdorf an Innenministerium, 16. 4. 1852.

Dies passt zu den Befunden neuerer verwaltungsgeschichtlicher Forschungen vor allem zur Frühneuzeit, nach welchen die Verdichtung von Herrschaft in vielen Fällen an vorgebrachte Begehren seitens der Untertanen anknüpfen konnte.

Reiche Literaturangaben bei André Holenstein: »Introduction: Empowering Interactions: Looking at Statebuilding from Below«, in: Willem Pieter Blockmans et al. (Hg.): Empowering Interactions. Political Cultures and the Emergence of the State in Europe 1300–1900, Farnham 2009, S. 1–31, hier S. 4–5.

Für die Interaktion zwischen Beamten und Verwalteten waren allerdings nicht nur die Bezirke als verwaltete Räume maßgeblich, sondern auch die Verwaltungsräume im engeren Sinn: Amtsgebäude und Amtsstuben. Zu deren Beschaffung und Einrichtung sind umfangreiche Aktenbestände erhalten.

Etwa MZA, B 13, Kt. 1820–1821; NÖLA, OC, Kt. 35–38.

Für die beiden Reformzyklen der 1850er Jahre geht aus ihnen deutlich hervor, dass angesichts knapper Geldmittel und Zeit der Neubau die Ausnahme war, das Anmieten der benötigten Lokalitäten die bevorzugte Vorgehensweise. Dies brachte eine starke Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten und eine deutlich spürbare Abhängigkeit vom Vorhandenen mit sich. Bezirksbehörden zogen in Bürger- und Bauernhäuser

Letzteres etwa im obersteirischen Liezen, wo die Bezirkshauptmannschaft im Haus des Ehepaars Maria und Johann Putz untergebracht war: StLA, Bezirkshauptmannschaft [BH] Liezen alt, Kt. 1, Fasz. I/6, Z. 2147/1851, 3509/1851, 4196/1851.

ein, oft auch in Schlösser, die nicht selten als die einzig geeigneten Gebäude im Ort erschienen. Der Bruch mit der Zeit der patrimonialen Verwaltung war in solchen Fällen vermutlich weniger augenfällig.

Über die Beschaffenheit und Einrichtung der Räume geben Akten und Inventare zumindest bruchstückhaft Bescheid. In der Regel scheint es ein Büro für den Amtsvorsteher gegeben zu haben, ein oder zwei weitere für die übrigen Beamten, ein Zimmer für die Registratur, oft ein sogenanntes ›Kommissionszimmer‹ für Verhandlungen mit zahlreichen Anwesenden sowie ein ›Parteienzimmer‹, also einen Warteraum. Der Situationsplan

NÖLA, OC, Kt. 38, Fasz. Purkersdorf, Beilage zu Z. 1824/OC/1854, Plan der Lokalitäten des Bezirksamts Purkersdorf im Schloss Purkersdorf.

der Räumlichkeiten des gemischten Bezirksamtes Purkersdorf im Schloss Purkersdorf unweit von Wien bietet ein nicht untypisches Beispiel dafür (Abb. 1). Meist lagen die Amtszimmer im ersten Stock, was materielle Gründe wie den Schutz vor Feuchtigkeit haben mochte, aber auch als Distinktionsmerkmal verstanden werden kann.

Vgl. Roman Sandgruber: Hausen und Wohnen. Eine Alltagsgeschichte der Wohnkultur, Wien 1992, S. 14-15. Dass sich Amtskanzleien in der Regel im ersten Stock befanden, war auch etwa in Baden üblich; vgl. Joachim Eibach: Der Staat vor Ort. Amtmänner und Bürger im 19. Jahrhundert am Beispiel Badens, Frankfurt am Main 1994, S. 46.

Die Einrichtung wurde in einigen Fällen, so in der Steiermark, über die Baubehörden zentral bestellt und ausgeliefert.

StLA, BH Leibnitz alt, Kt. 1, Fasz. 1a, fol. 29–30, Z. 833/1850, Kreisregierung Graz an Bezirkshauptmannschaft Leibnitz, 7. 3. 1850.

Da aber auch häufig Gegenstände aus dem Besitz der Patrimonialbehörden übernommen wurden, dürfte sie in den frühen Jahren von einem Amt zum nächsten noch recht unterschiedlich gewesen sein. Ein im Hinblick auf das Verhältnis von Beamten und Verwalteten besonders interessanter Gegenstand ist die Schranke »zur Abscheidung der Partheien von dem Manipulationsraume der Beamten«.

StLA, BH Leibnitz alt, Kt. 1, Fasz. 1a, fol. 27, Beilage zu Z. 833/1850, »Ausweis über jene, für die neuen landesfürstlichen Steuerämter nothwendigen Einrichtungs-Gegenstände, welche von den k. k. Steuereinnehmern selbst durch Professionisten aus dem Standorte oder der nächsten Umgebung zu besorgen sind«.

Sie teilte den Verwaltungsraum in einen von den Verwalteten zu nutzenden und einen ihnen verbotenen Bereich. Wie nahezu jede Grenze

Bretschneider / Duhamelle: »Fraktalität«, S. 727–732; Christoph Kleinschmidt: »Einleitung: Formen und Funktionen von Grenzen«, in: Christoph Kleinschmidt / Christine Hewel (Hg.): Topographien der Grenze. Verortungen einer kulturellen, politischen und ästhetischen Kategorie, Würzburg 2011, S. 9–21, hier S. 11–12. Siehe auch Einleitung, Abschnitt 4.

trennte sie diese beiden Teilräume aber nicht nur voneinander, sondern setzte sie gleichzeitig in Verbindung; über die Schranke hinweg sprachen ja Beamte und Verwaltete miteinander, wurden Schriftstücke oder Geldbeträge überreicht. Der Kontakt wurde durch sie nicht unterbunden, sondern vielmehr lokalisiert, reglementiert und hierarchisiert. Eine ähnliche Funktion hatten Überlegungen, dass möglichst ein Gang vor den Kanzleizimmern vorhanden sein solle, »damit die Parteien nicht […] durch mehrere Zimmer zur Störung der daselbst arbeitenden Beamten gehen müssen«.

NÖLA, OC, Kt. 38, Fasz. Retz, Z. 1324/OC/1853, Bezirkshauptmannschaft Horn an Organisierungs-Landeskommission, 18. 3. 1853.

Solche baulichen Abgrenzungen waren keineswegs neu; das Wort ›Kanzlei‹ leitet sich vom lateinischen ›cancelli‹ für ›Schranken‹ ab, und seit langem hatten derlei Vorrichtungen die Kontrolle herrschaftlicher Institutionen »über Zugang und Unzugänglichkeit des Rechts […], über Öffentlichkeit und Geheimnis«

Cornelia Vismann: »Von der Poesie des Rechts oder vom Recht in der Dichtung. Franz Kafka und Johann Peter Hebel«, in: Hendrik Johan Adriaanse / Rainer Enskat (Hg.): Fremdheit und Vertrautheit. Hermeneutik im europäischen Kontext, Leuven 2000, S. 275–282, hier S. 275–276. Für ähnliche Beobachtungen zu spätmittelalterlichen Rathäusern vgl. Antje Diener-Staeckling: »Erstlich sollen die Herren sich uffmRathhaus samlen. Das mittelalterliche Rathaus als Spiegel städtischer Machtverhältnisse«, in: Nikolaus Staubach / Vera Johanterwage (Hg.): Außen und Innen. Räume und ihre Symbolik im Mittelalter, Frankfurt am Main 2007, S. 177–192, hier S. 187–189.

verkörpert, den Sonderraum der Verwaltung aus der Welt der Verwalteten herausgehoben und damit überhöht.

Es ist eine klassische Erkenntnis der Soziologie, dass die Beschränkung des Zugangs eine Praxis der Sakralisierung sein kann; so schon bei Émile Durkheim: Les formes élémentaires de la vie religieuse. Le système totémique en Australie, Paris 1912, S. 55–56. Zur Anwendung auf die Requisiten moderner politischer Verfahren vgl. Olivier Ihl: »L’urne électorale. Formes et usages ďune technique de vote«, in: Revue française de science politique 43 (1993), S. 30–60, hier S. 43. Die Bildung von Sonderräumen in größerem Maßstab – etwa durch die Anlage von separaten Regierungsvierteln oder gar neuen Städten – verbot sich aus Ressourcengründen für die Habsburgermonarchie der 1850er Jahre. Wo sie, etwa in kolonialen Kontexten, vorkommt, erfüllt sie eine ganz ähnliche Funktion; vgl. Matthew S. Hull: Government of Paper. The Materiality of Bureaucracy in Urban Pakistan, Berkeley 2012, S. 49.

Wenn das Amt ein staatliches ist, wie dies bei den habsburgischen Bezirksbehörden der Fall war, lässt sich die Schranke in der Amtsstube als Teilstück jener Trennlinie zwischen Staat und nichtstaatlichem Bereich – in der Sprache der zeitgenössischen Theorie oft: zwischen Staat und ›Gesellschaft‹ – verstehen, deren Hervorbringung selbst ein Machtmittel zugunsten des Staates ist.

