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Thermal use of wastewater – Policy instruments for initialization and potential operating models / Thermische Nutzung von Abwasser – Instrumente zur Verbreitung und mögliche Betreibermodelle


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Einleitung

Der Übergang von fossilen auf erneuerbare Energieträger im Rahmen der Energiewende stellt eine der großen Herausforderung unserer Zeit dar. Um den Vorgaben der EU 2050 Ziele sowie den Anforderungen des Pariser Übereinkommens (Europäische Kommission, s.a., a und b) gerecht zu werden, gilt es nicht nur, die Verwendung der bereits genutzten erneuerbaren Energieträger weiter zu forcieren, sondern auch bisher ungenutzte Potenziale zu erschließen. Neben den Aspekten des Kraftstoffeinsatzes in der Mobilität und der Bereitstellung von Elektrizität kommt der Versorgung mit Wärme und Kälte eine zentrale Bedeutung zu. Die Europäische Kommission hält in ihrem Strategiepapier für Heizen und Kühlen (Europäische Kommission, 2016) fest, dass Heizen und Kühlen mit 50 % des Endenergieverbrauches den größten Energiesektor der EU darstellt und weiter darstellen wird. Die Primärenergie, die hierbei zum Einsatz kommt, basiert derzeit noch zu 75 % auf fossilen Energieträgern. Der Endenergieverbrauch der privaten Haushalte in Österreich setzt sich zu 72 % aus Heizenergie, zu 15 % aus Energie für Warmwasseraufbereitung und Kochen und nur zu 13 % aus Energie für Elektrogeräte und Licht zusammen (BMWFW, 2014). Aus diesen Zahlen wird deutlich, welche große Bedeutung der Wärmebereitstellung im Rahmen der Energiewende zukommt.

Als erneuerbare und klimafreundliche Energie- bzw. Wärmequelle gelangt in letzter Zeit auch das Abwasser vermehrt in den Blickpunkt von Wissenschaft und Praxis. Die in Österreich heute vorhandenen Anlagen zur Abwasserwärmenutzung basieren aber primär auf der Eigeninitiative der lokalen Akteure, auf übergeordneter Ebene (Land, Bund) existieren derzeit noch keine Planungs- und Entwicklungskonzepte, um die thermische Nutzung des Abwassers im Sinne der Energiewende gezielt und koordiniert voranzutreiben. Ziel dieses Artikels ist es daher, die aktuelle internationale Praxis bei der Verbreitung der Abwasserwärmenutzung (Politikinstrumente zur Verbreitung) sowie bei der betrieblichen Organisation von entsprechenden Anlagen (Betreibermodelle), hierbei auch unter Berücksichtigung der aktuellen Praxis anderen Sparten der erneuerbaren Energien, zusammenzutragen und der derzeitigen österreichischen Situation gegenüberzustellen. Daraus werden entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet, die in weiterer Folge als eine Grundlage für die Entwicklung eines nationalen Initialisierungsprogrammes zur weiterführenden Implementierung der Abwasserwärmenutzung dienen können. Die Recherchearbeiten im internationalen Bereich konzentrieren sich dabei auf Deutschland und die Schweiz, da diese beiden Länder bereits über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Abwasserwärmenutzung verfügen. Zum Einstieg in die Materie wird vorab noch ein kurzer Überblick über die Technologie sowie das Potential der Abwasserwärmenutzung gegeben.

Abwasser als erneuerbare Energiequelle

Im Zusammenhang mit der Nutzung erneuerbarer und regional/lokal verfügbarer Energiequellen befasst sich die internationale Literatur unter anderem auch mit der Energie, die in Abwasser enthalten ist (Chae und Kang, 2013; Frijns et al., 2013; Mo und Zhang, 2013; Nowak et al., 2015): (1) chemische Energie in Form des im Abwasser enthaltenen Kohlenstoffes, (2) thermische Energie in Form von Abwasserwärme und -kälte sowie (3) mechanische Energie durch Wasserkraftnutzung im Ablauf von Kläranlagen. Darüber hinaus verfügen Kläranlagen über große Freiflächen, die zur Bereitstellung von (4) solarer Energie genutzt werden können. Um ihren energetischen (thermischen und elektrischen) Eigenbedarf zumindest teilweise selbst abdecken zu können, nutzen heute viele Kläranlagen vor allem die chemische Energie des Abwassers. Beim Prozess der anaeroben Schlammstabilisierung wird der im Abwasser enthaltene Kohlenstoff abgebaut. Dabei entsteht methanhaltiges Klärgas, durch dessen Verbrennung Wärme bzw. bei Kraft-Wärme-Kopplung auch Elektrizität bereitgestellt werden kann. Von den rund 635 österreichischen Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mindestens 2.000 Einwohnerwerten (BMLFUW, 2012) sind laut Spatzierer (2012) derzeit rund 159 Kläranlagen mit dieser Faultechnologie ausgestattet. In relativen Zahlen handelt es sich dabei um rund 25 % der Anlagen. Da aber durchwegs größere Anlagen betroffen sind, repräsentieren diese rund 55 % der Gesamtausbaukapazität. Die Nutzung von Wasserkraft und Solarenergie spielen bei der energetischen Eigenversorgung von Kläranlagen derzeit nur eine untergeordnete Rolle.

