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Care support points of Mecklenburg-West Pomerania. Results of a scientific analysis / Pflegestützpunkte in Mecklenburg-Vorpommern. Ergebnisse einer wissenschaftliche Analyse


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Hintergrund

Seit 1. Januar 2009 gibt es in Deutschland für Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, diese beantragt haben und für die ein erkennbarer Hilfebedarf besteht, einen Rechtsanspruch auf eine individuelle Pflegeberatung (§ 7a SGB XI). Die Pflegeberatung wird in Mecklenburg-Vorpommern in Pflegestützpunkten erbracht, wie, mit Ausnahme von Sachsen und Sachsen-Anhalt, in allen anderen Bundesländern.

Mit der Allgemeinverfügung vom 11. August 2010 hatte das damalige Ministerium für Soziales und Gesundheit die Errichtung von Pflegestützpunkten durch die Kranken-und Pflegekassen bestimmt (Ministerium für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern, 2010). Die Pflegestützpunkte stehen in einer gemeinsamen Trägerschaft aller Kassen und Kommunen im Land Mecklenburg-Vorpommern.

Im Zeitraum März 2011 (Pasewalk) bis Juli 2013 (Schwerin) wurden 13 Pflegestützpunktein allen sechs Landkreisen und zwei kreisfreien Städten aufgebaut

Im Juli 2015 wurde ein weiterer Pflegestützpunkt (PSP) errichtet. Er befindet sich in Neubrandenburg. Dieser PSP wurde in die Begleitung nicht mit einbezogen.

. Zusätzlich werden durch einige Pflegestützpunkte Außenstellen für die Pflegeberatung genutzt.

Durch die Errichtung von Pflegestützpunkten soll eine verbesserte Qualität der Versorgung erreicht sowie einer Fehl-, Unter- und Überversorgung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen entgegengewirkt werden. Zu den Aufgaben von Pflegestützpunkten gehören: „[eine] umfassende sowie unabhängige Auskunft und Beratung zu den Rechten und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch und zur Auswahl und Inanspruchnahme der bundes-oder landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen und sonstigen Hilfsangebote, die Koordinierung aller für die wohnortnahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen und sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfs- und Unterstützungsangebote einschließlich der Hilfestellung bei der Inanspruchnahme der Leistungen sowie die Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote“ (§ 7c Abs. 2 Satz 1 SGB XI).

Das Kuratorium Deutsche Altershilfe begleitete im Zeitraum 2007 bis 2010 insgesamt 16 Modellpflegestützpunkte. Bremen nahm an dem Modellprojekt nicht teil. In Berlin wurden zwei der sogenannten „Pilotpflegestützpunkte“ errichtet. Im Frühjahr 2008 wurde in Mecklenburg-Vorpommern in der Hansestadt Wismar ein Pflegestützpunkt im Rahmen der Modellphase geschaffen (Michell-Auli, 2012; Michell-Auli et al., 2010).

Die Modellpflegestützpunkte wurden in einem Zeitraum initiiert, in dem das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) trat am 1. Juli 2008 in Kraft. Mit dem PfWG wurde neben der Möglichkeit des Aufbaus von Pflegestützpunkten der verbindliche Anspruch auf eine am Handlungskonzept des Case Management orientierte Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) festgelegt. Die Pflegeberatung richtet sich an gesetzlich und privat Versicherte; der Anspruch besteht bundeslandunabhängig. Die Pflegestützpunkte richten sich an gesetzlich Versicherte und sind bundeslandabhängig. Die „zuständige oberste Landesbehörde“ (§ 7c Absatz 1 SGB XI) regelt, ob Pflegestützpunkte aufgebaut werden. Derzeit gibt es insgesamt rund 410 Pflegestützpunkte

In Anlehnung an Klie et al. (2011) und nach eigener Recherche und Aktualisierung (Stand Dezember2015).

in Deutschland. Für privat Versicherte wurde durch die Firma COMPASS Private Pflegeberatung GmbH ein bundeseinheitliches Angebot zur Pflegeberatung geschaffen, auf welches in dieser Arbeit nicht näher eingegangen wird

Weitere Informationen unter http://www.compass-pflegeberatung.de.

.

Inzwischen liegen Ergebnisse aus wissenschaftlichen Begleitungen und Evaluationen von Pflegestützpunkten vor. Aus den ModellPflegestützpunkten ist bekannt, dass die Nutzer/-innen überwiegend sehr zufrieden (73, 83 %) bzw. zufrieden (25, 29 %) mit dem Angebot der Pflegestützpunkte sind. Rund 2.400 Fälle wurden zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass davon knapp die Hälfte der Nutzer/-innen Informationen erhalten haben (48, 46 %), bei 41.81 % Beratungen durchgeführt wurden und rund 9 % Case Management erhielten (Michell-Auli, 2012; Michell-Auli et al., 2010). Klie und Kollegen evaluierten die Pflegeberatung der Pflegestützpunkte mit dem Ziel, einen bundesweiten Überblick zu deren Umsetzung in den einzelnen Bundesländern zu geben. Bestehende Pflegestützpunkte werden zwar gut angenommen, die Qualität der Beratung, die Einbindung an bestehende Versorgungsstrukturen sowie der Aufbau weiterer Pflegestützpunkte zeigen bundesweit jedoch erhebliche Unterschiede auf (Klie et al., 2011). Insbesondere die Schaffung von regionalen Netzwerken für die Sicherstellung niedrigschwelliger Hilfen gestaltet sich vielerorts schwierig (Döhner et al., 2011; Löcherbach & Mennemann, 2012; Röber & Hämel, 2011). Pflegestützpunkte sind in der Öffentlichkeit wenig bekannt (Kollak & Schmidt, 2012), multikulturelle Angebote gibt es bisher selten (Kollak & Schmidt, 2014). Die am Case Management orientierte Pflegeberatung wird aus Sicht von Nutzern/-innen von Pflegestützpunkten als sehr positiv erlebt. Nutzer/-innen gaben an, ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit zu erhalten und durch das Angebot des Case Managements ihren Alltag trotz Mehrfacherkrankungen soweit wie möglich autonom bewältigen zu können (Schmidt & Luderer, 2014).

