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How can problem-based learning be realised in blended learning format? Contribution to the HoGe conference 2018 „Digital learning and teaching“ / Wie kann problembasiertes Lernen im Blended-Learning-Format umgesetzt werden? Beitrag zur HoGe–Tagung 2018 „Digitales Lernen und Lehren“


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Einleitung und Fragestellung

Auf die wachsenden Anforderungen in den Berufsfeldern der Gesundheit und insbesondere im eHealth-Bereich können sich Studierende durch gezielten Einsatz von mediengestützten Unterrichts-Settings schon in der Ausbildung vorbereiten. Besondere Bedeutung hat dabei »der integrierte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zur Gestaltung, Unterstützung und Vernetzung aller Prozesse und Teilnehmer im Gesundheitswesen« (eHealth Schweiz, 2009, S. 21). Problembasiertes Lernen (PBL) bietet eine Basis, die vielfältiges und nachhaltiges Lernen unterstützt. Die Careum-Stiftung hat sich mit vier Schweizer Bildungszentren

Careum-Bildungszentrum Zürich (CBZ), Bildungszentrum Gesundheit und Soziales St. Gallen (BZGS), Bildungszentrum Sarganserland (BZSL) und Bildungszentrum Gesundheit und Soziales Chur (BGS)

zu einem Curriculumverbund zusammengeschlossen. Der Careum-Curriculumverbund fördert Innovationen von PBL in den Gesundheitsberufen und setzt seit 2004 ein gemeinsames, auf PBL basierendes pädagogisches Konzept (Careum-Bildungsentwicklung, 2018) erfolgreich um. Der Verbund pflegt die PBL-Umsetzung in Anlehnung an das McMaster-Modell (Barrows & Tamblyn, 1980) als Gesamtkonzept in der Umsetzung mit der Siebensprung- und der Skills-Lab-Methode (erweitertes Cognitve Apprenticeship Model). Erfahrungen zur Entwicklung von Curricula in Pflege, Biomedizinischer Analytik, Operationstechnik, Medizinisch-technischer Radiologie sowie Dentalhygiene und zu den entsprechenden Lern-/Lehrmitteln können ausgetauscht werden (Schroeder, 2016). Die eingesetzten Lern-/Lehrmittel werden seit Beginn von der Careum-Bildungsentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Careum-Verlag und in Kooperation mit den vier Bildungszentren aktualisiert und weiterentwickelt. Ein gemeinsames Learning Management System (LMS) auf der Basis von OLAT sowie Erfahrungen mit Blended Learning und Einsatz von digitalen Medien bestehen seit einigen Jahren.

PBL ist eine Lehrmethode, die sich am gemäßigten Konstruktivismus orientiert (Savery & Duffy, 1995) und selbstgesteuertes Lernen fördert. Verschiedene Untersuchungen kommen zum Ergebnis, dass PBL im Umfeld der höheren Bildungsstufen im Vergleich mit dem klassischen Unterricht als gleichwertig zu betrachten ist (Khoshnevisasl, Sadeghzadeh, Mazloomzadeh, Hashemi Feshareki, & Ahmadiafshar, 2014). Die Vorteile des PBL-Ansatzes liegen hierbei in der Förderung von Kommunikationsfähigkeit, der Teamarbeit und der Entwicklung von Lernstrategien, die dem lebenslangen Lernen dienen (Lycke, Grøttum, & Strømsø, 2006; Mennin, Gordan, Majoor, & Osman, 2003). Die Studierenden werden darin unterstützt, für professionelles Handeln vernetzt und analytisch zu denken und zu reflektieren. Die Lerneinheiten werden mit Tutoraten und Skills-Trainings als Vorbereitung für das Praxisfeld kombiniert durchgeführt. Im Folgenden wird das Tutorat näher dargestellt:

Die Studierenden bilden im Rahmen des problembasierten Lernens zu definierten Einheiten Tutoratsgruppen von zehn bis 16 Personen und bearbeiten ein Problem aus ihrem beruflichen Kontext. Pro Woche werden üblicherweise zwei Problemfälle bearbeitet. Der Prozess wird von einer Lehrperson (Tutor/-in) begleitet, ohne dass die Einheit normativ mittels vorgegebener Informationen angeleitet wird. Die in Anlehnung an das McMaster-Modell verwendete Siebensprung-Methode beinhaltet folgende Schritte:

Schritt 1 – Überblick verschaffen: Der Fall wird vorgestellt und unbekannte Begriffe werden besprochen.