Die thermische Nutzung des Abwassers ist heute noch nicht so weit verbreitet, obwohl das Potenzial hier beträchtlich ist. Kretschmer et al. (2016a) halten fest, dass der Eigenbedarf an Wärme der oben genannten Kläranlagen bei entsprechender Nutzung des Klärgases in der Regel schon problemlos gedeckt und prinzipiell auch ein Wärmeüberschuss generiert werden kann. Berücksichtigt man auch noch die im Abwasser enthaltene Wärme, dann können Wärmemengen in der Größenordnung von 600 bis 800 % des Eigenbedarfs bereitgestellt werden. Neugebauer et al. (2015) quantifizieren die Wärmeleistung im Ablauf der österreichischen Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mindestens 2.000 Einwohnerwerten mit rund 530 Megawatt, daraus resultiert unter der Annahme von funktionsgemischten Siedlungsstrukturen und einem damit verbundenen kontinuierlicherem Wärmebedarf (im Vergleich zu reinen Wohngebieten) ein nutzbares Wärmepotential von etwa 3.200 Gigawattstunden pro Jahr. Aus diesen Zahlen wird ersichtlich, dass im Abwasser große Mengen an heute vielfach noch ungenutzter thermischer Energie verfügbar sind. Da dieses große Wärmeangebot bei Kläranlagen und sonstigen Gebäuden der abwassertechnischen Infrastruktur nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß benötigt bzw. genutzt wird, steht es vor allem für eine externe Nutzung zur Verfügung. Überschusswärme aus Kläranlagen kann zur Versorgung der angrenzenden Infrastruktur, im Siedlungsraum für die Beheizung von Wohn- und Gewerbenutzungen sowie im land- und forstwirtschaftlichen Bereich für Gewächshäuser oder Holztrocknungen, eingesetzt werden (Neugebauer und Stöglehner, 2015). Bei der Wärmerückgewinnung aus Abwasser ist man allerdings nicht alleine auf den Standort der Kläranlage gebunden. Eine derartige Nutzung kann auch im der Kläranlage vorgelagertem Kanalnetz oder gegebenenfalls auch „in-house“ angedacht werden (Meggers und Leibundgut, 2011; Dürrenmatt und Wanner, 2014). Kretschmer und Ertl (2010) beschreiben die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Nutzungsorte aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs. Dabei werden unter anderem auch die temperaturabhängigen Reinigungsprozesse bzw. -anforderungen auf Kläranlagen sowie die spezielle österreichische Situation in Bezug auf die Stickstoffentfernung thematisiert. In diesem Zusammenhang präsentieren Kretschmer et al. (2016b) eine Methodik sowie Planungsprinzipien, mit denen die Auswirkung einer Wärmeentnahme im Kanal auf die Zulauftemperatur der betroffenen Kläranlage abgeschätzt werden kann.

Eine Installation zur thermischen Abwassernutzung besteht im Wesentlichen aus zwei Komponenten: (1) Einem Wärmetauscher, der in der Regel in der Kanalsohle montiert ist und (2) einer Wärmepumpe, die außerhalb des Abwassersystems in einer Heizzentrale situiert ist. Im Wärmetauscher entzieht ein Wärmeträgermedium dem Abwasser Wärme, welche z.B. aus Duschabwässern stammt. Über ein Leitungssystem wird die Wärme zur Wärmepumpe transportiert, wo die Temperatur unter Einsatz von elektrischem Strom auf ein gewünschtes, höheres Niveau gebracht werden kann. Die Wärme wird dann in ein Heizsystem/Wärmenetz übertragen, das der Gebäudebeheizung und/oder Warmwasserversorgung dient. Neben der Wärmepumpe kann die Heizzentrale mit einem zusätzlichen Heizsystem ausgestattet sein (z.B. Gaskessel). Dies kann gegebenenfalls als Back-up für Wartungsarbeiten oder zur Spitzenlastabdeckung herangezogen werden. Wenn die Fließrichtungen im Wärmepumpensystem umgedreht werden, können derartige Anlagen auch zur Gebäudekühlung eingesetzt werden. Die entzogene Wärmemenge wird dann über das Kanalsystem abgeführt. Eine entsprechende graphische Systemdarstellung ist in Müller et al. (2005) ersichtlich.