Ziel- und Fragestellungen

Inwieweit der gesetzliche Anspruch auf Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) und der Aufbau von Pflegestützpunkten (§ 7c SGB XI; vorher § 92c SGB XI) in Mecklenburg-Vorpommern in der Praxis umgesetzt werden, welche Anlässe und Themen der Beratung für die Nutzer/-innen Priorität hatten und wie weit die Netzwerkarbeit der Pflege- und Sozialberater/-innen fortgeschritten ist, stand im Mittelpunkt dieser explorativen Untersuchung.

Folgende Fragestellungen wurden bearbeitet: Wann wurden die Pflegestützpunkte errichtet und wie findet deren Öffentlichkeitsarbeit statt? Wie viele Mitarbeiter/-innen arbeiten mit welchen Qualifikationen in den 13 Pflegestützpunkten? Wie sehen Angebote und Nachfrage der Pflegestützpunkte aus? Wie erleben Akteure der Pflegestützpunkte die Netzwerkarbeit?

Studiendesign und Untersuchungsmethoden
Organisations- und personenbezogene Daten

Zur Erfassung organisations- und personenbezogener Daten zu den Pflegestützpunkten in Mecklenburg- Vorpommern wurden zwei Fragebögen erarbeitet, die anschließend an die Mitarbeitenden der 13 Pflegestützpunkte ausgegeben wurden.

Ein Fragebogen beinhaltete Dimensionen zu organisationsbezogenen Daten wie Ort und Datum der Errichtung des Pflegestützpunktes, Anzahl der Berater/- innen sowie Art und Umfang der Öffentlichkeitsarbeit. Unterstützend wurden Mitarbeitende des Arbeitskreises der Pflege- und Sozialberater/-innen gebeten, die erforderlichen organisationsbezogenen Angaben zu erfragen und an das Studienteam weiterzuleiten.

Ein zweiter Fragebogen diente der Erfassung von Daten zu Qualifikationen der Mitarbeitenden. Dimensionen des Fragebogens waren Berufsabschluss, zusätzliche Qualifikationen nach § 7a SGB XI sowie Berufserfahrungen im Gesundheits- und Sozialwesen. Personenbezogene Angaben wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen anonymisiert erhoben und ausgewertet.

Die Datenauswertung fand mithilfe des Microsoft Office Programms Excel statt. Dem explorativen Charakter folgend wurden die Daten vorwiegend deskriptiv ausgewertet.

Angebote und Nachfrage der Pflegestützpunkte

Ein Fragebogen diente der Erfassung von Daten zu Angebot und Nachfrage von Pflegestützpunkten. Der Fragebogen hatte insgesamt 10 Items zu Häufigkeiten von Kontakten, Art der Kontaktaufnahme, erforderlichen Leistungen und Themenschwerpunkten.

Die Daten wurden von den Mitarbeitenden der Pflegestützpunkte zur Auswertung übermittelt. Die Datenauswertungen fanden vorwiegend deskriptiv statt, mithilfe von Excel.

Netzwerkarbeit

In einem weiteren Schritt wurde mit Akteuren im Umfeld der Pflegestützpunkte Telefoninterviews durchgeführt. Für die Fallauswahl wurde das Verfahren der qualitativen Stichprobenplanung genutzt. Es verfolgt das Ziel, die Variabilität im Gegenstandsbereich zu erfassen. Die Fälle wurden nach vorher festgelegten Kriterien (Stichprobenplanung) ausgewählt (Schreier, 2010, S. 241ff.). Die Kriterien waren: verschiedene Akteure wie Pflegedienst/Krankenhaus/Hausarzt/-ärztin/Tagespflege sowie Stadt/ländlicher Raum.

Für die Interviews wurde ein Leitfaden genutzt, der zwei Dimensionen erfasste. Die erste Dimension widmete sich einer einführenden Perspektive auf das Thema Netzwerkarbeit und erfragte Schlüsselaspekte einer Netzwerkkooperation. Die darauf folgende zweite Dimension fragte nach Kooperationen und Vernetzungen der Akteure mit Pflegestützpunkten. Nach Rücksprache mit den Interviewpartnern/-innen wurde das Gespräch mit einem Tonbandgerät aufgezeichnet, um es anschließend transkribieren zu können. Lag kein Einverständnis dazu vor, wurden in Absprache mit dem/der Interviewpartner/-in während des Interviews Aufzeichnungen mit zentralen Aspekten des Gesprächs angefertigt und im Anschluss ein Gedächtnisprotokoll erstellt.

Die erhobenen Daten wurden inhaltsanalytisch ausgewertet. Das Datenmaterial wurde in Einheiten zerlegt und nacheinander bearbeitet. Durch diese strukturierte Herangehensweise unterscheidet sich die Analyseform stärker von interpretativen, hermeneutischen Bearbeitungen von Texten (Mayring & Gläser-Zikuda, 2005). Angelehnt an das Verfahren der zusammenfassenden Inhaltsanalyse wurde der Ausgangstext auf eine überschaubare Kurzversion reduziert, bis er nur noch die wichtigsten Inhalte umfasste. Schließlich wurden diese in weiteren Arbeitsschritten paraphrasiert, generalisiert und reduziert (Bortz & Döring, 2006).

Ethische Aspekte

Während der gesamten Forschungsphase wurden ethische Richtlinien berücksichtigt. Studienteilnehmer/-innen erhielten vor den Befragungen umfangreiche schriftliche Informationen über Ziele und Vorhaben der Teilstudien. In Gesprächen konnten anschließend Fragen und Unklarheiten besprochen werden. Vor den einzelnen Datenerhebungen wurde allen Beteiligten ein vertrauensvoller und anonymisierter Umgang mit den erhobenen Daten schriftlich bestätigt. Des Weiteren wurden sie darüber aufgeklärt, dass die Teilnahme freiwillig ist und jederzeit das Recht besteht, eine Antwort zu verweigern oder das Interview abzubrechen. Die Daten wurden verschlüsselt, d.h. kodiert, und werden nur zu Studienzwecken genutzt und nicht an Dritte weitergegeben.