Schritt 2 – Problemdefinition: Die Gruppe definiert das grundlegende Thema.

Schritt 3 – Brainstorming: Die Studierenden sammeln Ideen.

Schritt 4 – Bildung der Hypothese: Die Ergebnisse des Brainstormings werden zu einer Arbeitshypothese geformt.

Schritt 5 – Definition von Lernzielen: Die Studierenden definieren umschriebene Lerngegenstände, um vertieftes Wissen zu gewinnen, die den Kern des Problems ausmachen.

Schritt 6 – Selbststudium: Die Studierenden erwerben das notwendige Wissen selbst oder in Kooperation mit den Mitstudierenden.

Schritt 7 – Synthese: Die Ergebnisse werden innerhalb der Gruppe präsentiert und der Fall wird auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse erneut aufgegriffen (Schmidt, 1983).

Das Modellcurriculum der Careum-Stiftung sieht in der Umsetzung der Siebensprung-Methode vor, dass die Studierenden während des Tutorats verschiedene Rollen einnehmen. Eine Person fungiert während den Gruppenphasen als Gesprächsleiter/-in, welche die Verantwortung über die Einhaltung der einzelnen Lernschritte sowie das Zeitmanagement hat. Diese Person wird bei Bedarf durch den/die Tutor/-in unterstützt. Eine Person protokolliert die Beiträge der Gruppe und hält die wichtigsten Inhalte fest. Eine weitere Rolle fällt auf die Gruppen selber. Die Gruppenmitglieder bereiten sich auf das Gruppentreffen vor und tragen die Verantwortung für die Bearbeitung und den Gruppenprozess (Urfer, 2010, S. 14). Müller Werder (2013, S. 72) beschreibt für PBL sowohl eine „Gefahr der kognitiven Überlastung“ als auch der „Untersteuerung des Lernprozesses“. Organisatorische und instruktionale Unterstützung z. B. durch eLearning-Plattformen oder insbesondere adaptive IT-Systeme können die Effizienz von PBL erhöhen.

eLearning kann definiert werden als technologiebasiertes Lernen, bei dem Lernmaterialien elektronisch über ein Computernetzwerk an entfernte Lernende übermittelt werden (Zhang, Zhao, Zhou, & Nunamaker, 2004).

In einem Fallbeispiel des BGS in Chur wurde der Fragestellung nachgegangen, wie PBL in der Fachrichtung Pflege im LMS CareOL realisiert werden kann und wie die Lernenden dies beurteilen.

Methode: Materialien und Vorgehen

Aus dem PBL-Curriculum Pflege wurden zwei Lerneinheiten ausgewählt und mediendidaktisch so aufbereitet, dass der gesamte Prozess der Problemanalyse und Problembearbeitung stärker unterstützt und gesteuert wurde. Die beiden Lerneinheiten wurden bei einer Lerngruppe im ersten Studienjahr und einer Lerngruppe des zweiten Studienjahres an der Höheren Fachschule Pflege umgesetzt. Die Gruppen bestanden aus 14 und 16 Studierenden, der Frauenanteil lag bei rund 90 % und der Altersdurchschnitt betrug in beiden Gruppen etwa 26 Jahre. Als Tutor im dargestellten Fallbeispiel fungierte der Erstautor.

Auf der Lernplattform wurden vier rollenspezifische Templates erstellt (Studierende, Gesprächsleitung, Protokollführung, Tutor/-in). Für die ICT-Umsetzung wurde ein modernes LMS auf Basis von OLAT 10 verwendet sowie weitere online-basierte Tools für die Zusammenarbeit und Diskussion wie mindmeister, padlet und mentimeter (siehe Abb. 1). Die Problemstellung stammte aus dem Lehrmittel des Curriculumverbundes, welches als eBook vorliegt und im LMS eingebettet wurde. Die aufgrund der Rollen definierten Templates sollten dabei den Prozess während des Siebensprungs unterstützen und den Studierenden und dem Tutor helfen, den Fokus auf die momentane Rolle zu lenken. Die Prozessunterstützung diente im Weiteren dazu, den Lernprozess mit pädagogisch begründeten Interventionen zu steuern und die metakognitiven Fähigkeiten der Studierenden zu fördern. Damit sollte die oben erwähnte Untersteuerung des Lernprozesses minimiert werden.