Heute gibt es weltweit zumindest rund 500 Anlagen zur thermischen Nutzung des Abwassers (vor allem in der Schweiz) (Schmid, s.a). Man kann davon ausgehen, dass diese Zahl in den kommenden Jahren bedeutend höher liegen wird. Die Themenallianz Abwasserwärmenutzung, ein Interessensverbund von Marktakteuren der Abwasserwärmenutzung, hält auf ihrer Homepage als Ziel der Branche fest, das innerhalb der nächsten 10 Jahre die Anzahl der Anlagen zur Abwasserwärmenutzung in Deutschland von aktuell 35 auf 3.500 verhundertfacht werden soll (e.aqua, s.a.). In Österreich werden vereinzelt auch schon entsprechende Anlagen betrieben. Gemäß Ochsner et al. (2013) sind die bekanntesten Beispiele Amstetten (Beheizung von Gemeindegebäuden) und Weiz (Beheizung und Kühlung eines Bürogebäudes sowie eines Autohauses).

Im Gegensatz zur Nutzung der oben angeführten chemischen, mechanischen und solaren Energie, die primär zur elektrischen und thermischen Eigenversorgung der abwassertechnischen Infrastruktur herangezogen wird, stellt die Rückgewinnung der im Abwasser enthaltenen Wärme auf Grund des großen vorhandenen (Überschuss-) Potenzials auch eine Option für die lokale Energieversorgung außerhalb der Kläranlage dar. Durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen kann die Erschließung dieser derzeit noch vielfach ungenutzten Energiequelle gezielt vorangetrieben werden. Im Folgenden wird auf verschiedene Politikinstrumente zur Verbreitung der thermischen Abwassernutzung sowie mögliche Modelle für den Betrieb derartiger Wärmeversorgungsanlagen eingegangen.

Politikinstrumente zur Verbreiterung der thermischen Nutzung von Abwasser

Das Gabler Wirtschaftslexikon (Springer Gabler Verlag, s.a., a) definiert ein wirtschaftspolitisches Instrument (Mittel, Maßnahme) als „Maßnahmen des wirtschaftspolitischen Trägers, um bestimmte wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen.“ In Anlehnung an diese Begriffsbestimmung werden in diesem Beitrag Instrumente angeführt, mit denen eine Verbreitung der thermischen Nutzung von Abwasser vorangetrieben bzw. erreicht werden kann.

Gesetzliche Vorgaben

Mit Hilfe von Gesetzen können gesellschaftliche Entwicklungen vorgegeben werden, sie sind damit sehr starke Instrumente, um bestimmte Umsetzungen zu forcieren. Im Bereich Energie sind heute auf europäischer sowie auch auf nationalstaatlicher Ebene eine Vielzahl an Regelungen vorhanden. Im Folgenden werden wesentliche Richtlinien der EU sowie ausgewählte nationalstaatliche Umsetzungen bzw. Gesetze aus Österreich, Deutschland und der Schweiz kurz dargestellt und dahingehend untersucht, in wie weit diese die Abwasserwärmenutzung bereits thematisieren.

Auf europäische Ebene sind im Bereich Energie vor allem die folgenden Richtlinien von Bedeutung:

Die Richtlinie 2012/27/EU (2012) („EnergieeffizienzRichtlinie“) definiert den gemeinsamen Rahmen für Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz in Hinblick auf die Erreichung der 2020 Energieeffizienzziele. Das Thema Wärme ist ein wesentlicher Aspekt dieser Richtlinie, allerdings stehen eher generelle organisatorische Aspekte der Energieeffizienz und nicht spezielle technische Aspekte der Energiebereitstellung in deren Fokus. Folglich findet auch das Thema Abwasserwärmenutzung keine explizite Erwähnung.

Die Richtlinie 2009/28/EG (2009) („Erneuerbare-Energien-Richtlinie“) gibt einen gesamteuropäischen Rahmen für die Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vor. Dieser Richtlinie kommt in Hinblick auf die Verbreitung der Abwasserwärmenutzung eine zentrale Bedeutung zu, da in ihr die verschiedenen Arten von erneuerbaren Energien definiert werden. In diesem Sinne wird unter anderem die Energie aus Klärgas sowie hydrothermische Energie aus Oberflächengewässern angeführt und auch der Einsatz von Wärmepumpen thematisiert, thermische Energie aus Abwasser wird aber nicht dezidiert erwähnt.

Die Richtlinie 2010/31/EU (2010) über die Gesamtenergieeffizienz bei Gebäuden dient der Unterstützung der Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Wärmepumpen werden hier als ein mögliches hocheffizientes alternatives System angeführt, die bei der Planung von Neubauten in Betracht gezogen werden sollen. Abwasser als Energiequelle wird aber auch in dieser Richtlinie nicht genannt.

Die Durchsicht der oben angeführten Richtlinien zeigt, dass das Thema Abwasserwärmenutzung derzeit noch keinen Eingang in die europäische Gesetzgebung gefunden hat. Wie eingangs erwähnt, streicht die Europäische Kommission allerdings in ihrem aktuellen Strategiepapier für Heizen und Kühlen (Europäische Kommission, 2016) die Bedeutung der Gebäudebeheizung im Sinne der Energiewende explizit hervor. Dabei wird auch festgehalten, dass noch in diesem Jahr die oben angeführten Richtlinien in diesem Sinne überarbeitet werden sollen. Es wäre aus Sicht des Autors wünschenswert, wenn dabei die definierten erneuerbaren Energiequellen um das Abwasser erweitert würden.