Ergebnisse

In dieser Arbeit werden zentrale Aspekte der Begleitung der Pflegestützpunkte vorgestellt. Wie Nutzer/-innen das Case Management einschätzen, wie zufrieden sie damit sind und welche Auswirkungen es auf sie hatte, wird in einer weiteren Publikation vorgestellt.

Organisations- und personenbezogene Daten
Standorte, Errichtungsdatum und Anzahl der Berater/-innen

Insgesamt wurden im Zeitraum vom 31. März 2011 (Pasewalk) bis 17. Juni 2013 (Schwerin) 13 Pflegestützpunkte in Mecklenburg- Vorpommern errichtet. Die kreisfreie Stadt Rostock nutzt neben einem Pflegestützpunkt eine Außenstelle, die sich ebenfalls in Rostock befindet. Einige Landkreise bieten Sprechtage an Außenstellen an (vgl. auch Tabelle 5).

In den 13 Pflegestützpunkten arbeiten 26 Pflegeberater/-innen und 15 Sozialberater/-innen, entweder in Vollzeit-oder in Teilzeitbeschäftigung. Einige Berater/-innen arbeiten an mehreren Standorten der Pflegestützpunkte (Tabelle 1). Personenbezogene Daten der Berater/-innen wurden nur einmal erfasst.

Übersicht zu Standorten, Errichtungsdaten und Personalausstattungen der Pflegestützpunkte (PSP) in Mecklenburg-Vorpommern

Nr.LandkreisDatum der Errichtung des PSPPersonalausstattung
Pflegeberater/-inSozialberater/-in
1Vorpommern-Greifswald01.01.1321
2Vorpommern-Greifswald01.06.1321
3Vorpommern-Greifswald31.03.1121
4Mecklenburgische Seenplatte01.01.1321
5Mecklenburgische Seenplatte01.01.1321
6Rostock23.06.1121
7Stadt Rostock24.06.1121
Außenstelle17.06.1312
8Nordwest-mecklenburg01.04.1321
9Nordwest-mecklenburg01.04.1321
10Vorpommern-Rügen25.03.1321
Außenstelle08.05.13
11Ludwigslust-Parchim01.06.1321
12Ludwigslust-Parchim01.06.1321
13Stadt Schwerin17.06.1311
Gesamt2615
Öffentlichkeitsarbeit

EswerdenregelmaBige Vorträge in den Pflegestützpunkten organisiert, man beteiligt sich aber auch mit Vorträgen zu Arbeit und Aufgaben der Pflegestützpunkte an Veranstaltungen. Desweiteren finden Thementage wie bspw. zu Leistungen der Pflegeversicherung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Möglichkeiten häuslicher Pflege statt.

Interessierte können sich über eine Webseite der Pflegestützpunkte Mecklenburg-Vorpommern über die Standorte der Pflegestützpunkte, deren Arbeit und über pflegerische Themen informieren (www. pflegestuetzpunktemv.de). Auf der Webseite sind die Kontaktdaten der Pflege- und Sozialberater/-innen aller Pflegestützpunkte zu finden. Namen der Berater/-innen, direkte Durchwahlnummern und Angaben zu den Öffnungszeiten erleichtert es Interessierten, direkt Kontakt mit den Pflegestützpunkten aufzunehmen. Aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten wird auf aktuelle Veranstaltungen hingewiesen, die teilweise in Pflegestützpunkten selbst oder bei regionalen Akteuren wie Pflegeeinrichtungen oder Stadtteil- und Begegnungszentren stattfinden.

Ein einheitliches Logo unterstützt die Wiedererkennung der Pflegestützpunkte in Mecklenburg-Vorpommern.

Qualifikationen der Pflege- und Sozialberater/-innen

Die Auswertung der Angaben zu den Qualifikationen der Pflegeberater/-innen und Sozialberater/-innen zeigt ein heterogenes Bild. Es bestehen verschiedene berufliche Ausbildungen und zum Teil mehrere Berufsabschlüsse (vgl. Tabelle 2). Bis auf eine Person verfügen alle Pflegeberater/-innen über Zusatzqualifikationen nach §7a SGB XI (Kenntnisse im Sozialrecht, Pflegefachwissen, Case Management).

Berufsabschlüsse der n = 26 Pflegeberater/-innen und n = 15 Sozialberater/-innen (Mehrfachnennungen möglich)

Berufsabschlüsse der Pflegeberater/-innenAnzahlBerufsabschlüsse der Sozialberater/-innenAnzahl
Sozialversicherungsfachangestellte/-r13Verwaltungsfachangestellte/-r3
Wirtschaftskauffrau/-mann10Fachwirt/-in im Sozial- und Gesundheitswesen3
Krankenschwester/-pfleger3Krankenschwester/-pfleger3
Ökonom/-in3Diplom-Verwaltungswirt/-in2
Kinderkrankenschwester/-pfleger1lndustriekauffrau/-mann2
Sprechstundenschwester/-pfleger1Diplom-Sozialarbeiter/-in, Sozialpädagoge/-in2
Diplom-Lehrer/-in1Finanzkauffrau/-mann2
Bürokauffrau/-mann1Bürokauffrau/-mann1
Bauzeichner/-in1Bibliotheksfachangestellte/-r1
BA Pflegemanagement1
Elektromaschinenbauer/-in1
Verwaltungsdienst1
Diplom-Lehrer/-in1

Von den Sozialberater/-innen wurde zusätzlich erhoben, ob diese vor ihrer Arbeit im Pflegestützpunkt im sozialen Bereich tätig gewesen waren. Die Auswertung zeigt, dass alle 15 Sozialberater/-innen Berufserfahrungen in unterschiedlichen Bereichen gesammelt haben, zum Beispiel in Kliniken, Gesundheitsämtern, Bildungsträgern, Verwaltungen und bei Sozialhilfeträgern.