Timothy Mitchell: »The Limits of the State: Beyond Statist Approaches and Their Critics«, in: American Political Science Review 85 (1991), S. 77–96, hier S. 90. Näheres in der Einleitung, Abschnitt 2.

Abbildung 1

Situationsplan der Amtsräumlichkeiten des gemischten Bezirksamts Purkersdorf im ersten Stock des Schlosses Purkersdorf bei Wien, Juli 1854 (Quelle: NÖLA, OC, Kt. 38, Fasz. Purkersdorf, Beilage zu Z. 1824/1854; reproduziert mit Genehmigung des Niederösterreichischen Landesarchivs).

Die Verwaltungsreformen der 1850er und 1860er Jahre brachten mithin die Konstituierung neuer Räume auf verschiedenen Ebenen mit sich. Mit den Bezirken und den Amtsgebäuden sind nur zwei wichtige Kategorien angesprochen, die Spannweite aber weder nach unten noch nach oben ausgeschöpft. Als kleine und kleinste Räume der Verwaltung ließen sich etwa die Arbeitsfläche eines Schreibtisches, ein Aktenschrank oder eine Kassentruhe analysieren;

Zu Schränken und Truhen in den Kanzleien als Gegenstand standardisierender Regelung siehe den Beitrag von Josef Löffler in diesem Band.

und warum nicht ebenso die Leerstellen eines vorgedruckten Formulars,

Zu Formularen vgl. Peter Becker: »Formulare als ›Fließband‹ der Verwaltung? Zur Rationalisierung und Standardisierung von Kommunikationsbeziehungen«, in: Peter Collin / Klaus-Gert Lutterbeck (Hg.): Eine intelligente Maschine? Handlungsorientierungen moderner Verwaltung (19./20. Jh.), Baden-Baden 2009, S. 281–298.

wo der Name oder sonstige persönliche Spezifika eines Menschen in einen von der Verwaltung vorgegebenen Raum eingefügt wurden, das Individuelle also auch in der graphischen Anordnung auf einem Blatt Papier vom administrativen Verfahren erfasst und eingehegt wurde? Als größter der, wenn nicht neu geschaffenen, so doch bedeutend umgeformten Räume der Verwaltung muss der Staat selbst respektive sein Territorium angesehen werden; darauf wird zurückgekommen.

Die Konstituierung neuer Räume erfolgte aber keineswegs ausgehend von einer ›tabula rasa‹, sondern von einem vielschichtigen Gefüge bestehender räumlicher Einteilungen – von lokalen und regionalen Wirtschaftsräumen, Siedlungsräumen und einzelnen Gebäuden, Verkehrs- und Kommunikationsräumen, patrimonialen Herrschafts- und Verwaltungsräumen und so fort, die einander alle wechselseitig beeinflussten und sogar bedingten, ohne doch in den meisten Fällen deckungsgleich zu sein. Von diesen wurden zwar einige durch die neuen, explizit als staatlich verstandenen Räume der Verwaltung überschrieben, die meisten aber blieben bestehen, und die neuen staatlichen Räume wurden an sie angepasst, in sie eingefügt oder über sie gestülpt. Dies war etwa der Fall, wenn Bezirke nur aus ganzen Pfarrsprengeln gebildet wurden, oder wenn ein neues staatliches Amt in ein Schloss als bisherigen Sitz der Patrimonialverwaltung einzog. Die Konstituierung ist also nicht als einseitige, voluntaristische Schöpfung zu sehen, sondern als ein Aushandlungsprozess, in den zahlreiche Faktoren und Interessen eingingen. Wer die Akteure und Akteurinnen dieser Aushandlungen waren, soll als Nächstes zur Sprache kommen.

Menschen

Die traditionelle Antwort der älteren Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte bestand darin, die Gestalter der Reformen an der und rund um die Staatsspitze zu sehen – in Männern wie den Innenministern Stadion und Bach, dem Reichsratspräsidenten Kübeck oder dem Kaiser selbst. Ohne die Wichtigkeit ihres Wirkens in Abrede zu stellen oder den Wert neuer quellennaher Analysen ihrer Entscheidungsprozesse

Auf dieser Ebene arbeitet nahezu ausschließlich Seiderer: Oesterreichs Neugestaltung. Zentrale Rollen erhalten etwa Stadion und Bach auch auf weite Strecken bei Deak: Forging a Multinational State.

schmälern zu wollen, ist darauf zu bestehen, dass die Aufbauprozesse auf dieser Grundlage nur partiell verstanden werden können.

Einzubeziehen sind zunächst auch die Beamten auf den mittleren und unteren Ebenen der Verwaltung. Sie waren es, die relevante Sachverhalte erhoben, Vorschläge erarbeiteten und in den Organisierungskommissionen das Vorgehen grundsätzlich und für zahlreiche Einzelfälle berieten. Dabei beschränkten sie sich nicht auf mechanische Ausführung von Vorgaben aus Wien, sondern brachten eigene Ideen und auch Kritiken ein – teils aus freien Stücken, teils auf explizite Aufforderung. In den Wiener Ministerien war man sich nämlich darüber im Klaren, dass sich vieles »im Allgemeinen nicht genau normiren« ließ,

MZA, B 95, Kt. 649, Z. 1035/1849, fol. 647r.

sondern der Lokalkenntnis und dem Verhandlungsgeschick der Beamten in den Kronländern überlassen bleiben musste.

Beamte machten also die neuen verwalteten Räume; diese machten ihrerseits neue Beamte, denn zur Besetzung der Bezirksbehörden reichte das bis 1848 im Staatsdienst stehende Personal nicht aus. Die Rekrutierung erfolgte durch öffentliche Ausschreibungen, sogenannte ›Concurse‹.

Das Verfahren war eine signifikante Neuerung gegenüber dem Vormärz; vgl. Heindl: Bürokratie und Beamte, Bd. 2, S. 66.

An Bewerbungen mangelte es nicht. Für 17 in Niederösterreich zu besetzende Bezirkshauptmannschaften etwa gingen nicht weniger als 846 Stellengesuche ein.

Stundner: »Verwaltungsaufbau«, S. 22.

Den Großteil der Kandidaten machten bisherige Patrimonialbeamte aus; vorgezogen wurden ihnen jedoch systematisch jene mit Erfahrung im staatlichen Dienst.

Die zwölf neuen Bezirkshauptmänner in Oberösterreich 1849 hatten alle über zwanzig Dienstjahre in der staatlichen Verwaltung vorzuweisen; vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 117. In Niederösterreich wurden immerhin sechs von 17 Bezirkshauptmännern aus den Reihen ehemaliger patrimonialer Oberbeamter ernannt: NÖLA, OC, Kt. 1, Beilage zu Z. 9 POC, »Übersicht der Ernennungen zu den Dienststellen bei den neuen politischen Behörden im Kronlande Niederösterreich«.

Die Beamtenschaft war in dieser Zeit exklusiv aus Männern zusammengesetzt, und zwar von den höchsten Rängen bis zu den Hilfskräften;

Frauen fanden in den habsburgischen Staatsdienst erst seit Ende der 1860er Jahre Eingang, und zwar zunächst nur in technischen Hilfsfunktionen etwa im Telegraphen- und Postdienst; vgl. Heindl: Bürokratie und Beamte, Bd. 2, S. 147–154; Sylvia Hahn: »›Emsig, eifrig, verläßliche‹. Frauen im Post- und Telegraphenwesen oder: die ersten Beamtinnen«, in: Beiträge zur historischen Sozialkunde 25 (1995), S. 126–133.

dies entsprach der vorherrschenden Bestimmung von Öffentlichkeit und Staat als männlichen Sphären und verstärkte sie weiter.

Stellvertretend für viele andere vgl. Brigitte Mazohl: »Quousque tandem …? Das Fach Österreichische Geschichte – eine Herausforderung der männlichen Tradition«, in: Geschichte und Region. Jahrbuch der Arbeitsgruppe Regionalgeschichte Bozen 4 (1995), S. 223–243, hier S. 237.

Männlich codiert waren damit auch die Räume der Verwaltung. Das Beamtenpersonal bildete gewiss eines der wichtigsten Elemente der administrativen Erneuerung im postrevolutionären Habsburgerstaat; da seine sozialen Verhältnisse und die Bemühungen um sein Berufsethos noch zu den relativ gut erforschten Aspekten des Themas zählen,

Heindl: Bürokratie und Beamte, Bd. 2; Pavla Vošahlíková: Von Amts wegen. K. k. Beamte erzählen, Wien 1998; Karl Megner: Beamte. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte des k. k. Beamtentums, Wien 1985.

wird aber darauf hier nicht eingegangen.