Abbildung 1

Schematischer Ablauf der sieben PBL-Schritte auf CareOL (eigene Darstellung)

In einem ersten Schritt wurden zwei geeignete Problemaufgaben aus dem Lehrplan des Modellcurriculums ausgewählt. Für die beiden Aufgaben wurde jeweils das generische Template ins LMS kopiert und durch den Tutor spezifiziert und aufbereitet. Die dazugehörigen webbasierten Tools wurden ebenfalls vorbereitet und an den vorbereiteten Stellen im LMS verlinkt sowie die Gruppen der Studierenden bereits eingeteilt (siehe Abb. 1). Der organisatorische und planerische Aufwand für die Unterrichtsvorbereitung lag dabei im Rahmen der Vorbereitungszeit eines am BGS im Präsenzunterricht durchgeführten Tutorats.

Im Anschluss wurden die Studierenden in einer Präsenzphase an der Schule über das Vorgehen orientiert. Danach erfolgte die Online-Bearbeitung der Schritte 1 und 2 des Siebensprungs, vorbereitend auf den Präsenzunterricht. Diese Schritte beinhalteten die Analyse der Problemaufgabe und das vorläufige Zusammentragen der Ergebnisse. Diese Phase erfolgte zuerst in Einzelarbeit, danach in Gruppenarbeit. Abgeschlossen wurde die Phase mit einer Online-Checkliste, die dazu diente zu prüfen, ob alle notwendigen Anteile bearbeitet wurden. Aufgrund der Pilotsituation erfolgte diese Phase trotz angedachter Online-Bearbeitungen als Präsenzunterricht. In der nächsten Phase erfolgte das Präsentieren der Vorbereitung, das Formulieren von Gedankengängen und möglicher Hypothesen, das Diskutieren und Systematisieren dieser sowie das Formulieren von Lernzielen (Schritte 3 bis 5; vgl. Abb. 1). Die erwähnten Schritte wurden dabei in den im LMS definierten Rollen umgesetzt. Zum Einsatz kamen in dieser Phase ausschließlich das vorbereitete Template im LMS, das im LMS eingebettete Lehrmittel im eBook-Format sowie weitere webbasierte Tools. Auch diese Phase wurde wiederum mit einer Checkliste pro jeweilige Rolle abgeschlossen.

Der Schritt 6, die Phase der Problembearbeitung im Siebensprung, wurde bewusst stärker strukturiert als von den Studierenden gewohnt. So erfolgte in einem ersten Schritt das Formulieren von Überlegungen zur Recherche und Informationssammlung sowie deren Durchführung. Beide Teilschritte wurden im LMS durch eine zwingende Feedback-Schlaufe von Peers und des Tutors geleitet. Anschließend wurden die Informationen zusammengetragen und in bearbeiteter Form wieder auf das LMS geladen. Die Resultate durchliefen vor der Präsentation und Diskussion im Schritt 7 eine weitere, zweite Feedback-Schlaufe durch Peers und Tutor.

Der Schritt 7 folgte wiederum der im LMS definierten Rolle. Der Prozess der Präsentation und Diskussion der Resultate wurde durch eine vorbereitete Feedback-Sequenz in einem webbasierten Tool abgeschlossen.

Evaluationsmethode

Die Studierenden, die an den beiden Pilotsequenzen (N=15 und 13) teilgenommen hatten, wurden durch den Tutor mittels Fokusgruppeninterview im Anschluss daran befragt. Thematisiert wurden dabei die Bereiche Struktur der ePBL-Sequenz, die Usability und deren Akzeptanz. Mittels online-gestützter Kurzbefragung wurden die teilnehmenden Studierenden zum Thema „Lernerfolg“ befragt.

Drei Wochen nach dem Pilotversuch wurden die Ergebnisse der Studierenddenbefragungen im Kollegium des BGS in Chur vorgestellt, gefolgt von einer Gruppendiskussion mit den pädagogischen Mitarbeitenden und Dozierenden (N=10). Ziel der Gruppendiskussion war, herauszufinden ob sie mit den erstellten Templates ihren Unterricht vorbereiten könnten und ob ePBL aus pädagogischer Sicht am BGS einsetzbar wäre.

Die Ergebnisse der Fokusgruppeninterviews und der Gruppendiskussion wurden jeweils inhaltsanalytisch ausgewertet und narrativ zusammengefasst.