Angebote und Nachfrage der Pflegestützpunkte

Die Datenerfassungen fanden im ersten Halbjahr 2014 undim ersten Halbjahr 2015 statt (01. Januar bis 30. Juni). Zum Vergleich werden die Daten der beiden Halbjahre in Tabellen 3 bis 7 gegenübergestellt.

Absolute und prozentuale Häufigkeiten von Kontakten zu Pflegestützpunkten (PSP), Erhebungszeitraum Januar bis Juni 2015 (n = 11.654), zum Vergleich: 1. Halbjahr 2014 (n = 8.315)

KontaktAbsolute Häufigkeit 2014Prozentuale Häufigkeit 2014Absolute Häufigkeit 2015Prozentuale Häufigkeit 2015
Erstkontakte(Erläuterung: Nutzer/-in nimmt PSP zum ersten Mal in Anspruch)3.92547,125.66048,57
Folgekontakte(Erläuterung: Nach dem Erst- oder Neukontakt sind weitere Kontakte zur Klärung der Situation erforderlich)3.75145,115.08443,62
Neukontakte(Erläuterung: Nutzer/-in bereits im PSP, kommt nun mit einer neuen Situation)5726,887976,84
Erstkontakte nach § 7b SGB XI610,73860,74
Folgekontakt nach § 7b SGB XI60,07270,23
Insgesamt8.31510011.654100

Im Erhebungszentrum von Januar 2015 bis Juni 2015 gab es insgesamt n = 11.654 Kontakte (1. Halbjahr 2014: n = 8.315) zu den Pflegestützpunkten in Mecklenburg-Vorpommern. Kontakte wurden gezählt als „Erstkontakte“, „Erstkontakte und Folgekontakte nach § 7b SGB XI“, „Folgekontakte“ und „Neukontakte“. Folgende Differenzierung der Kontakte zeigt sich: Mit n = 5.660 (1. Halbjahr 2014: n = 3.925) waren die „Erstkontakte“ am häufigsten, die „Erstkontakte nach § 7b SGB XI“ mit n = 86 (1. Halbjahr 2014: n = 61) und „Folgekontakte nach § 7b SGB XI“ mit n = 27 (1. Halbjahr 2014: n = 6) am geringsten. „ Folgekontakte“ wurden n = 5.084 (1. Halbjahr 2014: n = 3.751) und „Neukontakte“ n = 797 (1. Halbjahr 2014: n = 572) gezählt (vgl. Tabelle 3). Von insgesamt n = 11.654 Kontakten im 1. Halbjahr 2015 wurde n = 8.315 Mal erfasst, welche Leistungsart durch die Berater/-innen der Pflegestützpunkt erforderlich war. Der größte Teil der Aufsuchenden (88,35 %) erhielt „allgemeine Informationen“ (1. Halbjahr 2014: 86,35 %). Insgesamt wurde für n = 125 (1,50 %) der Fälle „Case Management“ erbracht (1. Halbjahr 2014: n = 179; 3,11 %) (vgl. Tabelle 4).

Absolute und prozentuale Hdufigkeiten der Art der erforderlichen Leistungen durch Pflegestützpunkte (PSP), Erhebungszeitraum Januar bis Juni 2015 (n = 8.315 Erfassungen), zum Vergleich: 1. Halbjahr 2014 (n = 5.757)

Art der erforderlichen Leistungen durch PSPAbsolute Häufigkeit 2014Prozentuale Häufigkeit 2014Absolute Häufigkeit 2015Prozentuale Häufigkeit 2015
Allgemeine Informationen4.97186,357.34688,35
Beratung und Unterstützung60710,5484410,15
Case Management1793,111251,50
Insgesamt5.7571008.315100

Die Anzahl der Kontakte und erforderlichen Leistungen wurde auch nach Pflegestützpunkten ausgewertet (vgl. Tabelle 5).

Überblick zur Anzahl der Kontakte und den erforderlichen Leistungen nach Pflegestützpunkten (n = 11.663, 1. Halbjahr 2015), jeweils in Klammern zum Vergleich zum 1. Halbjahr 2014 (n = 8.315), *SPT=Sprechtag an Außenstellen

#Anzahl der KontakteErforderliche Leistungen
PflegestützpunkteKontakte gesamtErstkontakteFolgekontakteNeukontakteErstkontakte nach § 7b SGB XIFolgekontakte nach § 7b SGB XIErfasste Leistungen insgesamtAllgemeine InformationBeratung und UnterstützungCase Management
Anklam1.027 (687)266 (227)678 (395)73 (56)5 (7)5 (2)375 (311)338 (289)36 (21)1 (1)
Demmin719 (517)300 (215)356 (269)60 (29)3 (4)0425 (309)379 (246)46 (60)0 (3)
Greifswald687 (448)320 (279)291 (162)40 (7)2016 (0)410 (301)378 (290)31 (11)1 (0)
Grevesmühlen468 (513)232 (240)224 (266)12 (7)00466 (437)372 (352)94 (85)0
Güstrow886 (702)408 (312)408 (348)70 (40)0 (2)0738 (475)524 (404)192 (65)22 (6)
Ludwigslust486 (301)294 (180)145 (96)37 (12)10 (10)0 (3)479 (293)456 (270)23 (23)0
Neustrelitz820 (566)329 (213)435 (307)50 (44)2 (2)4 (0)565 (264)513 (230)51 (33)1 (1)
Parchim742 (352)393 (223)301 (116)38 (7)11 (6)0526 (288)513 (252)13 (36)0
Pasewalk671 (475)230 (131)410 (321)18 (15)11 (8)2 (0)252 (164)243 (138)9 (25)0 (1)
Rostock1.011 (688)761 (443)30 (83)218 (162)2 (0)0983 (604)976 (593)7 (11)0
Rostock-Süd (AST)613 (427)450 (287)107 (25)56 (109)0 (6)0613 (107)578 (105)35 (2)0
Schwerin1.196 (757)590 (401)598 (347)7 (9)1 (0)0737 (469)708 (443)28 (26)1 (0)
SPT* Bad Doberan59 (45)46 (34)6 (10)7 (1)0059 (39)53 (34)4 (5)2 (0)
SPT* Bergen23 (25)(17) 196 (4)0 (1)0 (1)019 (23)19 (20)0 (2)0 (1)
SPT* Boizenburg2017 (0)1 (0)2 (0)00202000
SPT* Gadebusch25 (10)23 (9)2 (1)00025 (10)24 (10)1 (0)0
SPT* Grimmen13 (4)11 (1)2 (2)0 (1)0013 (3)13 (3)00
SPT* Ribnitz10 (40)9 (21)1 (19)00010 (35)10 (24)0 (10)0 (1)
SPT* Sternberg12 (0)102 (0)00011 (0)11 (0)00
SPT* Wolgast14 (1)8 (0)6 (1)0008 (0)8 (0)00
Stralsund1.459 (1.121)575 (313)854 (779)30 (26)0 (2)0 (1)890 (685)694 (428)117 (96)79 (161)
Wismar691 (626)370 (373)221 (194)78 (46)22 (13)0691 (622)514 (531)159 (88)18 (3)