Mit Nachdruck sei hingegen darauf hingewiesen, dass die im Namen des Staates handelnden Akteure vom Kaiser bis hinab zum Bezirkskommissär nicht die allein entscheidende Rolle spielten. An der Konstituierung neuer Räume der Verwaltung beteiligten sich mit ihnen noch verschiedenste weitere Gruppen und Individuen: Gemeindevertreter, die Auskünfte lieferten, um Ansiedlung eines Amtes warben oder die Zuweisung zu einem anderen Bezirk erbaten; Besitzer und Besitzerinnen von als Amtslokalitäten geeigneten Gebäuden; Handwerker, die Adaptierungen an diesen vornahmen oder Einrichtungsstücke herstellten. In den untersuchten Aktenbeständen nehmen ihre Äußerungen beträchtlichen Platz ein. Eingespeist wurden diese in die administrative Schriftlichkeit auf verschiedenen Wegen, die jeweils auf eine lange Tradition verweisen. So konnten sie bei mündlichen Befragungen oder Verhandlungen, die meist als ›Kommissionen‹ bezeichnet wurden, zu Protokoll genommen werden, wozu entweder die Verwalteten in die Amtsräume kamen oder die Beamten ihren Sprengel bereisten.

Zum letzteren Fall vgl. André Holenstein: »›Local-Untersuchung‹ und ›Augenschein‹. Reflexionen auf die Lokalität im Verwaltungsdenken und -handeln des Ancien Régime«, in: WerkstattGeschichte 16 (1997), S. 19–31; Obersteiner: »Kreisamt«, S. 203.

Es wurden allerdings auch aus freien Stücken Petitionen in beachtlicher Anzahl eingebracht.

Zu Petitionen und ihren Vorläufern, den Supplikationen, vgl. Hull: Government of Paper, S. 86–101; Harriet Rudolph: »›Sich der höchsten Gnade würdig zu machen‹. Das frühneuzeitliche Supplikenwesen als Instrument symbolischer Interaktion zwischen Untertanen und Obrigkeit«, in: Cecilia Nubola / Andreas Würgler (Hg.): Bittschriften und Gravamina. Politik, Verwaltung und Justiz in Europa (14. – 18. Jahrhundert), Berlin 2005, S. 421–449; Martin P. Schennach: »Supplikationen«, in: Josef Pauser / Martin Scheutz / Thomas Winkelbauer (Hg.): Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16. – 18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, Wien 2004, S. 572–584; Heinrich Best: Interessenpolitik und nationale Integration 1848/49. Handelspolitische Konflikte im frühindustriellen Deutschland, Göttingen 1980, S. 125–129.

Im Vollzug dieser Praktiken wurden physische wie symbolische Distanzen zwischen Verwaltungsraum und verwaltetem Raum einerseits überbrückt, andererseits durch hierarchisierende Formen auch performativ manifestiert. Dazu gehörte nicht zuletzt, dass Äußerungen der Verwalteten in die »Sprache der Verwaltung«

Lutz Raphael: »›Die Sprache der Verwaltung‹. Politische Kommunikation zwischen Verwaltern und Landgemeinden zwischen Maas und Rhein (1814–1880)«, in: Norbert Franz / Bernd-Stefan Grewe / Michael Knauff (Hg.): Landgemeinden im Übergang zum modernen Staat. Vergleichende Mikrostudien im linksrheinischen Raum, Mainz 1999, S. 183–205. Zu den Problemen des ›Übersetzens‹ zwischen sprachlichen und sozialen Codes der staatlichen Verwaltung einerseits, der lokalen Ebene andererseits siehe auch den Beitrag von Anette Schlimm in diesem Band.

übersetzt werden mussten; Petenten und Petentinnen, die diese Leistung selbst erbringen oder zukaufen konnten, waren meist im Vorteil gegenüber denen, welche die Interpretation und Verschriftlichung ihrer Rede den Beamten überlassen mussten. Manche legten großes Geschick und viel Erfindungsgabe an den Tag.

Genaue Einblicke in die Denkweise der Behörden mussten etwa jene Petenten haben, die in ihr Gesuch um Änderung der Bezirkszuweisung eine Berechnung aufnahmen, wie wenig Zeit und Aufwand die dazu nötige Aussortierung von Aktenbeständen kosten würde: NÖLA, OC, Kt. 34, Fasz. 3, Nr. 164.

Alle diese Überbrückungen konstituierten den Bezirk als Raum der Verwaltung, der in ähnlicher Weise zweigeteilt war wie die Amtskanzlei durch die Schranke: Der verwaltete Raum und der Verwaltungsraum standen in fortwährendem, dabei reglementiertem und stark asymmetrischem Austausch.

Zur Konstituierung des Bezirks als Raum durch die Interaktionen zwischen Beamten und Verwalteten siehe auch den Beitrag von Rüdiger von Krosigk in diesem Band.

Im Rahmen eines vielfältigen Argumentariums war es, wie bereits erwähnt, die Reisezeit zum Amtssitz, die am häufigsten als Begründung eingesetzt wurde. Räume wurden also durch die Bewegungen von Menschen konstituiert und ausgemessen; und ihre Wahrnehmung war mit jener der Zeit eng verschränkt.

Besonders augenfällig ist das Argumentieren mit Zeitverlust und Zeitersparnis in NÖLA, OC, Kt. 34, Fasz. 3, Nr. 154, Gemeinde Guntersdorf an Innenministerium, 5. 3. 1852. Die grundsätzliche Verbindung von räumlicher Distanz mit Zeit ist allerdings in den Quellen sehr häufig zu finden. Zu neueren Ansätzen der theoretischen Fassung der Beziehungen von Raum, Zeit und Bewegung in den Humanwissenschaften einführend Michael A. Crang: »Zeit : Raum«, in: Jörg Döring / Tristan Thielmann (Hg.): Spatial Turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften, Bielefeld 2008, S. 409–438; Judith Miggelbrink: »Die (Un-)Ordnung des Raumes. Bemerkungen zum Wandel geographischer Raumkonzepte im ausgehenden 20. Jahrhundert«, in: Alexander C. T. Geppert / Uffa Jensen / Jörn Weinhold (Hg.): Ortsgespräche. Raum und Kommunikation im 19. und 20. Jahrhundert, Bielefeld 2005, S. 79–105, hier S. 92–95; vgl. Roland Wenzlhuemer: Connecting the Nineteenth-Century World. The Telegraph and Globalization, Cambridge 2013, S. 37–50.

Es spielte freilich nicht nur die einmalige Bewegung eine Rolle, sondern auch der gewohnheitsmäßige Verkehr, denn oft wurde auch mit bestehenden zentralörtlichen Funktionen

Der Begriff des ›Zentralorts‹ geht auf den deutschen Humangeographen Walter Christaller zurück; vgl. Walter Christaller: Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen, Jena 1933, S. 21–26. Christallers Theorie der Zentralorte gilt heute als veraltet. Sie und ihr Autor haben zudem im Rahmen der nationalsozialistischen Raumplanung eine fragwürdige Rolle gespielt; vgl. Klaus Fehn: »Walter Christaller und die Raumplanung der NS-Zeit«, in: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 26 (2008), S. 215–234; Karl R. Kegler: »Walter Christaller«, in: Ingo Haar / Michael Fahlbusch / Matthias Berg (Hg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen – Institutionen – Forschungsprogramme – Stiftungen, München 2008, S. 89–93. Der Ausdruck wird hier in einem nur mehr lose an Christallers Konzept angelehnten Sinne verwendet und soll einen Ort meinen, an dem eine dauerhafte »räumliche Verdichtung von Interaktionsbeziehungen« vorliegt, so bei Bretschneider / Duhamelle: »Fraktalität«, S. 708 Anm. 24.

argumentiert. So stand die steirische Gemeinde Kumberg »mit dem Absatze aller ihrer Produkte nur mit der Hauptstadt Gratz allein im Verkehre«, weshalb ihre Vertreter sie zur Bezirkshauptmannschaft Umgebung Graz und nicht zu jener in Weiz zugeteilt wissen wollten.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 188–189, Z. 7974/1850, Gemeinde Kumberg an Statthalterei Graz, 20. 2. 1850.

Welche Gruppen von Orten miteinander einen Raum bildeten, hing also davon ab, mit welcher Frequenz sich Menschen zu bestimmten Zwecken zwischen ihnen bewegten; an solchen Räumen vorwiegend ökonomischer Art sollte sich nach vielfältigen Wünschen die neue staatliche Einteilung verwalteter Räume orientieren.

Nicht selten wurde solchen Begehren seitens der Beamten Folge gegeben. Für Entscheidungen über die Bezirkseinteilung waren, wie bei der oberösterreichischen Landesregierung formuliert wurde, »der Dienst, das Bedürfniß der Bevölkerung und die Kostenfrage zunächst im Auge« zu behalten.

OÖLA, LRP, Kt. 122, fol. 516r–v.

Zeitweise galt sogar als Grundsatz: »Der freie Wille der Gemeinde soll gewahrt und ihrer eigenen Anschauung über das, was zu ihrem Wohle gedeihlich ist, – in der Regel volle Rechnung getragen und so die Selbstständigkeit und Willenskraft der Gemeinden gehoben und gekräftiget werden«.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 97–98, 101, Z. 5328/1850, Gerichtseinführungskommission an Statthalterei Graz, 13. 4. 1850. Zur aktiv angestrebten breiten Beteiligung von Akteuren aus der Bevölkerung gerade in den Angelegenheiten der Bildung der Ortsgemeinden vgl. Veronika Duma: »›Worauf die Völker schon lange so sehnsüchtig gewartet haben …‹. Zur Kommunikation der neuen Gemeindeordnung«, in: Peter Becker (Hg.): Sprachvollzug im Amt. Kommunikation und Verwaltung im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Bielefeld 2011, S. 131–153.

