Zu den Nikotin-/Tabakprodukten der nächsten Generation (NGP) gehören elektronische Zigaretten (ECs), erhitzte Tabakerzeugnisse (HTPs), orale Nikotinbeutel (NPs) und rauchlose Tabakprodukte (SLTs, insbesondere Snus). Diese Produkte enthalten in der Regel Nikotin und sollen klassische Zigaretten ersetzen, sie können daher als Produkte zur Risikoreduzierung beim Tabakkonsum betrachtet werden. Um dieser Rolle gerecht zu werden, ist es wichtig, dass Nikotin, das nachweislich abhängig macht, bei chronischem Konsum nicht kausal mit Gesundheitsrisiken verbunden ist.
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, die wissenschaftliche Literatur auszuwerten, um die Frage zu beantworten, ob Nikotin bei akutem, kurz-, mittel- und langfristigen Konsum von NGPs an der Entstehung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Störungen im Zusammenhang von NGPs beteiligt ist.
Entsprechende Ergebnisse aus Studien mit Nikotinersatztherapieprodukten (Kaugummi, Pflaster, Inhalatoren, Lutschtabletten) werden als Vergleichsgrundlage für die Beurteilung von gesundheitlichen Auswirkungen von NGPs herangezogen.
Darüber hinaus werden Vorschläge zur Schließung identifizierter Lücken und zur Vermeidung oder Minimierung von Einschränkungen und Schwächen im Studiendesign gemacht.
Literaturdatenbanken wie MEDLINE, Google Scholar und eine hauseigene ABF-Datenbank (mit etwa 180.000 Artikeln) wurden nach relevanten Artikeln durchsucht. Darüber hinaus wurden einschlägige Monographien (z. B. die US Surgeon General Reports) und aktuelle Übersichtsarbeiten nach weiteren Veröffentlichungen durchsucht. Einschlusskriterien waren: alle Humanstudien, die den Zusammenhang zwischen dem (vorzugsweise chronischen) Konsum der oben genannten Nikotin-/Tabakprodukte und gesundheitlichen Auswirkungen, einschließ-lich Krankheiten, Störungen und Veränderungen der Biomarker für biologische Wirkungen (BOBEs), untersuchen.
Berücksichtigt wurden auch
Insgesamt wurden 183 Humanstudien ausgewertet, wobei Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) an erster Stelle stehen (N = 75 Studien), gefolgt von Atemwegserkrankungen (43), gesundheitlichen Störungen in der Mundhöhle (23), Krebs (10), metabolischem Syndrom (7), Fortpflanzungsstörungen (5) und verschiedenen anderen Krankheiten (< 5).
Die meisten Studien liefern keine Beweise für eine Beteiligung von Nikotin an der Pathogenese. Einige (schwache) Hinweise deuten darauf hin, dass Nikotin an einigen CVD-relevanten Effekten und am metabolischen Syndrom beteiligt sein könnte. Dies wird auch durch Ergebnisse aus Tier- und
Humanstudien zeigten einige schwerwiegende Schwächen hinsichtlich des Studiendesigns und Einschränkungen hinsichtlich des Zeitpunkts der Verfügbarkeit von NGPs auf dem Markt.
Ein schwerwiegender Mangel ist die unzureichende Berücksichtigung des Dualgebrauchs (NGP + CC), insbesondere in Studien zum chronischen Gebrauch, was zu fälschlicherweise erhöhten Risiken für NGP mit direkten Folgen auch für die Rolle von Nikotin geführt haben könnte. Darüber hinaus haben frühere Auswirkungen des Zigarettenrauchens einen Einfluss. Beide Umstände könnten zu ungenauen Schlussfolgerungen in Bezug auf erhöhte Risikowerte geführt haben, was Änderungen im Methodendesign erfordert. Für künftige Studien werden Vorschläge für methodische Verbesserungen gemacht.
Eine abschließende Bewertung der Rolle von Nikotin bei der Entwicklung von Krankheiten bei NGP-Konsumenten ist derzeit nicht möglich, da die Dauer des Konsums zu kurz ist. Bei chronischen Studien wird häufig nicht ausreichend zwischen dem ausschließlichen Konsum von NGPs und dem gleichzeitigen Konsum mit Zigaretten (CCs) unterschieden, was das beobachtete Gesundheitsrisiko fälschlicherweise erhöhen kann.
Es gibt einige begrenzte Hinweise darauf, dass Nikotin an CVD-bezogenen Effekten beteiligt sein könnte, was jedoch noch in gut kontrollierten Langzeitstudien überprüft werden muss. Auch die mögliche Beteiligung von Nikotin an anderen Pathomechanismen muss weiter erforscht werden.