Auffallend ist die Anzahl der Case Management Interventionen. In Stralsund wurden, wie auch 2014, die meisten Case Management-Fälle begleitet. Insgesamt wurden 2015 im Vergleich zu 2014 weniger Case Management-Fälle begleitet. Der Bedarf nach Informationen ist deutlich gestiegen.

Mit wenigen Ausnahmen (Grevesmühlen, Außenstellen Bergen und Ribnitz) ist die Anzahl der Kontakte insgesamt in den Pflegestützpunkten im Vergleich zum 1. Halbjahr 2014 im 1. Halbjahr 2015 gestiegen. Deutliche Steigerungen der Kontakte gab es in den Pflegestützpunkten Anklam, Schwerin und Stralsund.

Die Auswertung zu Kontaktpersonen zeigt, dass im 1. Halbjahr 2015 Kinder der betroffenen Personen (n = 3.335; 1. Halbjahr 2014: n = 3.220) und Betroffene (n = 3.237; 1. Halbjahr 2014: n = 2.415) die Pflegestützpunkte am häufigsten aufsuchten, Bekannte/ Nachbarn/-innen (n = 222; 1. Halbjahr 2014: n = 218) und Bevollmächtige (n = 2; 1. Halbjahr 2014: n = 283) am wenigsten (vgl. Tabelle 6).

Absolute und prozentuale Hdufigkeiten von Kontaktpersonen, Erhebungszeitraum Januar bis Juni 2015 (n = 11.654), zum Vergleich: 1. Halbjahr 2014 (n = 8.332), Mehrfachnennungen möglich

KontaktpersonenAbsolute Häufigkeit 2014Prozentuale Häufigkeit 2014Absolute Häufigkeit 2015Prozentuale Häufigkeit 2015
Kind/-er betroffener Personen3.22038,653.33528,62
Betroffene/-r2.41528,983.23727,78
Lebens-/Ehepartner/-in4144,971.78815,34
Angehörige/-r2653,189007,72
Leistungserbringer/-in6808,166885,90
Leistungsträger/-in4215,056635,69
Gesetzliche/-r Betreuer/-in1682,033192,74
Eltern360,432562,20
Sonstige2122,542442,10
Bekannte/-r/Nachbar/-in2182,612221,90
Bevollmachtige/-r2833,4020,17
Insgesamt8.33210011.654100

Die Art der Kontaktaufnahme zu Pflegestützpunkten war im Erhebungszeitraum Januar bis Juni 2015 unterschiedlich. So wurde am häufigsten Kontakt zum Pflegestützpunkt telefonisch (n = 6.445) aufgenommen (1. Halbjahr 2014: n = 4.870). Persönlich wurden Pfl egestützpunkte insgesamt n = 3.469 Mal aufgesucht (1. Halbjahr 2014: n = 3.469). Weitere Kontaktaufnahmen fanden durch Hausbesuche (n = 1.120; 1. Halbjahr 2014: n = 724), weniger per Brief/Fax (n = 417; 1. Halbjahr: n = 214) und per E-Mail (n = 220; 1. Halbjahr: n = 108) statt (vgl. Tabelle 7).

Absolute und prozentuale Hdufigkeiten der Art der Kontaktaufnahme zu einem Pflegestützpunkt (PSP), Erhebungszeitraum Januar bis Juni 2015 (n = 11.671), zum Vergleich: 1. Halbjahr 2014 (n = 8.332), Mehrfachnennungen möglich

Art der Kontaktaufnahme zu PSPAbsolute Häufigkeit 2014Prozentuale Häufigkeit 2014Absolute Häufigkeit 2015Prozentuale Häufigkeit 2015
Telefonisch4.87058,456.44555,22
Persönlich2.41629,003.46929,72
Hausbesuche7248,691.1209,60
Per Brief/Fax2142,574173,56
Per E-Mail1081,302201,89
Insgesamt8.33210011.671100

Für die Analyse der Informations- und Beratungsschwerpunkte konnten insgesamt 2.878 Erfassungen ausgewertet werden. Es zeigte sich, dass größtenteils zu Leistungen der Pflegeversicherung (n = 900) und zur ambulanten Pflege (n = 571) informiert und beraten wurde (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1

Beratungsschwerpunkte in den Pflegestützpunkten (PSP), Erhebungszeitraum Juli bis Oktober 2013 (n = 2.878 Erfassungen)

Netzwerkarbeit

Insgesamt wurden durch den Erstautor sieben Telefoninterviews durchgeführt mit verschiedenen Akteuren des Gesundheits- und Sozialwesens. Es wurden Mitarbeiter/-innen von zwei Pflegediensten, zwei Krankenhäusern, zwei Tagespflegen sowie ein Hausarzt, jeweils aus städtischer und ländlicher Region interviewt. Eine zweite Hausärztin konnte entgegen der Planung nicht für ein Interview gewonnen werden.