Wenn Kostensteigerungen zu befürchten waren, stieß das behördliche Entgegenkommen freilich bald an seine Grenzen, denn die Mittel waren stets knapp. Allerdings lag der Ausgang nicht immer allein am guten Willen der Behörden, denn die Machtasymmetrie der Aushandlungen war nur meistens zugunsten des Staates gelagert, manchmal aber auch andersherum. Ein Schlossherr oder auch ein Kleinstadtbürger, der über das einzige geeignete Gebäude in seinem Ort verfügte, konnte bisweilen auch einen Mietzins durchsetzen, der dem Bezirkshauptmann »ziemlich hoch« anmutete, wenn »durchaus keine andere Lokalität verfügbar« war.

NÖLA, OC, Kt. 38, Fasz. Schwechat, Z. 1581/OC/1854, Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha an Organisierungs-Landeskommission, 10. 11. 1853.

Die ablehnende Haltung einzelner Akteure konnte sogar Entscheidungen von beträchtlicher Tragweite maßgeblich beeinflussen. Zum Beispiel wurde seitens des niederösterreichischen Benediktinerstiftes Seitenstetten das Ansinnen, in seinem Klostergebäude ein Bezirksamt unterzubringen, mit Entschiedenheit zurückgewiesen; diese »Unwillfährigkeit« hätte fast dazu geführt, dass das Amt von Seitenstetten in einen anderen Ort der näheren Umgebung verlegt worden wäre. Nur durch ein umso großzügigeres Angebot der Marktgemeinde Seitenstetten, die sich dies aufgrund ihrer Verschuldung eigentlich kaum leisten konnte, wurde dieser Ausgang abgewendet.

NÖLA, OC, Kt. 38, Fasz. Seitenstetten; das direkte Zitat aus Z. 1316/ OC/1853, Innenministerium an Organisierungs-Landeskommission, 11. 12. 1853.

Mit diesen Andeutungen sollte plausibel geworden sein, dass die Konstituierungen neuer und die Veränderungen existierender Räume im Rahmen der Verwaltungsreform nicht hinreichend verstanden werden können, wenn sie als Handeln ›des Staates‹

Dass es fragwürdig ist, dem Staat als solchem Handlungsfähigkeit zuzuschreiben, ist näher ausgeführt in der Einleitung, Abschnitt 2.

oder im Namen des Staates gegenüber einer passiven ›Gesellschaft‹ perspektiviert werden. Vielmehr erscheinen sie bei näherer Betrachtung als Aushandlungen zwischen vielen Akteuren und Akteurinnen, die ihr Verhältnis zum Staat – als dessen Beamte, als loyale Untertanen, als Bürgerinnen und Bürger mit garantierten Rechten etwa an ihrem Eigentum

Zur Selbstinszenierung in solchen Rollen im Text von Petitionen vgl. Hull: Government of Paper, S. 93–101.

– auf unterschiedliche Arten artikulieren und als Ressource zugunsten ihrer Interessen ausspielen konnten. Der Ausbau der staatlichen Verwaltung und die Durchstaatlichung

Lutz Raphael: Recht und Ordnung. Herrschaft durch Verwaltung im 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2000, S. 23.

vorhandener gesellschaftlicher Räume wurden dabei von manchen aktiv angestrebt, von anderen in Kauf genommen, von wieder anderen eher hintertrieben.

Zu lokalem hinhaltendem Widerstand gegen die Durchsetzung staatlicher Normen vgl. Margareth Lanzinger: »… nach dem altherkömmlichen Gebrauche… Durchstaatlichung mit Hindernissen am Tiroler Beispiel. Konstruktion von Kontinuität in Zeiten des Umbruchs«, in: Ruth Dörner / Norbert Franz / Christine Mayr (Hg.): Lokale Gesellschaften im historischen Vergleich. Europäische Erfahrungen im 19. Jahrhundert, Trier 2001, S. 201–217.

Der Blick auf die lokale Ebene macht deutlich, dass auch für das 19. Jahrhundert bei allem unverkennbaren Willen zum Staatsausbau auf der Regierungsebene auch dem Handeln vieler Menschen Beachtung geschenkt werden muss, die nur am Rande oder gar nicht der Anordnung ›Staat‹ angehörten.

Auch die Formen und Zielrichtungen des Handelns waren so verschieden, dass sie mit der Vorstellung von der Konstruktion des Staates als einem ausschließlich von Eliten betriebenen und durchgesetzten Projekt nicht hinreichend erfasst werden können. Erweiternd sind auch verschiedene andere Arten der Einwirkung von Menschen auf diesen Konstruktionsprozess zu berücksichtigen, zu deren Verständnis hier zwei Forschungskonzepte aus neueren Debatten um Staat und Herrschaft ins Spiel gebracht werden sollen. Zu den Spielarten dieses Handelns gehörten zum einen aktive Mitwirkung oder explizit geäußerte Nachfrage nach der Präsenz und den Leistungen des Staates, die sich als Formen eines ›statebuilding from below‹

Zu diesem Konzept vgl. Holenstein: »Empowering Interactions«. Explizit für die Habsburgermonarchie des 19. Jh. in Anspruch genommen wird es von Judson: Habsburg Empire, S. 5.

beschreiben lassen. Zum anderen gab es allerdings auch Widerstände und Verweigerungen sowie, zwischen ihnen und der aktiven Kooperation gelagert, ein Spektrum mehr oder minder entgegenkommender oder abwartender Haltungen. All das lässt sich wohl am besten erklären, wenn in Anlehnung an Alf Lüdtkes Konzept des ›Eigensinns‹

Alfred Lüdtke: »Geschichte und Eigensinn«, in: Heike Diekwisch et al. (Hg.): Alltagskultur, Subjektivität und Geschichte. Zur Theorie und Praxis von Alltagsgeschichte, Münster 1994, S. 139–153; Alfred Lüdtke: »Einleitung: Herrschaft als soziale Praxis«, in: Alfred Lüdtke (Hg.): Herrschaft als soziale Praxis. Historische und sozial-anthropologische Studien, Göttingen 1991, S. 9–63, hier S. 51–53.

angenommen wird, dass die unterschiedlichen Verhaltensweisen darauf gerichtet waren, lokale Realisierungen der Durchstaatlichung im ›eigenen Sinne‹ der Akteure und Akteurinnen mitzugestalten – was sowohl ihr materielles Interesse als auch eine bessere Kompatibilität mit ihrem subjektiven Verständnis ihrer Lebenswelt meinen kann. Denn die Auswirkungen der Konstruktion der neuen staatlichen Räume der Verwaltung waren vielfältig und betrafen alle oder doch fast alle Menschen, was von vielen auch vorausgesehen wurde.

Wirkungen

Die Effekte, die von der Verwaltungsreform im Allgemeinen und von der Neuordnung der Räume der Verwaltung im Besonderen ausgingen, können hier nur in einigen ihrer wichtigen Aspekte angerissen werden. Der wohl augenfälligste war die schiere quantitative Ausweitung der staatlichen Verwaltungstätigkeit. Dass die Zahl der staatlichen Beamten deutlich stieg, ist bereits angesprochen worden. Die Gesamtkosten der zivilen Verwaltung lagen in den späten 1850er Jahren für die Erzherzogtümer und die Alpenländer im Vergleich zu 1847 um 80 bis 90 Prozent höher, für die böhmischen Länder sogar um etwa 150 Prozent.

Brandt: Neoabsolutismus, Bd. 2, S. 1092.

Der Unterschied ist damit zu erklären, dass in Letzteren die Patrimonialherrschaften offenbar mehr administrative Leistung beigesteuert hatten. Überhaupt ist die Expansion für diesen Zeitraum und für diese Ländergruppen fast gänzlich durch die »Verstaatlichung des patrimonialen Hoheitsbereiches« zu erklären.

Brandt: Neoabsolutismus, Bd. 2, S. 596–597.

Neue oder intensivierte gesetzliche Regelungen diverser Lebensbereiche, aus denen sich zusätzliche Aufgaben für die politischen Behörden erster Instanz ableiteten, traten zwar in den 1850er und 1860er Jahren ebenfalls ein, aber in verhältnismäßig geringem Maße, vor allem verglichen mit der Entwicklung der Jahrzehnte nach 1867.

Hellbling: »Landesverwaltung«, S. 219–228.

Aus der Sicht gerade der ländlichen Bevölkerung dürfte sich also vorerst das Ausmaß der administrativen Ingerenz in ihre Lebenswelt – die Frequenz der Kontakte mit ›dem Amt‹, die Liste der Umstände, die einen solchen Kontakt erforderten, der Einfluss auf ihre Möglichkeiten der Lebensgestaltung – nicht allzu auffallend erhöht haben.

Die Behörden selbst beobachteten den Umfang der eigenen Tätigkeit genau, in erster Linie über die für ihre Aktenführung unerlässlichen Geschäftsbücher.