Ergebnisse
Rückmeldungen der Studierenden

Die unmittelbar an die Sequenzen folgenden Fokusgruppeninterviews zeigten auf, dass die Studierenden des ersten Jahres zum Teil erhebliche Schwierigkeiten mit der Handhabung des LMS sowie der webbasierten Tools hatten. Vor allem machten die Medienbrüche innerhalb der ICT-Tools Mühe: Die Studierenden mussten sich an mehreren Plattformen anmelden und während der Bearbeitung zwischen diesen wechseln. Die Rückmeldung der Studierenden des zweiten Ausbildungsjahres konzentrierte sich vor allem auf die vermehrte Steuerung während des Tutorats. Die Kontrolle der Lernschritte durch die Peers und den Tutor wurde als negativ und sogar unangenehm beschrieben, da dies in den Aussagen der Studierenden als unangemessene Einflussnahme ins selbstgesteuerte Lernen empfunden wurde. Insgesamt wurde die Verbindlichkeit, welche durch die definierten, online-unterstützten Zwischenschritte in der Problembearbeitung entstand, im Lernprozess als eher hemmender Faktor beschrieben. Dies ist jedoch im Kontext der gewohnten Abfolge des Tutorats zu betrachten, in welcher die Studierenden sonst keine solchen oder ähnlichen Zwischenschritte durchlaufen. Die doppelte Feedback-Schlaufe erlebten sie nicht als Mehrwert oder Beitrag zur Reflexion. Die Anforderungen an die erhöhte Schriftlichkeit beim Online-Lernen waren zudem ungewohnt. Trotzdem wurde der Pilot von beiden Gruppen grundsätzlich als positiv bewertet: Insbesondere wurde die ortsunabhängige Bearbeitung der Schritte eins und zwei sowie die unmittelbare Rückmeldung durch den Tutor und die Peers bei Problemen hervorgehoben. Die Akzeptanz des Pilotversuchs folgenden ePBL-Sequenzen wurde zum Schluss des Interviews mit der Frage „Könnten Sie sich vorstellen, ePBL in dieser Form regelmäßig durchzuführen?» beurteilt. Auf einer fünfteiligen Likert-Skala (1= nein/5 = auf jeden Fall) zeigte sich in beiden Pilotgruppen ein mittlerer Score von 3. Vor allem die Studierenden des zweiten Jahrs gaben an, dass es für sie angenehmer sei, sich im gewohnten Setting zu bewegen. Den Lernerfolg und den Outcome beurteilten beide Studierendengruppen in der einmaligen Pilotsequenz als vergleichbar mit der Präsenzmethode. Die Prüfungsresultate der entsprechenden Blöcke waren mit den vorangegangenen Bildungsgängen vergleichbar.

Rückmeldungen der pädagogischen Mitarbeitenden und Dozierenden

Die Gruppendiskussion mit den pädagogischen Mitarbeitenden und Dozierenden hat ergeben, dass die Templates durchaus als nützlich beurteilt wurden und die Vorbereitung der Tutorate unterstützen. Allerdings haben mehrere Personen angegeben, dass Sie aufgrund der Komplexität mit den verschiedenen Medienbrüchen Bedenken betreffend Aufwand zur Unterrichtsvorbereitung und auch in der eigentlichen Unterrichtsdurchführung haben. Ebenfalls wurde erwähnt, dass die Kompetenzen im Bereich ePBL ausgebaut werden müssten.

Einschränkungen, Diskussion und Empfehlungen

Die Wahl der Lernplattform CareOL auf Basis von OLAT ist exemplarisch, wie auch die übrigen digitalen Werkzeuge. Das heißt, dasselbe Resultat ist grundsätzlich auf andere LMS und andere digitale Werkzeuge übertragbar. Wie das didaktische Design des Siebensprungs digital aufbereitet und umgesetzt wird, hängt von den institutionellen Rahmenbedingungen ab und kann sehr variieren. Ob und welches LMS zur Auswahl steht, ist an dieser Stelle nebensächlich. Auf diese Unterschiede soll hier nicht eingegangen werden.

Ein Stolperstein für weitere PBL-Einheiten im Blended-Learning-Format könnten die immer wieder auftauchenden Medienbrüche sein. Wenn z. B. im LMS ein eBook geöffnet werden muss und keine direkte Integration mit dem gewünschten kollaborativen Werkzeug besteht, leidet der Informationsfluss und schafft Unterbrüche im Lernen. Ebenso ist in diesem Zusammenhang der Integrationsgrad der Onlinetools zu beachten, da durch wiederkehrende Registrierungen oder Anmeldungen bei den diversen Portalen und Tools die Studierenden viel Energie darauf verwenden müssen und der Lernfluss dadurch gestört wird.