Österreich als Mitglied der Europäischen Union ist verpflichtet, europäisches Recht in nationales Recht zu übernehmen. Die Energieeffizienz-Richtlinie wird national durch das Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG, 2014) umgesetzt. Darin wird die Rückgewinnung von Abwasserwärme als eine mögliche Energieeffizienzmaßnahme auch bereits angeführt. Betreffend die Erneuerbare-EnergienRichtlinie scheint es derzeit noch Klärungsbedarf hinsichtlich der vollständigen nationalen Umsetzung zu geben (offenesparlament, s.a.). Daher wird an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen. Die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden findet ihre nationale Umsetzung im Energieausweis-Vorlage-Gesetz (EAVG, 2012). Hinweise auf Abwasserwärmenutzung finden sich darin keine.

Analog zu Österreich muss auch Deutschland als EU-Mitglied europäisches Recht in nationales Recht überführen. Hier erfolgte die Umsetzung der Erneuerbare-EnergienRichtlinie durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, 2014), allerdings bezieht sich dieses Gesetz primär auf die Bereitstellung von elektrischem Strom. Dem gegenüber steht das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG, 2008), das die Förderung von Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energiequellen zum Inhalt hat. Im Sinne dieses Gesetzes gilt u. a. die dem Wasser entnommene und technisch nutzbar gemachte Wärme als erneuerbare Energie. Ausgenommen davon ist Abwärme (Umweltwärme), die in diesem Gesetz als jene Wärme definiert wird, die aus Abluft- und Abwasserströmen entnommen wird. Aus Sicht der Themenallianz Abwasserwärmenutzung (e.aqua, s.a.) gilt Abwasserwärmenutzung aber als Ersatzmaßnahme im Sinne dieses Gesetzes und kann daher bei Neubauvorhaben, bei denen ein Anteil erneuerbarer Energien in die Planung einzubeziehen ist, von Planungsverantwortlichen als Energiequelle berücksichtigt werden. Auf die beiden anderen oben angeführten Richtlinien der EU wird hier nicht genauer eingegangen, da ja schon in den europäischen Gesetzestexten keinerlei Hinweise auf die Abwasserwärmenutzung gefunden werden konnte. Vielmehr soll an dieser Stelle noch kurz das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG, 2015) des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg angesprochen werden. In diesem Landesgesetz wird festgehalten, dass die Nutzung von Umweltwärme durch Wärmepumpen als Nutzung einer erneuerbaren Energiequelle anerkannt wird, wenn bestimmte Anforderungen hinsichtlich Jahresarbeitszahl erreicht werden.

Da die Schweiz derzeit kein Mitgliedsland der EU ist, stellen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen hier etwas anders dar. Der Energiebereich wird unter anderem durch das Energiegesetz (2014) sowie die Energieverordnung (2015) geregelt. Während ersteres den Rahmen der Energieversorgung in eher allgemeiner Form festlegt, ist letztere sehr konkret und detailliert ausgeführt. Sie thematisiert unter anderem auch die Abwärmenutzung auf Abwasserreinigungsanlagen. Allerdings geht hier nicht genauer hervor, ob damit Abwärme aus dem Klärgasverbrennungsprozess oder jene aus dem Abwasser gemeint ist. Kontextgemäß kann man davon ausgehen, dass hier wohl eher ersteres gemeint ist.

Beratung und Weiterbildung

Gesetzliche Regelungen wären jedenfalls ein probates Mittel, die Abwasserwärmenutzung zu verbreiten. Allerdings stellen sie die Akteure der Energie- bzw. Abwasserwirtschaft in der Regel vor vollendete Tatsachen und lassen wenig Spielraum für Eigeninitiative. Im Sinne von dauerhaften und nachhaltigen Lösungen ist die Einbindung der betroffenen Akteure bzw. der Öffentlichkeit allerdings wünschenswert. So sieht die europäische Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG (2000)) die Beteiligung der Öffentlichkeit bei ihrer Umsetzung explizit vor. Gezielte Maßnahmen der Bewusstseinsbildung (Beratung, Weiterbildung, etc.) können dazu beitragen, dass Akteure von sich aus aktiv werden und Projekte zur Abwasserwärmenutzung aus Eigeninitiative heraus andenken und gegebenenfalls umsetzen. Im Folgenden werden entsprechende Initiativen in Österreich, Deutschland und der Schweiz vorgestellt.

In Österreich gibt es derzeit noch keine offizielle Stelle, die zuständig ist, die Bewusstseinsbildung im Bereich Abwasserwärmenutzung aktiv voranzutreiben. Aktuell wird diese Aufgabe am ehesten noch von dem von der Österreichischen Energieagentur geführten Projektkonsortium„Abwasserenergie“ (Österreichische Energieagentur, s.a.) wahrgenommen.