Michael Hochedlinger: Aktenkunde. Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit, Wien 2009, S. 104–106; Heinrich Otto Meisner: Archivalienkunde vom 16. Jahrhundert bis 1918, Leipzig 1969, S. 204–205.

Die möglichst lückenlose Protokollierung der eingehenden und auslaufenden Schreiben diente vorrangig der Sicherung der Auffindbarkeit des Schriftguts in der Registratur sowie der Übersicht über den Stand von Verfahren und die Wirksamkeit des Verwaltungshandelns.

Cornelia Vismann: Akten. Medientechnik und Recht, Frankfurt am Main 2000, S. 173–174.

Als Nebeneffekt lieferte sie über die laufenden Nummern auch einen quantitativen Überblick der behandelten Geschäftsfälle, der bei den Verwaltungsreformen als Grundlage zur Abschätzung künftigen Personalbedarfs herangezogen wurde.

ÖStA, Allgemeines Verwaltungsarchiv [AVA], Ministerium des Inneren, Präsidiale – Akten [MI PA], Kt. 33, Z. 1360/1853, Statthalterei Wien an Innenministerium, 8. 3. 1853; Z. 3105/1856, Instruktion für Kommissionen zur Untersuchung des Geschäftsumfanges der Bezirksämter.

Erfahrungsgemäßer und erwarteter Geschäftsanfall wurden auch in Entscheidungen über Bezirksgrenzen einbezogen, wenn beispielsweise ein Bezirk durch eine Änderung »auf eine kaum wünschenswerthe Art vergrößert« und damit die Arbeitsbelastung der Bezirksbehörde über ihre Kapazitäten hinaus erhöht worden wäre.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 120–121, Z. 5864/1850, Statthalterei Graz an Gerichtseinführungskommission (Konzept), 26. 4. 1850.

Raumgliederung und Verwaltungsaufgaben wurden so in eine rekursive Beziehung zueinander gesetzt, in der die Personalausstattung und die den Arbeitsanfall mitbedingende Ausdehnung der verwalteten Räume abwechselnd adjustiert wurden, um sie gut aufeinander abzustimmen. Nach Thomas Ellwein ist dies ein notwendiges Merkmal der »›modernen‹ öffentlichen Verwaltung«, deren Organisation an ihren Aufgaben orientiert ist, während die herrschaftliche Verwaltung in ihrer räumlichen wie institutionellen Struktur am patrimonialen Besitz ausgerichtet war.

Ellwein: Staat, Bd. 1, S. 41–43.

Eine ähnliche Rückkopplung trat auch bei vielen anderen Beständen an Wissen über Räume ein, das die Behörden sammelten und nutzten. Einerseits wurde bereits vorliegendes Wissen in großem Umfang verwendet, um die neuen verwalteten Räume abzustecken, insbesondere die von der Militärkonskription erhobenen Bevölkerungszahlen

Zum frühen Konskriptionswesen vgl. Anton Tantner: Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen. Hausnummerierung und Seelenkonskription in der Habsburgermonarchie, Innsbruck 2007. Zur Heranziehung der Bevölkerungsstatistik für Zwecke der Verwaltungseinteilung vgl. Silvana Patriarca: Numbers and Nationhood. Writing Statistics in Nineteenth-Century Italy, Cambridge 1996, S. 189–197.

und die Flächenangaben des Franziszeischen Katasters.

Das mährisch-schlesische Landespräsidium holte von den Katastral-Reklamationsinspektoraten im Februar 1849 Übersichten des Flächeninhalts sämtlicher Gemeinden nach Kreisen ein: MZA, B 95, Kt. 649, fol. 515–624, Z. 1208/1849, 1230/1849, 1240/1849, 1249/1849, 1311/1849. Zum Kataster vgl. Helmut Rumpler: »Das Forschungspotential des Franziszeischen Katasters als Quelle für die Wirtschafts-, Sozial-, Kultur- und Verwaltungsgeschichte«, in: Werner Drobesch (Hg.): Kärnten am Übergang von der Agrar-zur Industriegesellschaft. Fallstudien zur Lage und Leistung der Landwirtschaft auf der Datengrundlage des Franziszeischen Katasters (1823–1844), Klagenfurt 2013, S. 93–112; Werner Drobesch: »Bodenerfassung und Bodenbewertung als Teil einer Staatsmodernisierung. Theresianische Steuerrektifikation, Josephinischer Kataster und Franziszeischer Kataster«, in: Histoire des Alpes 14 (2009), S. 165–183; Andreas Moritsch: »Der Franziszeische Kataster und die dazugehörigen Steuerschätzungs-operate als wirtschafts- und sozialhistorische Quellen«, in: East European Quarterly 3 (1969/70), S. 438–448.

Andererseits ermöglichte die Vereinheitlichung räumlicher Einteilung für die Zukunft eine wesentlich effizientere, besser abgesicherte Erhebung neuen Wissens, stellte etwa das Zensuswesen auf eine viel solidere Basis.

Göderle: Zensus und Ethnizität, S. 80–86, 93–101; vgl. Alain Desrosières: La politique des grands nombres. Histoire de la raison statistique, Paris 1993, S. 43–48.

Um Menschen und Ressourcen erfassen und später auf Basis der Erfassung auf sie zugreifen zu können, mussten sie lokalisiert werden, und dies erforderte die dauerhafte und möglichst einheitliche Fixierung genau bezeichneter, adressierbarer Orte in hierarchisch geordneten, überschneidungsfreien Räumen. Eben dies leistete die Einrichtung der Bezirke und Ortsgemeinden, bei der viele Unstimmigkeiten zwischen den bisher für Kataster und Konskription verwendeten separaten Einteilungen zum Vorschein kamen und daraufhin korrigiert wurden.

OÖLA, LRP, Kt. 122, fol. 514v; StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 409–410, Z. 5003/1851, Kreisregierung Graz an Statthalterei Graz, 8. 4. 1851.

Ein Blick in eine der Ortsübersichten, in welchen die neuen Einteilungen festgehalten wurden, veranschaulicht die Eindeutigkeit der homogenisierten hierarchischen Ordnung: Jede Katastralgemeinde ist genau einer Ortsgemeinde, jede Ortsgemeinde genau einem Gerichtsbezirk zugeordnet (Abb. 2). Die vormärzliche Herrschafts- und Verwaltungsstruktur wäre, zumindest für manche Provinzen, nicht in einem ähnlichen Format darstellbar gewesen. Die neuen verwalteten Räume waren also zugleich Teil und Werkzeug jenes Bestrebens der staatlichen Agenten, das James C. Scott mit »to make a society legible« umschrieben hat,

James C. Scott: Seeing Like a State. How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed, New Haven 1998, S. 2.

und die Generierung und Nutzung von Raumwissen durch die Verwaltung trug erheblich dazu bei, ihre Gegenstände definierend und abgrenzend zu konstituieren, wie sich dies auch für viele andere Tätigkeitsbereiche von Verwaltung zeigen lässt.

Stellvertretend für viele Bereiche, auf die dies zutrifft, sei hier auf Interventionen staatlicher Verwaltung in Arbeitsrecht und Arbeitsmarkt hingewiesen; vgl. Jessica Richter: »What is ›Domestic Service‹ Anyway? Producing Household Labourers in Austria (1918–1938)«, in: Dirk Hoerder / Elise van Nederveen Meerkerk / Silke Neunsinger (Hg.): Towards a Global History of Domestic and Caregiving Workers, Leiden 2015, S. 484–510, hier S. 492–500; Christian Topalov: »The Invention of Unemployment. Language, Classification and Social Reform 1880–1910«, in: Bruno Palier (Hg.): Comparing Social Welfare Systems in Europe, Bd. 1: Oxford Conference. France – United Kingdom, Paris 1995, S. 493–507.

Dieses Raumwissen war auch Voraussetzung für eine Reihe weiterer Praktiken der Aneignung und Kontrolle von Raum, die im Namen des franzisko-josephinischen Staates neu eingeführt oder intensiviert wurden – hier mag etwa die Schaffung der Gendarmerie genannt werden.

Göderle: Zensus und Ethnizität, S. 86–93. Zu den Anfängen der Gendarmerie vgl. Helmut Gebhardt: Die Gendarmerie in der Steiermark von 1850 bis heute, Graz 1997, S. 28–106. Zu Raumwissen und den dadurch eröffneten Steuerungs- und Interventionsmöglichkeiten siehe auch die Beiträge von Rüdiger von Krosigk und von Stefan Couperus et al. in diesem Band.

Abbildung 2

»Verzeichniß der nach dem provisorischen Gesetze vom 17. März 1849 constituirten neuen Ortsgemeinden mit ihrer Zutheilung in die Gerichts- und Steueramts-Bezirke in dem Kronlande Kärnten«, 1851, S. 10–11 (Quelle: StLA, StH alt, Kt. 4, Beilage zu Z. 3727/1851; reproduziert mit Genehmigung des Steiermärkischen Landesarchivs).

Wie wichtig das Wissen um die neue Raumgliederung war, zeigt sich auch an den beträchtlichen Anstrengungen, die zu seiner Verbreitung innerhalb des Behördenapparats und über diesen hinaus unternommen wurden. In der Steiermark beispielsweise wurde die erste Kundmachung der neuen Gerichtseinteilung unter dem Datum des 9. Oktober 1849 »durch die ProvinzialZeitungsblätter allgemein veröffentlicht«.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 97–98, 101.