Die beschriebene Sequenz ist zu kurz, um allgemeine Aussagen zum möglichen Nutzen von PBL-Einheiten im Blended-Learning-Format machen zu können. Die eingeschränkt positive Akzeptanz bei den Studierenden des Pilotversuchs könnte auf die pädagogische Sozialisierung mit der Siebensprung-Methode zurückzuführen sein. Für die Studierenden war es schwierig, die gewohnten und ritualisierten Abläufe im Präsenzunterricht innerhalb der vorgegebenen Schritte des Siebensprungs in eine Online-Umgebung zu transformieren und die Schritte in diesem neuen Kontext auszuführen. Die Untersteuerung kann rasch in eine (gefühlte) Übersteuerung des Lernprozesses oder auch in einer kognitiven Überforderung mit dem elektronischen Format münden. ePBL, also durch eLearning unterstütztes PBL, müsste daher curricular so verankert werden, dass die angestrebte vermehrte Steuerung des Lernprozesses von Anfang an zur Normalität wird. Dies kann auch mittels Einfluss auf die Notengebung geschehen. Der implizite Zusatznutzen, wie beispielsweise direktes und konkretes Feedback der Peers und des Tutors – was wiederum mehr Sicherheit in der Bearbeitung der Problemaufgaben mit sich bringt – müsste für die Studierenden in jedem Fall auch einen expliziten und direkt sichtbaren Teil enthalten. Beispielsweise könnten hier gegebene und erhaltene Feedbacks direkt in ein ePortfolio übertragen werden, welches periodisch im Sinne eines Leistungsnachweises beurteilt wird.

Falls der Pilotversuch ausgeweitet werden sollte, müsste die Verankerung und der gezielte Aufbau von digitalen Kompetenzen im Curriculum ebenfalls bedacht werden. Das Fünf-Stufen-Modell von Gilly Salmon (2011) hat sich im Curriculumverbund in diesem Zusammenhang als hilfreich in der Ausbildung von Facilitatoren erwiesen (Wirth, Vignoli, Schneider Büsser, Fischer, & Careum-Bildungsentwicklung, 2018). Es beschreibt den Lernbegleitungsprozess während der Online-Phasen und Lernaktivitäten, die auf allen Stufen stattfinden und den Prozess effizient anregen und unterstützen (Salmon, 2011), wobei die Kommunikation in Gruppen und kollaboratives Lernen zentral sind.

Möglicherweise sollten die Überlegungen zum Aufbau digitaler Kompetenzen in der Ausbildung von Gesundheitsfachpersonen viel weitergehen und diese breit in die Ausbildung integrieren. In diesem Kontext gibt es verschiedene Orientierungsmöglichkeiten. Das »European Digital Competence Framework«, auch bekannt als DigComp, kann exemplarisch als konzeptionelles Referenzmodell genannt werden (European Commission, 2015).

Digitale Kompetenzen müssten jedoch auch bei Lehrenden und anderen Multiplikatoren gefördert werden (Kuhn u. a., 2019) . Einerseits durch Aus- und Weiterbildung, aber auch durch eine echte Anerkennung von nachgewiesenen Kompetenzen. Hier sollte der Blick in Richtung Digitaler Transformation gerichtet werden, damit die Schule bereit ist für neue und moderne Lehr- und Lernformen – nicht zuletzt, da entsprechende Angebote von den beteiligten Stakeholdern mehr und mehr vorausgesetzt werden. Im gleichen Zug sollte eine digitale Lernkultur schrittweise etabliert werden.

Beispielsweise kann dazu das SAMR-Modell von Puentedura (2016, zitiert nach Wilke 2016) eine Hilfestellung bieten. Dieses Modell ist nützlich, um Lehrpersonen die Vorzüge digitaler Werkzeuge näherzubringen. Modellhaft lässt sich damit erklären, wie die Bearbeitung und Gestaltung von Aufgaben durch technische Hilfsmittel verbessert werden kann (Wilke, 2016).

Die schwerfällige Umgebung mit verschiedenen Medienbrüchen – LMS, eBook, Webtools etc. – ist gerade für die Studierenden des ersten Jahres schwierig zu handhaben. Es stellt sich die Frage, inwieweit ein eBook mit Kommentarfunktion in Gruppen oder bekannte Social Media Tools ausreichend oder gar sinnvoller wären. Das mehrmalige Einloggen auf verschiedenen Portalen führt indirekt zu zusätzlichen Medienbrüchen und zu Störungen im Lernprozess, was durch ein System mit »single sign on« verhindert werden könnte.