In Deutschland stellt sich die Situation differenzierter dar. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) hat bereits ein Merkblatt zum Thema Energie aus Abwasser veröffentlich, dass eine entsprechende Informationsgrundlage für Abwasserunternehmen, (Energie-) Planer und sonstige Akteure darstellt (DWA, 2009). Darüber hinaus veranstaltet die DWA deutschlandweit Fortbildungsseminare und Workshops. Neben der DWA engagiert sich auch die zuvor bereits erwähnte Themenallianz Abwasserwärmenutzung (e.aqua, s.a.) deutschlandweit. Auch sie hat sich zum Ziel gemacht, die Technologie Abwasserwärmenutzung zu verbreiten. Dazu werden eine Homepage unterhalten und diverse Veranstaltungen (Schulungen, etc.) durchgeführt. Auf Landesebene gibt es ebenfalls entsprechende Aktivitäten: In Baden-Württemberg liegt die Verantwortung für die Verbreitung der Abwasserwärmenutzung beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes (MfUKE, s.a.). Neben fachlicher Information und Beratung werden auch Fördermittel zur Verfügung gestellt. In Bayern liefert der Cluster-Arbeitskreis Abwasserwärmenutzung (s.a.) des UmweltCluster Bayern entsprechende Unterstützung. Darüber hinaus stellt das Landesamt für Umwelt einen Leitfaden zur Verfügung (LfU, 2015).

Die Schweiz hat von den drei hier behandelten Ländern die meiste Erfahrung auf dem Gebiet der Abwasserwärmenutzung. Der Verein InfraWatt (s.a.) unterstützt bundesweit Energiemaßnahmen in Infrastrukturanlagen (Trinkwasser, Abwasser, Abfall). Im Bereich der Abwasserwärmenutzung stellt der Verein Informationsmaterial zur Verfügung, veranstaltet Aus- und Weiterbildungen, berät hinsichtlich Fördermöglichkeiten und führt kostenlose Beratungen vor Ort durch. Auch das Bundesamt für Energie ist in diesem Bereich aktiv und stellt unter anderem einen Leitfaden zur Wärmenutzung aus Abwasser zur Verfügung (BFE, 2004). Ähnlich wie in Deutschland gibt es in der Schweiz neben den bundesweiten auch regionale Initiativen. So hat beispielsweise das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft der Baudirektion des Kantons Zürich einen eigenen Leitfaden für die Planung, Bewilligung und Realisierung von Anlagen zu Abwasserenergienutzung herausgegeben (AWEL, 2010).

Förderungen

Bei einer Befragung von unterschiedlichen österreichischen Akteursgruppen nach möglichen Barrieren bei der praktischen Umsetzung von Abwasserwärmenutzungen waren die finanziellen Rahmenbedingungen (Investitionskosten, Abschreibungen, etc.) ein vielfach genannter Grund (Lindemann, 2016). Aus einem hierbei geführten Experteninterview ging explizit hervor, dass in diesem Zusammenhang auch die (öffentliche) Fördersituation ein zentrales Thema darstellt.

In Österreich werden im Rahmen der betrieblichen und kommunalen Umweltförderung des Bundes (KPC, s.a.) diverse Maßnahmen im energetischen Bereich gefördert (Energiesparen, Strom, Wärme, etc.). Die Bereitstellung entsprechender Fördermittel ist teilweise an eine entsprechende Beteiligung des betroffenen Bundeslandes gekoppelt. Der Einsatz von Wärmepumpen stellt zurzeit jedenfalls einen Förderschwerpunkt dar, ein entsprechender Einsatz dieser Technologie im Zuge der Abwasserwärmenutzung wird aber nicht explizit erwähnt. Auch werden keine Angaben über die Höhe der Förderungen gemacht.

In Deutschland ist das Bundesland Baden-Württemberg ein Vorreiter im Bereich der Abwasserwärmenutzung (MfUKE, s.a.). Um die Technologie bzw. die Nutzungsmöglichkeit bekannter zu machen, fördert das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft entsprechende Machbarkeitsstudien und Investitionen im Rahmen unterschiedlicher Programme. Unterstützt werden können sowohl Potentialstudien zur Ermittlung geeigneter Standorte der Abwasserwärmenutzung als auch Machbarkeitsstudien an konkreten Standorten. Das Land gewährt hier Zuwendungen in der Höhe von 50 % der förderfähigen Kosten. Beim Bau von Abwasserwärmenutzungsanlagen sowie der dazugehörigen Infrastruktur gibt es einen Investitionszuschuss von 50 EUR je vermiedener Tonne CO2(max. 20 % der förderfähigen Investitionskosten (bis zu 200.000,- EUR) bzw. bei Modellprojekten bis zu 50 % (bis zu 400.000,- EUR)). Darüber hinaus können auch noch Forschungsprojekte im Bereich der Abwasserwärmenutzung gefördert werden (MfUKE, 2015).