Anfang 1850 wurde dann gleichzeitig mit der Kundmachung über die Aktivierung der neuen politischen Behörden eine »Darstellung der administrativen Eintheilung des Kronlandes«, also ein Verzeichnis sämtlicher Gemeinden mit Zuordnung zu Bezirksgerichten und Bezirkshauptmannschaften, an alle Ämter im Kronland verteilt. Auf Aufforderung des Innenministeriums wurden wenig später zehn Exemplare an dieses, an die Statthaltereien der übrigen Kronländer ebenfalls jeweils einige gesendet.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 14, 17–19, Z. 445/1850, Statthalterei Graz an Innenministerium (Konzept), 29. 1. 1850.

Der Statthalter von Mähren, Leopold Graf von Lažansky, befand allerdings die empfangenen zehn Stück für bei weitem ungenügend und bat um weitere 190 für die Behörden in seinem Land; unter Verweis auf die Kosten für das Ärar fertigte ihn sein Grazer Kollege Friedrich Freiherr von Burger mit 35 Exemplaren ab.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 37, 42, Z. 1805/1850, Statthalterei Graz an Statthalterei Brno (Konzept), 18. 2. 1850.

Da jedoch die Konstituierung von Ortsgemeinden nach dem Gemeindegesetz von 1849 noch nicht abgeschlossen war, wurden diese Verzeichnisse bald hinfällig. Im Oktober wurde eine neue Übersicht in 5000 Exemplaren gedruckt, wovon etwa 2750 im Land verteilt wurden, während weitere 1940 an Behörden in Wien und in den übrigen Kronländern gingen. Für die Ministerien gab es auch besondere »Prachtexemplare«, jeweils ein Stück.

StLA, StH alt, Kt. 3, fol. 309–310, Z. 12404/1850, Statthalterei Graz an Innenministerium und zahlreiche weitere Behörden (Konzept), 13. 10. 1850.

Einen ganzen Archivkarton füllen die Akten über die in Graz eingelangten entsprechenden Übersichten für andere Kronländer, denen je ein Exemplar der voluminösen Drucke beiliegt. Hier finden sich auch einige Urgenzen steirischer Mittel- und Unterbehörden, die dringend zu wissen verlangten, mit welchen Stellen im Rest der Monarchie sie vor allem in Pass- und Wanderbuchangelegenheiten zu korrespondieren hatten.

StLA, StH alt, Kt. 4, Z. 467/1850 mit Folgeakten; als Beispiel für die erwähnten Urgenzen etwa Z. 1720/1850, Bezirkshauptmannschaft Graz an Kreisregierung Graz, 11. 2. 1850. Zum Passwesen in der Habsburgermonarchie vgl. Georg Christoph Berger Waldenegg: »Fremde im eigenen Land? Die Neuordnung des österreichischen Paßwesens während des Neoabsolutismus«, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 111 (2003), S. 146–184; Hannelore Burger: »Paßwesen und Staatsbürgerschaft«, in: Waltraud Heindl et al. (Hg.): Grenze und Staat. Paßwesen, Staatsbürgerschaft, Heimatrecht und Fremdengesetzgebung in der österreichischen Monarchie 1750–1867, Wien 2000, S. 1–172, hier S. 3–87.

Diese Aktivitäten machen deutlich, dass der Behördenapparat in der Habsburgermonarchie – wie in jedem größeren Staat – nicht zuletzt ein gewaltiges Kommunikationsnetz bildete, ein System der Nachrichtenübermittlung und der Publikation, das die Teilräume zu einem großen Raum des Staates zu verklammern half. Die angestrebte einheitliche Verwaltungspraxis über möglichst sämtliche Gebiete der Habsburgermonarchie hinweg erforderte einen gemeinsamen Informationsstand, eine geteilte Gegenwart, deren Herstellung von der Geschwindigkeit, Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit der Weitergabe von Nachrichten abhängig war.

Kirsty Rolfe: »Probable Pasts and Possible Futures. Contemporaneity and the Consumption of News in the 1620s«, in: Media History 23 (2017), S. 159–176; Achim Landwehr: Geburt der Gegenwart. Eine Geschichte der Zeit im 17. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2014, S. 153–164.

Zu den Voraussetzungen der gewünschten Homogenisierung des Staats-Raumes zählte also eine verbesserte Synchronisierung. Die räumliche Neuordnung im Sinne größerer Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit kann auch in dieser Hinsicht als unterstützendes Moment angesprochen werden; zugleich bedingte der Verwaltungsausbau gesteigerte Ansprüche, welche sichtlich nicht sofort reibungslos befriedigt werden konnten. In technischer Hinsicht waren die Behörden noch in der Hauptsache auf die Post, das kommunikationstechnische Standbein frühmoderner Staatlichkeit, angewiesen;

Patrick Joyce: The State of Freedom: A Social History of the British State since 1800, Cambridge 2013, S. 53–143.

die neuen Technologien der Eisenbahn und der Telegraphie genossen zwar reges Interesse und aktive Förderung von staatlicher Seite, beschränkten sich aber vorerst eher auf einige wenige Hauptachsen, als dass sie engmaschige Netze ausgebildet und das Staatsgebiet in der Fläche erschlossen hätten.

Herbert Matis: »Staat und Industrialisierung im Neoabsolutismus«, in: Harm-Hinrich Brandt (Hg.): Der österreichische Neoabsolutismus als Verfassungs- und Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochenbegriff, Wien 2014, S. 169–188, hier S. 179–181; Franz Pichler: Elektrisches Schreiben in die Ferne. Die Telegraphie in Österreich. Technische Entwicklung 1846–1906, Linz 2007, S. 41–43, 70–73; Brandt: Neoabsolutismus, Bd. 1, S. 315–326, 351–359. Zur Rolle der Telegraphie für staatliche Herrschaft vgl. Wenzlhuemer: Connecting, S. 77–84; Wolfgang Foit / Rudolf Seising: »Telegraphie und Herrschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts«, in: Ralf Pröve / Norbert Winnige (Hg.): Wissen ist Macht. Herrschaft und Kommunikation in Brandenburg-Preußen 1600–1850, Berlin 2001, S. 229–252. Zur raumbildenden Wirkung der Eisenbahn siehe auch den Beitrag von Nadja Weck in diesem Band.

Ihre Existenz und ihre Interaktion miteinander erforderten und ermöglichten die ersten wirksamen Schritte zur Standardisierung der Zeitmessung,

Milan Hlavačka: »Frühes Eisenbahnwesen und Technologietransfer in den böhmischen Ländern und in der Habsburgermonarchie 1837–1842«, in: Günter Dinhobl (Hg.): Eisenbahn/Kultur, Wien 2004, S. 263–282, hier S. 280–281; Gerhard Dohrn-van Rossum: Die Geschichte der Stunde. Uhren und moderne Zeitordnung, München 1992, S. 318321; David S. Landes: Revolution in Time. Clocks and the Making of the Modern World, Cambridge (Massachusetts) 1983, S. 285–287.

die in der Habsburgermonarchie freilich erst im beginnenden 20. Jahrhundert mit der Einführung der Mitteleuropäischen Zonenzeit zum Abschluss gelangen sollte.

Vanessa Ogle: The Global Transformation of Time 1870–1950, Cambridge (Massachusetts) 2015, S. 27–32; Peter Payer: Die synchronisierte Stadt. Öffentliche Uhren und Zeitwahrnehmung, Wien 1850 bis heute, Wien 2015, S. 73–76.

Ein besonders wichtiger Gegenstand der staatlichen Kommunikation waren rechtliche Normen verschiedener Ebenen. Wenn Rechtsräume als räumliche Geltungsbereiche von Recht zu verstehen sind, dann setzen sie nicht nur einen einheitlichen Normenbestand, sondern auch dessen Bekanntheit innerhalb ihrer Grenzen voraus. Nicht zufällig erfolgte gleichzeitig mit den ersten Schritten der postrevolutionären Verwaltungsreformen 1849 – im Vergleich mit anderen deutschen und europäischen Staaten recht spät

Pascale Cancik: Verwaltung und Öffentlichkeit in Preußen. Kommunikation durch Publikation und Beteiligungsverfahren im Recht der Reformzeit, Tübingen 2007, S. 67–109; Stefan Haas: Die Kultur der Verwaltung. Die Umsetzung der preußischen Reformen 1800–1848, Frankfurt am Main 2005, S. 275–288; Timo Holzborn: Die Geschichte der Gesetzespublikation – insbesondere von den Anfängen des Buchdrucks um 1450 bis zur Einführung von Gesetzesblättern im 19. Jahrhundert, Berlin 2003, S. 149–164. Siehe auch den Beitrag von Stefan Couperus et al. in diesem Band.

– die Einführung von Gesetzblättern für den Gesamtstaat und für die einzelnen Kronländer.

Walter: Zentralverwaltung, Abt. 3, Bd. 1, S. 344–345.