Die Bereitschaft, an Interviews teilzunehmen, war anfangs kaum vorhanden. Die Mitarbeitenden äußerten, dass „kaum Zeit für ein Telefonat sei“ und sie „ohnehin wenig zu Pflegestützpunkten sagen können“.

Die Interviews dauerten zwischen 5 und 15 Minuten.

Netzwerke und Kooperationen

Die Netzwerkarbeit wurde durch die Interviewten als eine wichtige Voraussetzung beschrieben für eine gelingende Organisation von Hilfen für die Versorgung hilfe- und pflegebedtirftiger Menschen.

Die Interviewten äußerten in unseren Gesprächen, dass Hilfe- und Ratsuchende häufig mit „ mehreren Problemen“ gleichzeitig kommen würden. Sie beschrieben, dass notwendige Aufgaben häufig über das hinausgehen, was sie selbst leisten können und begründeten dies mit Zeitmangel, Unwissenheit zu den verschiedenen Themen und fehlenden Kooperationen. Fünf der Interviewten hatten bereits direkt oder indirekt mit einem Pflegestützpunkt zu tun, nehmen diesen aber wenig als Akteur mit „Lotsenfunktion“ wahr. Gerade für komplexe

Situationen ergibt sich jedoch die Notwendigkeit einer verantwortlichen Fallübernahme. Die Interviewten stimmten dem zwar zu, das fehlende Verständnis für die eigentliche Arbeit der Pflegestützpunkte wurde aber deutlich. Eine Interviewpartnerin bringt es auf den Punkt:

„Wissen Sie, wir haben gar nicht die Möglichkeit uns ständig zu vernetzen und auszutauschen. Es war schon immer so, jeder macht seins und guckt im Alltag einfach nicht, was der andere macht. Ich weiß, dass das nicht richtig ist, aber ändern können wir es auch nicht.“

Dieses Ankerbeispiel spiegelt unsere Gespräche gut wider, weil es den Befragten offensichtlich häufig an konkreten Umsetzungsmöglichkeiten fehlt, sie weniger die eigene Haltung reflektieren und eben nur bedingt selbst dazu betragen können/wollen, die Netzwerkarbeit zu verbessern.

Eine andere Gesprächspartnerin spitzt die Situation weiter zu:

„Klar, dauert das alles lange und ist zeitintensiv [meint Netzwerkarbeit]. Es ist eben unklar, warum wir das alles machen sollen.“

Auch sie war sich schnell sicher, dass die Arbeit im Netzwerk selbst wichtig ist, um gegenseitig voneinander zu profitieren und die Versorgung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen zu verbessern. Doch die Bereitschaft, sich selbst aktiv in die Netzwerkarbeit einzubringen und einen erfolgreichen Aufbau von Kooperationen und Vereinbarungen voranzutreiben, ist gering. In unseren Gesprächen wurde schnell deutlich, dass eine wesentliche Ursache für die Beteiligung an Netzwerken die fehlende Zeit ist sowie die Erreichbarkeit von anderen Akteuren. In diesem Sinne formulierte ein Gesprächspartner:

„Wissen Sie, ich kann da auch nicht ständig anrufen und nachfragen. Die melden sich einfach nicht zurück. Was soll ich da machen?“

Als hilfreich wurden von den Teilnehmenden, die bereits im Austausch mit den Pflegestützpunkten sind, gemeinsame Absprachen und Zielvereinbarungen beschrieben. Andere, die damit wenige Erfahrungen hatten, konnten sich schriftliche Regelungen und verbindliche Absprachen schwer vorstellen, weil der Nutzen von schriftlichen Vereinbarungen nicht oder nur bedingt gesehen wurde. Erleichterungen, auch für die eigene Arbeit, durch verbindliche Absprachen wurden bis auf zwei Ausnahmen nicht gesehen.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass zwei der Gesprächspartner/-innen die Netzwerkarbeit als gut beschrieben haben, auf Nachfrage im weiteren Gespräch aber deutlich wurde, dass damit ausschließlich das persönliche Kennenlernen der Pflege- und Sozialberater/-innen der Pflegestützpunkte gemeint war.

Immer wieder wurde in unseren Gesprächen deutlich, dass Wissenslücken über die eigentliche Aufgabe der Pflegestützpunkte auf Seiten der Akteure bestehen. Das hat die Folge, dass die Weiterleitung von Hilfe- und Pflegebedürftigen bzw. ihren informellen und formellen Helfern/-innen häufig als zufällig beschrieben wurde. Beispiel:

„Ich weiß auch nicht, wenn ich daran denke, schicke ich die Leute in einen Pflegestützpunkt. Aber wir gucken erst mal, ob wir das selber regeln können.“

Versorgungsangebote und Schnittstellen

Gemeinsame Arbeit „am Fall“, wie es das Anliegen des Case Managements ist, haben die interviewten Gesprächspartner/-innen nicht erlebt – zumindest nicht wissentlich. Es wurde mehrfach geäußert, dass sie von einigen Hilfe- und Pflegebedürftigen wissen, dass „sie schon einmal etwas mit einem Pflegestutzpunkt zu tun hatten“, fühlten sich aber nicht eingebunden in deren Arbeit. Das Potenzial gemeinsamer Versorgungsangebote wird damit nicht ausgeschöpft.

Zwar haben alle Befragten in unseren Gesprächen bestätigt, dass es viele Schnittstellen gibt, weil „[...] eben häufig so viel beteiligt werden müssen“, jedoch fehlt es offensichtlich an einer klaren Übernahme und Transparenz von Fallverantwortung. Drei Interviewte äußerten, dass sie mit den Pflegestützpunkten „im guten Kontakt“ seien. Auf Nachfrage, was diese „guten Kontakte“ denn auszeichnen, antwortete eine Gesprächspartnerin:

„Also ich weiß, dass ich die [Pflege- und Sozialberater/-innen] immer anrufen kann. Das finde ich wichtig.“

Es geht demnach den Akteuren wie auch den Nutzern/-innen darum, ein Gefühl von Sicherheit vermittelt zu bekommen. Dieses Gefühl drückte sich in erster Linie dadurch aus, dass die Mitarbeitenden der Pflegestützpunkte erreichbar sind. Dennoch fehlte es in unseren Gesprächen an Ideen, für welche Belange die Pflegestützpunkte denn tatsächlich eingebunden werden können.