Zur Unterstützung der Energiewende fördert das Schweizer Bundesamt für Energie in Zusammenarbeit mit dem Verein InfraWatt im Rahmen unterschiedlicher Programme Maßnahmen im Energiebereich, dazu zählt unter anderem auch die Abwasserwärmenutzung. Im aktuellen Programm „Wärmeverbünde“ der Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation (KliK) werden CO2-Einsparungen gefördert, die durch den Ersatz fossiler Heizungen in bestehenden Bauten erreicht werden. Als Fördergegenstand werden Anlagen zur Nutzung der Wärme aus Abwasser explizit erwähnt. Vergütet werden dabei 100 CHF pro Tonne eingespartes CO2 bis 2020 (mit eventueller Verlängerung). Der Verein Infrawatt bietet in diesem Zusammenhang kostenlose Beratung und Vorprüfung der Förderwürdigkeit an (InfraWatt, s.a.).

Betreibermodelle bei der thermischen Nutzung von Abwasser
Betrieb von Anlagen zur Bereitstellung von erneuerbaren Energien

Die Errichtung von Anlagen zur Bereitstellung erneuerbarer Energien, wie beispielsweise Installationen zur Nutzung von Windkraft, Sonnenenergie oder Biomasse, ist in der Regel mit hohen Investitionen verbunden. Darüber hinaus gilt es verschiedene Projektrisiken zu berücksichtigen. In Hinblick auf Biomasseprojekte nennen Call und Ivanov (2014) folgende Risiken, die sinngemäß aber auch auf andere Nutzungen umgelegt werden können: (1) Finanzierungsrisiken (Projektentwickler, Projektpartner, Bank), (2) Verkaufsrisiken (Wärmeabnehmer), (3) Betriebsrisiken (technischer und kaufmännischer Betreiber), (4) Fertigstellungsrisiken (Bauunternehmer) und (5) Beschaffungsrisiko (Rohstofflieferanten). Um die Risiken beherrschen zu können, müssen Gesellschaftsform und Betreibermodell von Erneuerbaren-Energien-Anlagen klug gewählt werden (Braig und Pfeifer, 2011). In Bezug auf Fotovoltaikanlagen können laut ECOWATT (2012) folgende Beteiligungsmodelle unterschieden werden: Direkte Beteiligung über die Gesellschaftsform (Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Compagnie Kommanditgesellschaft, Stille Gesellschaft, Genossenschaft) oder indirekte Beteiligung über Darlehensmodelle (sale and lease back, Darlehen mit direkter Rückzahlung, Darlehen mit Rückzahlung über Warengutscheine/Stromgutschrift) bzw. Gutscheinmodelle. Auch hier kann wieder von einer zumindest teilweisen Übertragbarkeit auf andere Sparten der erneuerbaren Energien ausgegangen werden. In Bezug auf Betreibermodelle in der Infrastrukturpolitik hält das Gabler Wirtschaftslexikon (Springer Gabler Verlag, s.a., b) fest, dass generell zwischen Betreibermodellen unterschieden werden kann, bei denen die Infrastruktur bereits vorhanden ist oder von der öffentlichen Hand erstellt wird (öffentliche Investition und privater Betrieb), und Betreibermodellen, bei denen die Investitionen auch durch Private erfolgen (Build-Own-Operate, Build-Own-Operate-Transfer). Braig und Pfeifer (2011) unterscheiden in Hinblick auf Betreibermodelle bei Erneuerbaren-Energie-Projekten zwischen öffentlichen (Gemeinde- oder Stadtwerk) und privaten Betreibern (z.B. Contracting). Auch Mischformen wie private Realisierung sowie Nutzung durch die Kommune sind denkbar. Generell über nimmt beim Contracting ein Dienstleister/ Investor bestimmte Aufgaben bei der Errichtung bzw. dem Betrieb der Wärmeversorgungsanlage. Der OÖ Energiesparverband (s. a.) unterteilt das Energie-Contracting dabei in ein Einspar-Contracting, bei dem der Contractor nur Einsparmaßnahmen durchführt, und in ein Anlagen-Contracting, bei dem der Contractor die Anlage plant, errichtet, finanziert und betreibt.

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass in der Literatur generell zwei Begrifflichkeiten verwendet werden: (1) Beteiligungsmodelle (Gesellschaftsformen) und (2) Betreibermodelle. Erstere beziehen sich aus Sicht des Autors dieses Artikels eher auf ökonomische Aspekte und letztere eher auf technisch-operative Fragestellungen. Allerdings erscheinen die Grenzen zwischen den beiden Modellen nicht immer klar definiert bzw. eher fließend. Es kann jedenfalls festgehalten werden, dass bei Anlagen zur Bereitstellung von erneuerbaren Energien die Wahl des passenden Beteiligungs- bzw. Betreibermodells ein sehr komplexes Feld ist, das von vielen lokalen Rahmenbedingungen (Budgetmittel und Personalreserven der Kommune, betroffene Akteure, vorhandenes Know-how, etc.) abhängt. Entsprechendes Fachwissen bzw. eine umfassende Beratung potentieller Interessenten erscheint für effiziente Umsetzungsaktivitäten als wesentliche Grundvoraussetzung unumgänglich.