Auch für ihre Dissemination war das Netz der staatlichen Behörden ein entscheidender Träger, und auch hier kam es in den ersten Jahren offenbar zu beträchtlichen Schwierigkeiten der Implementation: Während der frühen 1850er Jahre klagten Lokalbehörden immer wieder über verspätete, ausbleibende oder falsch adressierte Auslieferung.

StLA, StH alt, Kt. 2, Z. 99/1850 und Folgeakten.

Nicht zuletzt bewirkte der Ausbau der staatlichen Behörden neue Gelegenheiten und zugleich eine gesteigerte Notwendigkeit, die Präsenz und Regelungsmacht des Staates in den lokalen Räumen symbolisch und performativ erfahrbar zu machen. Die neuen Verwaltungsräume wurden durch Hoheitszeichen wie das Wappen an den Aushängetafeln, deren Gebrauch durch kaiserliche Entschließung genau geregelt war, als staatlich markiert.

OÖLA, Statthalterei Präsidium [StHP], Kt. 516, Z. 5100/Pr/1855, Innenministerium an Statthalterei Linz, 4. 10. 1855.

Porträts des Kaisers in den Amtsräumen scheinen hingegen anfangs noch optional gewesen zu sein.

Die detaillierten Inventare der mährischen Bezirksbehörden kurz vor der Umwandlung in gemischte Bezirksämter weisen nur in wenigen Fällen Porträts nach. Etwa besaß von den Behörden im politischen Bezirk Valašské Meziříčí (Walachisch Meseritsch) nur das Bezirksgericht in Rožnov pod Radhoštem (Rosenau) ein Kaiserbildnis, hingegen Bezirkshauptmannschaft, Steuer-Unterinspektorat, Kollegialgericht sowie ein weiteres Bezirksgericht keine: MZA, B 13, Kt. 1821, fol. 1–32, Z. 1307/1854, Bezirkshauptmannschaft Valasske Meziffci an Kreisregierung Olomouc, 27. 1. 1854. Andere Bezirke bieten ein ähnliches Bild. Das niederösterreichische Bezirksgericht Pottenstein besaß ein »Brustbild Seiner k. k. apostolischen Majestät in Goldrahmen«, das ihm die dortige Marktgemeinde »zur schönsten und erhabensten Zierde des Gerichtssaales« geschenkt hatte: NÖLA, OC, Kt. 34, Fasz. 3, Nr. 108/3, Gemeinde Pottenstein an Innenministerium, 12. 2. 1853.

Aber auch die neuen verwalteten Räume wurden sichtbar ausgewiesen, nämlich durch die Anbringung von »Ortschaftstafeln«, auf denen die Zugehörigkeit zu Bezirken und Gemeinden vermerkt war. Auf die Aktualisierung dieser Tafeln wurde nach der Reform von 1854 intensiv gedrungen.

OÖLA, StHP, Kt. 516, Z. 4113/Pr/1855, Statthalterei Linz an die Kreisregierungen und Bezirksämter in Oberösterreich (Konzept), 25. 8. 1855.

Solche Marker wirkten einerseits als Referenten im Sinne von Bruno Latours Konzept der zirkulierenden Referenz‹,

Bruno Latour: Pandora’s Hope. Essays on the Reality of Science Studies, Cambridge (Massachusetts) 1999, S. 24–79; Bruno Latour: »The ›Pédofil‹ of Boa Vista. A Photo-Philosophical Montage«, in: Common Knowledge 4 (1995), S. 144–187.

indem sie das Wissen des Staates über seine Räume an materiellen Orten fest und somit auf diese rückführbar machten;

Göderle: Zensus und Ethnizität, S. 99.

sie manifestierten andererseits auch für die Bevölkerung sichtbar, dass es der Staat war, dem die Definitionsmacht über die Ordnung der Räume zukam.

Die Präsenz des Staates in den lokalen Räumen verkörperten – im wörtlichen Sinne – auch die Beamten selbst, denen im Gegensatz zum Vormärz das Tragen von Uniformen nun verpflichtend vorgeschrieben wurde.

Deak: Forging a Multinational State, S. 125; Megner: Beamte, S. 240–242. Zur Signifikanz der Beamtenuniform vgl. Haas: Kultur der Verwaltung, S. 353–395; Stefan Haas: »Im Kleid der Macht. Symbolische Kommunikation und Herrschaft in der preußischen Verwaltung des 19. Jahrhunderts«, in: Ralf Pröve / Norbert Winnige (Hg.): Wissen ist Macht. Herrschaft und Kommunikation in Brandenburg-Preußen 1600–1850, Berlin 2001, S. 137–155.

Das Verhältnis zwischen Staat und ›Gesellschaft‹ mit seiner ganzen Spannung zwischen Einbettung und Heraushebung war daran abzulesen, an welchen Orten und in welcher relativen Position gegenüber anderen sie auftraten: hinter der Schranke im Verwaltungsraum, aber auch bei ihren Reisen durch den verwalteten Raum. Wie lebhaft dies empfunden wurde, zeigt sich sinnfällig an den gelegentlich aufbrechenden Konflikten um die Stelle, an der die Staatsbeamten in der Fronleichnamsprozession gehen sollten. Beispielsweise kam es in der oberösterreichischen Stadt Steyr 1860 zu »Unzukömmlichkeiten« an diesem Fest, welche die Anrufung der Statthalterei und des Innenministeriums durch das Bezirksamt herbeiführten; in Reaktion auf das ungebührliche »Benehmen des Bürgermeisters« empfahl die Statthalterei, die alleinige Kompetenz des Bezirksvorstandes zur Einladung der Behörden zu den Festlichkeiten und zur »Entgegennahme« der dem Landesfürsten zustehenden Akte der Ehrerbietung festzustellen. Sie verwies unter anderem darauf, dass sich der »landesfürstlich[e] Karakter« des Bezirksamtes »durch die Staats-Uniform und ihre Distinktionen sinnlich dargestellt« zeige. Das Innenministerium folgte in seiner Entscheidung diesen Vorschlägen der Statthalterei.

ÖStA, AVA, MI PA, Kt. 61, Z. 2376/1860, Statthalterei Linz an Innenministerium, 15. 7. 1860. Zu ähnlichen Fällen vgl. Deak: Forging a Multinational State, S. 231–232.

Alle diese Effekte der Neuordnung und Präzisierung von Räumen der Verwaltung auf den mittleren und unteren Ebenen blieben schließlich nicht ohne Rückwirkung auf den Raum des Staates insgesamt und die Arten, wie dieser Raum vorgestellt werden konnte. Der Abbau lokaler Besonderheiten, die Herstellung möglichster Eindeutigkeit und Überschaubarkeit der Gliederung, die Vermehrung und Standardisierung von Raumwissen, die beschleunigte kommunikative Vernetzung und die Förderung des Bewusstseins der Staatszugehörigkeit durch Symbole und Inszenierungen trugen alle dazu bei, den Raum des Habsburgerstaates der Idealvorstellung vom ›Territorium‹ näher zu bringen, das nach außen abgeschlossen sowie nach innen homogen imaginiert wurde und innerhalb dessen die Regelungsmacht des Staates sowohl ausschließlich als auch einheitlich gelten sollte.

Siehe Einleitung, Abschnitt 2.

Der Raum des Staates wurde – endgültig spätestens ab dem Gemeindegesetz von 1862 – »lückenlos« in dem Sinne, dass jeder Fußbreit seines Bodens eine eindeutige Zuordnung innerhalb des hierarchischen Systems räumlicher Gliederung hatte.

Göderle: Zensus und Ethnizität, S. 104.

Es wurde dementsprechend leichter, ihn als ein Ganzes zu denken und ihn auch als Fläche, etwa im Kartenbild, darzustellen.

Die vormärzliche Gliederung auf Basis der Grundherrschaften war in manchen Regionen so kleinteilig und kompliziert gewesen, dass sie sich einer kartographischen Darstellung entzog, wie Josef Löffler in seinem Beitrag in diesem Band zeigt.

Schluss

Dieser Beitrag versteht sich als Problemaufriss, dessen Zweck eher darin liegt, Richtungen für künftige Forschung anzudeuten als eine eingangs präzise formulierte Forschungsfrage klipp und klar zu beantworten. Aus den gesammelten Beobachtungen lassen sich allerdings doch einige zusammenfassende Bemerkungen ableiten, die hier abschließend vorgebracht werden.

Erstens hat sich die räumliche Perspektive – die in vielen Arbeiten zur Verwaltungsreform keine große Rolle spielt – bereits durch die knappen hier möglichen Andeutungen als ergiebig erwiesen. Es konnten verschiedene Arten von Räumen namhaft gemacht werden, in denen der Staat – verstanden als Anordnung jener Menschen, Orte und Dinge, die in besonderem Maße ihm zugeordnet waren oder wurden – seine Präsenz und Aktivität ausbaute. Manche dieser Räume wurden dabei und dazu überhaupt erst konstituiert, insbesondere die beiden Gruppen, die im Vorangegangenen vor allem in den Blick genommen wurden: Bezirke als verwaltete Räume sowie Amtsgebäude und Kanzleien als Verwaltungsräume. Auch die Konstituierung des Staates selbst als Raum wurde weiterentwickelt, sowohl im Hinblick auf die Konstruktion eines nach außen geschlossenen und nach innen homogenen ›Territoriums‹ als auch auf die Markierung des Staates als herausgehobener Sonderraum gegenüber der ›Gesellschaft‹.