Ein Gesprächspartner beschreibt die Situation, die er selbst wahrnimmt, so:

„Wissen Sie, wir haben immer neue Angebote, ständig gibt es was Neues. Wir wissen doch schon gar nicht mehr, was das alles ist. Wie sollten da die Alten den Überblick behalten?“

Gemeint sind mit diesem Ankerbeispiel bestehende Angebote, die je nach Situation zu einer Fehl-, Über- oder Unterversorgung führen können, weil Schnittstellenprobleme bestehen, es an verbindlichen Absprachen fehlt und die Verantwortungsübernahme eben häufig nicht geklärt ist.

Eine Interviewpartnerin schlug vor, gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen, um damit die Fülle von Versorgungsangeboten für (potenzielle) Nutzer/-innen transparent zu machen. Sie gab im Gespräch allerdings auch die Befürchtung an, dass es dazu an finanziellen und personellen Mitteln fehle.

Die Schwierigkeiten, gemeinsame Angebote zu schaffen und sich an der Arbeit in Netzwerken und Kooperationen zu beteiligen, wurden von unseren Gesprächspartnern/-innen häufig mit fehlenden finanziellen und personellen Mitteln begründet.

Einig waren sich die Befragten darin, dass neue Angebote für eine Versorgung geschaffen werden müssen. So fehlt es insbesondere an Angeboten für Menschen mit demenzieller Erkrankung sowie an ehrenamtlichen Strukturen.

Diskussion

Die Ergebnisse der Begleitung machen deutlich, dass von einer positiven „Grundsteinlegung“ für die Arbeit der Pflegestützpunkte gesprochen werden kann. Die gesteigerte Nachfrage im zweiten Erhebungszeitraum läßt auf eine generell zufriedenstellende Entwicklung schließen.

Der sehr geringe Anteil von Beratenden mit einer pflegerischen/sozialarbeiterischen Ausbildung ist überraschend. Wie sich die Heterogenität der Berufsabschlüsse der Beratenden auf die Beratungssituationen auswirkt, bleibt offen. Positiv ist, dass die Pflegeberater/-innen inzwischen nach den Qualifikationsrichtlinien des Spitzenverbands der Krankenkassen (GKV, 2008) fortgebildet sind.

Weniger überraschend sind die Themen, die Nutzer/-innen in Informationen und Beratungen nachfragen. Das breite Spektrum von vorpflegerischen Hilfen, ambulanten und stationären Versorgungsangeboten wird in der Pflegeberatung nachgefragt. Die Ergebnisse stützen damit die Daten, die bereits aus wissenschaftlichen Begleitungen und Evaluationsstudien anderer Bundesländer vorliegen (Döhner et al., 2011; Michell-Auli, 2012; Michell-Auli et al., 2010; Tebest et al., 2014).

Mecklenburg- Vorpommern ist das am dünnsten besiedelte Bundesland in Deutschland. Der Anteil der älteren Menschen beläuft sich insgesamt auf 22,17 % der Gesamtbevölkerung (Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, 2013). Zum Vergleich liegt der Anteil der Personen über 65 Jahre in Berlin bei etwa 19 % (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 2015). Wie diese Menschen in Zukunft erreicht werden können, bleibt eine Herausforderung, damit eine flächendeckende Beratung ermöglicht werden kann und zwar unabhängig davon, ob die Menschen in ländlichen oder städtischen Regionen leben.

Der Gesetzgeber bezieht sich auf eine „wohnortnahe“ Pflegeberatung, die auf Wunsch im häuslichen Umfeld der Nutzer/-innen erbracht werden soll. Aufgrund weiter Entfernungen zu Pflegestützpunkten werden in Zukunft Außenstellen und mobile Angebote für eine Pflegeberatung einen größeren Stellenwert einnehmen als bisher. Nur sie können erstens den Zugang zur Pflegeberatung für Menschen, die von Information bis

Case Management profitieren können, ermöglichen. Das Angebot zugehender Beratung nimmt also insbesondere für ländliche Regionen einen großen Stellenwert ein, um schwer erreichbaren Nutzern/-innen eine Pflegeberatung anbieten zu können (u.a. SVR, 2014). Die Umfrage von Kollak und Schmidt zeigt, dass knapp 80 % von 171 Personen, die zu Erwartungen an Pflegestützpunkte befragt wurden, sich eine Pflegeberatung zu Hause wünschen (Kollak & Schmidt, 2012).

Zweitens spielt die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit eine wesentliche Rolle, um – wie es der Gesetzgeber regelt – eine „ortsnahe und aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der Bevölkerung“ (§ 8 Abs. 2 SGB XI) gewährleisten zu können. Hierzu wird auch der Ausbau professioneller Netzwerkbeziehungen der Akteure untereinander zu und mit den Pflegestützpunkten einen wesentlichen Beitrag leisten können.

Die Auswertung der Daten für diese Studie zeigt, dass Hausbesuche (also aufsuchende Arbeit) bisher eine geringe Bedeutung hatten. Für Beratungen ist es jedoch sinnvoll, Hilfe- und Ratsuchende in ihrem Umfeld aufzusuchen. Dadurch können sehr viel besser Personen erreicht werden, die einen Pflegestützpunkt beispielsweise aufgrund körperlicher Einschränkungen oder bestehender Hemmungen nicht aufsuchen können. Weiterhin können durch Hausbesuche lebensweltorientierte Aspekte erhoben werden, die für weitere Planungsschritte relevant sind, da die Aufsuchenden ein hinreichendes Bild vom Umfeld der Hilfe- und Ratsuchenden erhalten. Studien zur Wirksamkeit von präventiven Hausbesuchen zeigen, dass sich positive Effekte auf das Sturzrisiko nachweisen (Luck et al., 2012) und Mortalitätsraten reduzieren lassen (Huss et al., 2008). Weiterhin zeigen sich durch präventive Hausbesuche Tendenzen, dass Heimübergänge und Mortalitätsraten reduziert werden können (Luck et al., 2012). Doch dazu sind geschultes Personal und entsprechende Ressourcen notwendig, um eine aufsuchende Arbeit ermöglichen zu können.