Abwasserspezifische Besonderheiten

Auch wenn die einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften (WRG, 1959; AAEV, 1996; etc.) keine klaren diesbezüglichen Aussagen machen, ist doch davon auszugehen, dass der Betreiber einer öffentlichen abwassertechnischen Anlage (Kanalisation, Kläranlage), die wasserrechtlich bewilligt sein muss, auch über die entsprechenden Eigentumsrechte in Hinblick auf das Abwasser und die darin enthaltene Energie verfügt. In diesem Punkt unterscheiden sich Anlagen zur Abwasserwärmerückgewinnung beispielsweise von Windkraft- und Solaranlagen, die auf einer frei verfügbaren Energiequelle beruhen. Eine entsprechende energetische Nutzung kann daher nur unter Einbindung des betroffenen Abwasserunternehmens umgesetzt werden, was gegebenenfalls einen entsprechenden Einfluss auf die möglichen Beteiligungs- und Betreibermodelle haben kann. Darüber hinaus ist es auch noch denkbar, dass in derartige Planungen die zuständige Wasserrechtsbehörde berücksichtigt werden muss. Dies hängt davon ab, ob die Anlage zur Abwasserwärmenutzung einer wasserrechtlich Bewilligungspflicht unterliegt oder nicht. Laut Ochsner et al. (2013) ist prinzipiell von einer Bewilligungspflicht auszugehen, allerdings war für die zuletzt in Österreich errichtete Anlage, jener in Amstetten, aus Sicht der zuständigen Wasserrechtsbehörde keine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich (Kaltenbrunner und Kretschmer, 2012). Von übergeordneter Stelle (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist in diesem Zusammenhang bisher noch keine offizielle Stellungnahme erfolgt. Dabei sollte auch gleich der rechtliche Umgang mit der nichtöffentlichen Kanalisation (Hauskanäle) und der thermischen Abwassernutzung im in-house Bereich (private Haushalte, Hotels, Sporthallen, Gewerbe- und Industriebetriebe, etc.) entsprechend thematisiert werden. Denn aus Sicht des Autors erscheinen im Moment die wasserrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten in diesem Teil des Entwässerungssystems eher begrenzt.

In Hinblick auf mögliche Realisierungen von Anlagen zur Abwasserwärmenutzung unterscheiden die derzeit vorhandenen, eher technisch orientierten Regelwerke und Leitfäden (z.B. Müller et al., 2005; DWA, 2009; AWEL, 2010; Ochsner et al., 2013) im Wesentlichen immer nur zwischen zwei generellen Möglichkeit: Eigenregie oder Contracting. Darüber hinaus bleiben die entsprechenden Ausführungen oftmals eher allgemein und werden thematisch nur in kurzen Unterkapiteln abgehandelt. Eigene Leitfäden, die die unterschiedlichen Aspekte und Möglichkeiten der Anlagenfinanzierung, der Planung und Errichtung sowie des fortlaufenden Anlagenbetriebs zusammenführen und eventuell auch Empfehlungen abgeben, sind im Bereich der Abwasserwärmenutzung (im Gegensatz zu anderen Sparten der erneuerbaren Energien) derzeit noch nicht verfügbar.

Aus praktischer Sicht soll festgehalten werden, dass die Anlage in Amstetten, bei der die Gebäude der Stadtwerkezentrale sowie das benachbarte Kraftwerk mit Wärme und Kälte aus einem rund 200 m entferntem Sammelkanal versorgt werden, 2012 von der Stadtgemeinde Amstetten in Zusammenarbeit mit dem Abwasserverband und den Stadtwerken in Eigenregie umgesetzt wurde. Auch der Betrieb der Anlage erfolgt mit eigenem Personal. In Weiz wird der Ablauf der Kläranlage thermisch genutzt, um ein nahegelegenes Bürogebäude sowie ein Autohaus zu versorgen. Hier garantiert das Abwasserunternehmen nur eine bestimmte Abwassermenge. Die Wärme- und Kälteabnehmer kamen bzw. kommen hier selbst für die Kosten für Planung, Errichtung und Betrieb der Anlage auf (Ochsner et al., 2013).

Handlungsempfehlungen für Österreich

Die Abwasserwärmenutzung steckt in Österreich trotz vereinzelter Initiativen (Forschungsprojekte, Machbarkeitsstudien, Anlagenrealisierungen) im Vergleich mit den deutschsprachigen Nachbarländern noch im Anfangsstadium der Entwicklung.

In Hinblick auf den Betrieb von Anlagen zur Abwasserwärmenutzung sind heute zwar schon erste praktische Erfahrung an bestimmten Standorten in Österreich vorhanden, zusammenfassende Informationen und generelle Empfehlungen aber noch nicht allgemein verfügbar. In anderen Bereichen der erneuerbaren Energien stellt sich die Situation heute bereits anders dar: Für alternative Energieträger wie beispielsweise Wind, Sonne oder Biomasse stehen oftmals eine Vielzahl an Informations- und Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung. Um die Bekanntheit der Abwasserwärmenutzung zu erhöhen und ihre Verbreitung voranzutreiben wären vergleichbare Initiativen und Strukturen wünschenswert. Neben den relevanten technischen Aspekten der Abwasserwärmenutzung sollten auch mögliche wirtschaftliche und organisatorische Rahmenbedingungen sowie die bisherigen positiven und negativen Erfahrungen auf dem Gebiet klar dargestellt werden. Dadurch könnte die „neue“ Technologie potenziellen Nutzern näher gebracht und Berührungsängste leichter abgebaut werden.