Die Tätigkeit der Verwaltung erscheint in dieser Hinsicht als die Handhabung einer Grenze mit der Doppelfunktion der gleichzeitigen Scheidung und Verklammerung verschiedener Räume. Die Räume der Verwaltung bestehen aus Verwaltungsraum und verwaltetem Raum, deren hierarchisierte Unterschiedlichkeit jedes Mal performativ aktualisiert wird, wenn etwas – ein Mensch, ein Schriftstück, ein Sprechakt – die Schranke zwischen ihnen überschreitet. Das gilt auf den kleinen wie den großen Ebenen, die Interaktion zwischen Beamten und ›Parteien‹ in der Amtskanzlei über eine bauliche Barriere hinweg ist in diesem Sinne parallel zum Verhältnis des Bezirksamtes zu seinem Bezirk und zu jenem des ›Staates‹ zur ›Gesellschaft‹. Die konkreten Interaktionen auf der lokalen Ebene spiegeln dabei nicht nur die Verhältnisse im Großen, sondern konstituieren sie erst; einen oder gar ›den Staat‹ gegenüber und oberhalb ›der Gesellschaft könnte es gar nicht geben ohne unzählige einzelne Kontakte zwischen einzelnen Menschen, unter denen die zwischen Beamten und den von ihnen Verwalteten einen wichtigen Anteil ausmachen. Das hätte gewiss weder Reichsratspräsident Kübeck noch irgendein Funktionär der neoabsolutistischen Habsburgermonarchie so gesehen oder formuliert, aber ein Bewusstsein für derartige Zusammenhänge spricht aus den eingangs zitierten Worten von den Bezirksbehörden als den wichtigsten Organen‹, welche die unmittelbarsten Beziehungen zwischen Behörden und Bevölkerung führten.

Der Mehrwert der räumlichen Perspektive ist in erster Linie ein heuristischer: Ihr konsequent nachgehen, heißt bekannte Dinge neu denken, Sachverhalte genauer in den Blick nehmen, die bislang unproblematisch oder selbstverständlich erschienen, ein verändertes Vokabular und entsprechend umgestellte Deutungsraster auf die Beschreibung von Phänomenen anwenden. Die Resultate sind mehr als nur Altbekanntes in neuem sprachlichem und metaphorischem Gewand: Zumindest in einigen Punkten macht eine Neuvermessung aus anderer Perspektive Zusammenhänge, Parallelen oder Ähnlichkeiten sichtbar, die »den bisherigen Beschreibungen entgangen« sind.

Bretschneider / Duhamelle: »Fraktalität«, S. 711. Einen solchen erkenntnisfördernden Effekt räumt auch Thomas Mergel ein, der zugleich aber auch vor Gefahren der Beschreibung in räumlichen Metaphern warnt; vgl. Thomas Mergel: »Kulturgeschichte – die neue ›große Erzählung‹? Wissenssoziologische Bemerkungen zur Konzeptualisierung sozialer Wirklichkeit in der Geschichtswissenschaft«, in: Wolfgang Hardtwig / Hans-Ulrich Wehler (Hg.): Kulturgeschichte Heute, Göttingen 1996, S. 41–77, hier S. 71–72.

Die räumliche Perspektive ist mithin auch in der Hinsicht Teil einer breiteren kulturgeschichtlichen Strömung, als sie ein Instrument der gewollten Verfremdung ist, eine »Perspektive der Fremdheit«, die ihre Betrachtungsgegenstände »zunächst einmal grundsätzlich als deutungsbedürftig wahrnimmt« – was als das zentrale Merkmal der neuen Kulturgeschichte beschrieben worden ist.

Barbara Stollberg-Rilinger: »Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Einleitung«, in: Barbara Stollberg-Rilinger (Hg.): Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, Berlin 2005, S. 9–24, hier S. 12. Zur grundlegenden Wichtigkeit der Zerstörung scheinbarer Selbstverständlichkeiten weiters Ute Daniel: Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter, Frankfurt am Main 2001, S. 148, 170, 381.

Zudem lässt sich die Frage nach Räumen, wie in diesem Beitrag nur angedeutet werden konnte, gut mit anderen Heuristiken kulturhistorisch orientierter Forschung in produktive Verbindung setzen, etwa mit der Erforschung der Verwaltung unter dem Aspekt des Wissens und der Informationsverarbeitung, unter dem des Verhältnisses von Normsetzung und Implementation, dem der Kommunikation und der Sprache, dem der Performanz oder dem Genderaspekt.

Zweitens zeigt der Blick auf kleinere und kleinste Räume der Verwaltung, dass Fragen nach Reichweite und Erfolg der Verwaltungsreform in vorsichtiger Abwägung zu klären sind. Neben Einschnitten von profunder Wirkung zeigen sich wichtige Kontinuitäten; der Wille zur Vereinheitlichung wurde in der Praxis durch bewusste Rücksichten auf lokale Verhältnisse ebenso in seiner Wirkung abgemildert wie durch die beschränkte Kapazität ökonomischer und technischer Mittel – die missliche Lage der Staatsfinanzen, die Mängel des Straßennetzes, den noch geringen Ausbaustand von Eisenbahn und Telegraphie, die nicht immer hinreichende Verfügbarkeit von Druckerpressen. Neue Räume wurden konstituiert, manche bestehenden überschrieben oder verändert, aber diese Neuerungen wurden in ein vielschichtiges Gefüge nebeneinander existierender oder einander überlagernder räumlicher Ordnungen eingepasst, zu denen unter anderem die Verteilung von Siedlungen, Einzugsbereiche von Warenmärkten und Dienstleistungseinrichtungen, Verkehrs- und Kommunikationsnetze oder Pfarrsprengel zählten. Der Zuschnitt der neuen Räume der Verwaltung konnte zwar dieses Gefüge in seiner weiteren Entwicklung maßgeblich beeinflussen, doch war es weder erwünscht noch möglich, mit ihm gänzlich zu brechen.

Drittens – und in enger Verbindung damit – ist deutlich geworden, dass sehr viele und sehr verschiedene Akteure und Akteurinnen, vom Kaiser und seinen Innenministern bis hin zur Vermieterin eines Bauernhauses, sich an diesen Vorgängen der Konstituierung von Räumen beteiligten und bei ihrer Analyse berücksichtigt werden müssen. Sie brachten unterschiedliche Wissensbestände, Ressourcen und Machtmittel in die Aushandlungsprozesse ein, in denen ihre Interessen und Ziele wie überhaupt der ›Eigen-Sinn‹, den sie fremdem und eigenem Tun und Sprechen gaben, situativ in diversen Konstellationen konvergierten oder divergierten. Dennoch übten alle ihre Beiträge, und nicht nur Gesetze und Ministerialerlässe, im Einzelfall spürbare und teils durchaus nachhaltige Einflüsse auf Verlauf und Ergebnisse der Reformen aus. Wenn etwa ein Bezirksamt in einer Kleinstadt und nicht in einer anderen eingerichtet wurde, weil eine Gemeinde ein Gebäude kostenlos zur Verfügung stellte, die andere dazu nicht gewillt oder in der Lage war, dann konnte damit eine Festlegung auf Jahrzehnte hinaus getroffen sein – mit substantiellen Auswirkungen nicht nur auf den Zugang der jeweiligen Einwohner und Einwohnerinnen zur Verwaltung, sondern möglicherweise auch auf die lokale Wirtschaftsentwicklung, das kommunalpolitische Geschehen, den künftigen Ausbau von Verkehrsverbindungen und vieles mehr. Fördernde wie hemmende Einflüsse auf den Ausbau der Staatlichkeit kamen also in signifikantem Maße ›from below‹, und mit ständigem Blick darauf wird der Übergang von patrimonialer zu staatlicher Bezirksverwaltung zu untersuchen sein, wenn ein möglichst adäquates Verständnis seiner Bedeutung für das Verhältnis von Staat, Verwaltung und Bevölkerung erreicht werden soll. Ein solches Verständnis bietet keine unmittelbaren Antworten auf die eingangs erwähnten, weiterhin kontroversen Fragen nach habsburgischer Staatlichkeit im Spannungsfeld zwischen ›Nationalitäten‹ und Imperialität; eher liefert es wichtige Anhaltspunkte zu deren Relativierung. Es verdeutlicht nicht nur, wie breit die Beteiligung an der Konstruktion und der alltäglichen Aufrechterhaltung der Staatlichkeit war, sondern zeigt auch ein komplexes und situativ variables Verhältnis zwischen ordnenden und homogenisierenden Eingriffen einerseits und der Bewahrung, Nutzung, ja sogar einer gezielten Weiterentwicklung von Heterogenität andererseits. Die Heterogenität der Menschen und der Räume in der Monarchie erweist sich dabei als pluridimensional; viele ihrer Aspekte hatten mit ›Nationalität‹ nichts zu tun und entfalteten doch nachhaltige Wirkungen.

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