Die räumliche Situation während der Pilotierung war insofern ungünstig, da sich die Studierenden auch für die vorbereitenden Online-Phasen vor Ort im Schulzimmer getroffen haben, was jedoch durch die Einführung in die neue PBL-Form bedingt war. Also wurde die Online-Phase im Schulzimmer simuliert. Somit ist während der Pilotphase ein wesentlicher Benefit, nämlich die Zeit- und Ortsunabhängigkeit während der Online-Phasen, nicht zum Tragen gekommen. Dafür wäre eine konsequente curriculare Einbindung von ePBL hilfreich und empfehlenswert.

Eine Weiterentwicklung von einfachen Blended-Learning-Szenarien wäre mittels Einbezug der Technologie im Bereich Künstlicher Intelligenz denkbar. Beispielsweise könnten Bots als Assistenten zum Klären von Vorwissen, zum Wissenserwerb oder als Lernbegleiter/-in (Personal-Coaching, Lernunterstützung) eingesetzt werden. Weiterentwicklungen in diese Richtung würden den präsentierten Ansatz mit einer Umsetzung in einem LMS im traditionellen Sinn erübrigen: Blended Learning entwickelt sich zum personalisierten Lernen mit digitaler Unterstützung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die ausgewählten Lerneinheiten im Sinne eines Pilots als geeignet erwiesen. In den Vordergrund trat das Handeln aus den verschiedenen Rollen im Siebensprung. ePBL bringt mehr Prozessunterstützung und mehr Verbindlichkeit sowie die Möglichkeit des zeit- und ortsunabhängigen Bearbeitens von Teilen der jeweiligen Problemaufgaben. Die Stärken liegen insbesondere in der expliziten Begleitung und auch Beurteilung der einzelnen Zwischenschritte des Siebensprungs durch die Lehrperson und durch die Peers, auch wenn das von Studierenden teilweise als negativ empfunden wurde. Dadurch wird zwar der Lernprozess relativ eng gefasst, ermöglicht jedoch der Lehrperson auch, mögliche Probleme im Lernprozess der Studierenden früh zu erkennen und darauf zu reagieren. Zudem kann durch die technische und organisatorische Vorbereitung von Templates der Aufwand in der Erstellung des hier präsentierten Online-Szenarios für die Lehrpersonen geringgehalten werden.

Bei den Studierenden könnte bei konsequenter Umsetzung dieses Pilotversuches aufgrund einer möglichen Übersteuerung des Lernprozesses eine Ablehnung entstehen, was sich in geringerer Teilnahme an den (Online-)Aktivitäten zeigt. Dies wurde in der Evaluation durch die Studierenden bereits angetönt. Entsprechend kann eine ablehnende Haltung dazu führen, dass der Lernprozess ebenfalls in empfindlichem Maße gestört wird. Das Beispiel für die Pflege ist grundsätzlich auf andere Gesundheitsberufe übertragbar. Voraussetzung für eine breitere Etablierung solcher oder ähnlicher Szenarien ist jedoch eine breit gefächerte und hohe Akzeptanz sowie Positivschätzung der Lehrpersonen und Dozierenden. Zum heutigen Zeitpunkt dürfte dies einer der entscheidenden limitierenden Faktoren für einen breiten Einsatz von breit angelegten Blended-Learning-Szenarien sein. Entsprechend muss die Einführung dieser zwingend mit einer gleichzeitigen Erweiterung der digitalen Kompetenzen der Lehrpersonen einhergehen sowie dem Versuch, die Haltung gegenüber neuen Lehr- und Lernmethoden positiv zu beeinflussen.

Um vertiefte Erfahrungen mit ePBL-Szenarien sammeln zu können, sollten weitere ähnliche Szenarien in verschiedenen Gesundheitsberufen entwickelt und, wenn möglich, curricular verankert werden und so helfen, die digitalen Kompetenzen der Studierenden schon während der Ausbildung zu fördern.

Dank

Diese Realisierung der Pilotsequenzen wurde unterstützt durch die Careum-Stiftung und das Bildungszentrum Gesundheit und Soziales (BGS) in Chur. Die Autor/-innen danken den beteiligten Studierenden der Klassen für die Mitarbeit an Durchführung und Evaluation.

Ethische Prüfung, Registrierung

Keine ethische Prüfung notwendig: Fallstudie ohne Einbezug von Patient/-innen.

Interessenkonflikte

Keine.

eISSN:
2296-990X
Languages:
English, German
Publication timeframe:
Volume Open
Journal Subjects:
Medicine, Clinical Medicine, other