In diesem Zusammenhang muss auch festgehalten werden, dass, außer im österreichischen Energieeffizienzgesetz, die Wärmerückgewinnung aus Abwasser bzw. die Definition von Abwasser als erneuerbare Energiequelle in keiner der angeführten Rechtstexte explizit erwähnt wird. Eine entsprechende begriffliche Nennung wäre wünschenswert, da dies ebenfalls zu einer anderen Wahrnehmung dieser energetischen Nutzungsmöglichkeit beitragen würde. Gleiches gilt für die nationalen Förderrichtlinien. Darüber hinaus würden natürlich eigene Förderprogramme, wie in der Schweiz und teilweise auch schon in Deutschland üblich, die Verbreitung der Technologie unterstützen. In diesem Zusammenhang könnten die zuständigen Behörden auch direkt Stellung in Bezug auf rechtliche Aspekte der Abwasserwärmenutzung beziehen (wasserrechtliche Bewilligung, Eigentumsverhältnisse, etc.), und damit in diesem Bereich mehr Klarheit für potentielle Nutzer zu schaffen.

Dabei ist es vor allem auch aus siedlungswasserwirtschaftlicher Perspektive wichtig, die Verbreitung der thermischen Abwassernutzung nicht nur auf bestimmte Teilbereiche der abwassertechnischen Infrastruktur beschränkt zu sehen. Erst die integrierte Betrachtung der öffentlichen und nichtöffentlichen (Entwässerungs-) Systeme ermöglicht es, Nutzungskonflikten zwischen unterschiedlichen Standorten der Wärmeentnahme sowie potentiellen Auswirkungen auf die Reinigungsleistung der Kläranlagen koordiniert und zielgerichtet begegnen zu können (beschränkte Wärmeentnahme zur Sicherstellung bestimmter Mindestabwassertemperaturen im System, etc.).

Darüber hinaus wäre generell ein besseres Verständnis in Bezug auf die grundlegenden temperaturrelevanten Prozesse in der Kanalisation vom Ort des Abwasseranfalls bis hin zur Kläranlage wünschenswert, um darauf aufbauend maßgeschneiderte und allgemein gültige Methoden und Kriterien der Entscheidungsfindung (energetisch, wasserrechtlich, etc.) definieren zu können.

Das größte Manko in Bezug auf eine weitere Verbreitung der Abwasserwärmenutzung stellt derzeit aber sicherlich das Fehlen einer zentralen dem Thema verpflichteten (interdisziplinären) Beratungs- und Informationsstelle dar. Um die Verbreitung der Abwasserwärmenutzung in Österreich gezielt und dauerhaft weiterentwickeln zu können, erscheint die Einrichtung einer entsprechenden Stelle jedenfalls von zentraler Bedeutung. Aufgrund der Komplexität der Thematik wäre es sinnvoll, die administrative Verantwortung in einem Ministerium anzusiedeln (Umwelt, Wirtschaft oder Infrastruktur). Die operative Umsetzung (Schulungen, Beratungen, Erstellung von Leitfäden, Forschung, etc.) könnte dann an entsprechende Fachexperten delegiert werden.

Zusammenfassung

Die im Abwasser enthaltene Wärme stellt ein großes, heute noch vielfach ungenutztes Potential dar. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Wärmeversorgung im Rahmen der Energiewende kann Abwasser als erneuerbare, lokal verfügbare und klimafreundliche Ressource sicherlich einen Beitrag leisten. Viele Länder engagieren sich in diesem Bereich schon seit mehreren Jahren. In Österreich gibt es ebenfalls vereinzelt Initiativen, allerdings fehlt heute noch eine klare und koordinierte Vorgehensweise auf übergeordneter Ebene. Die in diesem Beitrag zusammengetragene internationale Praxis sowie die Erfahrungen aus anderen Sparten der erneuerbaren Energien und die darauf basierenden Vorschläge für Handlungsempfehlungen können eine Grundlage darstellen, in Österreich weiterführende Schritte auf nationalstaatlicher Ebene zu setzen, um die Abwasserwärmenutzung gezielt und dauerhaft etablieren zu können. Die Nutzung der Abwasserwärme in Kombination mit anderen erneuerbaren Energieträgern wie Wasserkraft, Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie kann jedenfalls dazu beitragen, die österreichische Energieversorgung zu diversifizieren, von Energieimporten unabhängiger und darüber hinaus klimafreundlicher zu machen.

eISSN:
0006-5471
Language:
English
Publication timeframe:
4 times per year
Journal Subjects:
Life Sciences, Ecology, other