Der Anteil von Case Management als Intervention war im Erhebungszeitraum gering. Zwar zeigen Ergebnisse bisheriger Untersuchungen zu Pflegestützpunkten, dass in erster Linie Informationen und Beratungen erbracht wurden (Döhner et al., 2011; KDA, 2009; Tebest et al., 2014; Wegel et al., 2011; Wingenfeld & Kleina, 2009), jedoch sollte gerade vor dem Hintergrund eines „neuen“ Angebots einer am Case Management orientierten Pflegeberatung dieses Potenzial des Handlungsansatzes ausgeschöpft werden, eine übergreifende, neutrale Steuerung und Koordinierung notwendiger Hilfen zu gewährleisten. Für Pflegestützpunkte könnte es hier ein „Alleinstellungsmerkmal“ geben, ein unabhängiges, neutrales und kostenfreies Angebot von Fallsteuerung zu gewährleisten (hierzu auch Döhner et al., 2011).

Für Deutschland liegen bisher nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Case Management vor (Gärtner et al, 2015). Aufgrund von chronischen Erkrankungen und Multimorbidität ist jedoch häufig eine Vielzahl professioneller Akteure beteiligt. Die Versorgung ist nach wie vor von Versorgungsbrüchen und Schnittstellenproblemen gekennzeichnet (SVR, 2012). Alle Akteure im Gesundheitswesen sollten Pflegestützpunkte als die zentrale Anlaufstelle verstehen. Da sie eine wichtige Lotsenfunktion im System übernehmen sollen, könnte somit gerade für Personen mit chronischen Erkrankungen und Mehrfacherkrankungen eine kontinuierliche und sektorenübergreifende Versorgung ermöglicht werden.

Limitationen der vorliegenden Arbeit liegen vor allem darin, dass die Daten zu den Kontakten zu Pflegestützpunkten teilweise lückenhaft sind, da nicht immer alle Angaben vorlagen. Mit der geringen Anzahl der interviewten Akteure konnte keine Datensättigung erreicht werden. Jedoch lässt sich eine Trendanzeige in Bezug auf in weiteren Forschungsvorhaben zu bildende Typen verdeutlichen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind daher als vorläufig und keinesfalls vollständig anzusehen. Dennoch vermitteln die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Begleitung einen ersten Eindruck von der Errichtung der Pflegestützpunkte in Mecklenburg-Vorpommern und geben Aufschluss zu deren Arbeit.

Fazit

Die Ergebnisse dieser Arbeit gewähren einen Einblick, inwieweit der gesetzliche Anspruch auf Pflegeberatung und der Aufbau von Pflegestützpunkten in Mecklenburg-Vorpommern in der Praxis umgesetzt wird, welche Anlässe und Themen der Beratung für die Nutzer/-innen Priorität haben und wie weit die Netzwerkarbeit der Pflege- und Sozialberater/-innen fortgeschritten ist. Insgesamt wird den Beratern/-innen der Pflegestützpunkte empfohlen, die Beratungsqualität weiter aufrecht zu erhalten. Wünschenswert ist, die Vorarbeiten der Pflege-und Sozialberater/-innen zu nutzen und sie darin zu stärken, mit den Netzwerkpartnern/-innen verbindliche, personenunabhängige schriftliche Kontrakte zu schließen. Offen bleibt, wie sich die Pflegestützpunkte in den Regionen in Zukunft etablieren und wie stark letztendlich die Netzwerkbeziehungen zu den Akteuren

aufgebaut werden können. Die Pflegestützpunkte als unabhängige und neutrale Partner in den Regionen zu verstehen, wird Aufgabe aller Beteiligten sein. Ein Alleinstellungsmerkmal der Pflegestützpunkte ist das Angebot einer trägerunabhängigen Pflegeberatung, die sich am Case Management orientiert und die Interessen der Nutzer/-innen in den Vordergrund stellt.

In folgenden Studien könnten weitere Schwerpunkte gesetzt werden, um ein differenzierteres Bild zur Umsetzung der Pflegeberatung sowie zur Arbeit der Pflegestützpunkte in Mecklenburg- Vorpommern zu erhalten. Erstens geht es um die Wirkungen der Pflegestützpunkte auf die vorhandenen regionalen Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte und damit einhergehend einer Überprüfung deren regionaler Verankerung. Hier sollten insbesondere Aussagen zum Grad der Vernetzung, deren Intensität und Erreichbarkeit gemacht werden. Weiterhin sollte eine Begleitung und Analyse von komplexen Fallsituationen hinsichtlich Wirkung und0 Möglichkeiten einer länger häuslichen Versorgung hilfe- und ratsuchender Menschen stattfinden. Die Ermittlung nachgefragter Beratungsthemen, Bedarfe und Bedürfnisse von Nutzern/-innen und deren Möglichkeiten zur Umsetzung sollte im Fokus einer weiteren wissenschaftlichen Begleitung stehen. Nicht zuletzt könnte eine Analyse zur Erreichbarkeit der Pflegestützpunkte im Stadt-Land-Vergleich weitere Ergebnisse zu Potenzialen der Pflegestützpunkte aufzeigen.

Interessenkonflikt

Der Autor und die Autorin geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Die wissenschaftliche Begleitung wurde aus Mitteln des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern gefördert.

Wir bedanken uns bei allen Interviewpartner/-innen und Pflege- und Sozialberater/-innen für die Teilnahme und Unterstützung dieser wissenschaftlichen Begleitung. Unserem Studienteam danken wir für die Mitarbeit während des Projekts.

eISSN:
2296-990X
Languages:
English, German
Publication timeframe:
Volume Open
Journal Subjects:
Medicine, Clinical Medicine, other